Maybrit Illner Petry und Kipping keifen sich vor Super-Sonntag an

Berlin · So viel Zunder war lange nicht mehr bei Maybrit Illner: Katja Kipping (Die Linke) und Frauke Petry (AfD) gehen kurz vor den Landtagswahlen lautstark auf Konfrontationskurs. Die Sendung im Schnellcheck.

Die beiden Streithähne des Abends: Frauke Petry und Katja Kipping.

Die beiden Streithähne des Abends: Frauke Petry und Katja Kipping.

Foto: Screenshot Maybrit Illner / Mediathek

Der Wahl-Super-Sonntag steht an und zumindest gefühlt sind es keine Landtagswahlen wie jede andere. Das Flüchtlingsthema bestimmt die öffentlichen Diskussionen, vor allem die AfD profitiert in den Umfragen: 18 Prozent soll sie neuesten Erhebungen der Forschungsgruppe Wahlen nach in Sachsen-Anhalt holen, satte vier Prozent mehr als die SPD. Darum hieß auch der Vorwahl-Talk von Maybrit Illner "Streitpunkt Flüchtlinge — drei Wahlen, ein Thema".

Darum ging's

Besondere Landtagswahlen erfordern besondere Formate — so hat sich das anscheinend die Redaktion von Illner gedacht. Zum üblichen Reigen an Bundespolitikern und Polizeigewerkschaftssprechern war daher auch ein halbes Dutzend Bürger aus den drei Ländern eingeladen. Dafür gab es auch Sendezeit wie bei der Champions League: ganze 90 Minuten. Die Bürger sollten schaffen, was sonst eher mäßig gelingt: Die Politiker raus aus ihrer Parteisprech-Komfortzone zu holen. Eine Abwechslung war es allemal, wirklich aus der Fassung konnte aber keiner der Profis von den Amateuren gebracht werden.

Die Gäste

Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP

Frauke Petry, Parteivorsitzende der AfD

Katja Kipping, Parteivorsitzende Die Linke

Claudia Roth, Bundestagsvizepräsidentin (Bündnis 90/ Die Grünen)

Thomas Strobl, stellvertretender Bundesvorsitzender der CDU

Andrea Nahles, Bundesarbeitsministerin (SPD)

Mit ihnen diskutierten der Netzaktivist Sascha Lobo, Polizeigewerkschafter Rüdiger Seidenspinner aus Baden-Württemberg, Konditor Arthur Mashuryan aus Rheinland-Pfalz, der engagierte Katholik Norbert Scheiwe aus Baden-Württemberg, Unternehmerin Angela Papenburg aus Sachsen-Anhalt, die überzeugte Muslima Emine Aslan aus Rheinland Pfalz und Familienvater Christian Snurawa aus Baden-Württemberg.

Darum ging's wirklich

Wieder einmal durften die Politiker ihre Parteilinie zur Flüchtlingskrise erklären, dieses Mal ganz besonders einfühlsam in Landtagswahlkampfkolorit gepackt. Claudia Roth durfte vor Familienvater Snurawa eine Portion Willkommenskultur ausschütten, Frauke Petry die Feuerwehrfrau für überhitzte Wutbürger und Thomas Strobl das Sprachrohr Angela Merkels spielen. Er hatte es bei Fragen wie "Überfordert Merkel nur die CDU oder ganz Deutschland?", die nun wirklich niemand mehr in einer Talkshow hören kann, aber auch nicht ganz leicht.

1. Akt Macht die AfD mittlerweile die bessere Sozialpolitik als die Linke, wollte Maybrit Illner wissen. "Nein, sie lenkt ab von den notwendingen sozialen Fragen", schimpfte Kipping. Man müsse sich nur einmal die Steuerpolitik anschauen: Schließlich wolle die AfD eine Steuerreform, nach der alle den gleichen Satz zahlen. "Dann sind Sie aber schlecht informiert", meinte Petry. "Dann müssen Sie sich mal bei den bundespolitischen Leitlinien auf Ihrer Webseite informieren", sagte Kipping.

2. Akt Petry lachte immer wieder, erklärte, dass das Thema Steuern bei der AfD noch diskutiert werde. "Diesen Trick machen Sie immer", rief Kipping. "Sie geben keine konkreten Vorschläge und wenn man Sie einmal kritisiert, dann sagen Sie: 'Das stimmt ja gar nicht, das habe ich so gar nicht gemeint. Das mit dem Schießen habe ich ja auch gar nicht so gemeint.' Diesen Trick kann man Ihnen nicht mehr durchgehen lassen."

3. Akt "Frau Kipping holt jetzt mal Luft, und das ein bisschen länger", sagte Petry. Doch anstatt auf das eigene Programm einzugehen, schimpfte die AfD-Politkerin wieder auf die Linke. "Sie haben immer noch nicht gesagt, was Sie eigentlich wollen", fuhr Illner dazwischen. Es solle mehr Transparenz geben, Leistung müsse sich wieder lohnen, sagte Petry und hielt es dabei denkbar allgemein. "Im Klartext: Sie wollen einen niedrigeren Hartz-IV-Regelsatz", schimpfte Kipping. "Vielleicht erinnern Sie sich an möglicherweise gute Erziehung", keifte Petry zurück.

4. Akt "Herr Strobl, Sie müssen einfach zurück an den Tisch kommen", sagte Maybrit Illner zum CDU-Politker, der als Sicherheitspuffer zwischen den beiden Streithähnen stand und ein wenig nach hinten rückte. "Es war bloß so laut links und rechts", sagte er. Die Ruhe ist aber nur von kurzer Dauer: "Können Sie einen Satz zur rassistischen Gewalt sagen?", fragte Kipping. "Können Sie einmal zuhören?", schimpfte Petry zurück, um hinterherzuschieben: "Sind Sie Oberlehrer oder was?"

Zitat des Abends

Thomas Strobl: "Es ist das Konzept der AfD, nicht den Menschen ihre Sorgen zu nehmen und ihnen zu erklären, was passiert, sondern diese Sorgen zu verstärken."

Fazit

So viel Zunder war lange nicht mehr in einer Talkshow. Das lag aber weniger am Format mit den Bürgern, die auch für Abwechslung gesorgt haben, als an der Konfrontation zwischen Kipping und Petry. Vielleich eine Idee für kommende Sendungen: Einfach mal weniger Gäste als sonst einladen, die sich aber dann auch richtig was zu sagen haben.

(lukra)
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