Kurt Beck poltert bei Maybrit Illner „Ich finde das schwer erträglich“

Düsseldorf · Bei Maybrit Illner sollten die Gäste über den Fortbestand der großen Koalition diskutieren. Vieles endete in Mutmaßungen und Floskeln. Emotional wurde es bei der Beurteilung der designierten SPD-Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken.

 Kurt Beck widerspricht bei Maybrit Illner RTL-Chefredakteurin Tanit Koch.

Kurt Beck widerspricht bei Maybrit Illner RTL-Chefredakteurin Tanit Koch.

Foto: Screenshot ZDF

Darum ging’s

Die Redaktion von Maybrit Illner hatte sich passend zum Nikolausabend einen vorweihnachtlichen Titel ausgedacht: „Fordern, drohen, feilschen - Last Christmas für die GroKo?“ Es sollte - wie so häufig in dieser Woche - darum gehen, wie sich der Sieg von Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken beim SPD-Mitgliederentscheid auf den Fortbestand der Bundesregierung auswirkt.

Darum ging’s wirklich

Heraus kam viel Kaffeesatzleserei vor dem SPD-Parteitag am Wochenende. Kommt der radikale Wandel bei den Sozialdemokraten? Oder hat er sich schon wieder erledigt? Wie reagiert die CDU dann darauf? Und sind Esken und Walter-Borjans überhaupt bereit für den Parteivorsitz?

Gäste

  • Tobias Hans (CDU-Ministerpräsident des Saarlands)
  • Johanna Ueckermann (Mitglied im SPD-Parteivorstand)
  • Tanit Koch (RTL-Chefredakteurin)
  • Markus Feldenkirchen (Journalist)
  • Kurt Beck (ehemaliger SPD-Vorsitzender)

Frontverlauf

Hitzig wurde es vor allem bei der letztgenannten Frage. Bei der Beurteilung der designierten SPD-Vorsitzenden Walter-Borjans und Esken. „Ich frage mich, wie man Kandidaten aus Reihe drei jetzt erfolgreich in Reihe eins positionieren will“, sagte Tanit Koch. Worte, die Kurt Beck beinahe aus der Fassung brachten. „Ich finde das schwer erträglich, wenn jemand neu antritt, ihn drittklassig zu nennen“, sagte Beck. Und nannte es erst „extrem unfair“, dann „furchtbar“, wie Koch argumentiere. Die RTL-Chefredakteurin ging das Spitzenduo auch für sein Verhalten in den vergangenen Tagen an. „Die Revolution wurde offenkundig abgeblasen“, sagte sie. Die designierten Vorsitzenden „von Kevins Gnaden“, wie sie in Anspielung auf Juso-Chef Kevin Kühnert sagte, hätten ihre scharfe Kritik an der GroKo jetzt schon beerdigt.

Die übrigen Gäste unterteilten sich in Fan, Skeptiker und stillen Beobachter. „Ich persönlich habe mich sehr gefreut über das Ergebnis“, sagte Johanna Ueckermann zum SPD-Mitgliederentscheid, bei dem sich das Duo gegen Olaf Scholz und Klara Geywitz durchgesetzt hatte. „Ich kann erklären, warum sie da ins Amt gekommen sind. Aber wie lange sie dort bleiben, weiß ich nicht“, sagte Journalist Markus Feldenkirchen. Tobias Hans hielt sich zur Eignung des neuen Spitzenduos beim Koalitionspartner bedeckt.

Nachdem die Meinungen über Esken und Walter-Borjans ausgetauscht waren, ging es dann auch um Inhalte. Oder zumindest um Vorausdeutungen von Inhalten anhand des Leitantrags für den SPD-Parteitag. Dort hätten überraschend wenige Punkte der SPD-Linken Einzug erhalten, stellte Illner fest. Feldenkirchen stimmte zu und griff das Vokabular seiner Journalisten-Kollegin Koch auf. „Sollte die Wahl der beiden eine Revolution gewesen sein, dann hat schon die Konterrevolution eingesetzt“, sagte er. Der rechte Parteiflügel habe bereits zurückgeschlagen und habe die Forderungen des zum linken Flügel gehörenden Duos Walter-Borjans und Esken eingedämmt. Beck verteidigte den Leitantrag. Er berücksichtige die unterschiedlichen Spektren in der Partei. Genau so müsse das sein.

Auch Hans hat sich den SPD-Leitantrag bereits durchgelesen und sich vor allem über einen Absatz gefreut. Jenen, der sich mit den bisherigen Leistungen der großen Koalition beschäftigt. Dort seien 18 Punkte aufgeführt, in denen die SPD nach eigener Ansicht große Erfolge erreicht habe, sagt er. In zwölf Punkten sogar noch mehr, als sie sich vorgenommen habe. Und bei fünf Punkten sei noch Nachbesserungsbedarf. „Es steht also 30 zu fünf“, rechnete Hans vor. Für die große Koalition. Und wie es mit der weitergehen sollte, das war das Thema in der zweiten Hälfte der Sendung.

Vieles blieb dabei floskelhaft. Es ging darum, ob es wirklich Nachverhandlungen gebe oder nur Gespräche. Darum, wie sehr die SPD an ihren Nachbesserungen bei Mindestlohn, Investitionen und beim Klima festhalten werde. Und darum, wie es nach einem Koalitionsbruch mit dem Land weitergehen könnte. Dabei wurden erwartbare Meinungen ausgetauscht. Und doch schien zwischen den anwesenden Politikern kein unüberbrückbarer Dissens zu herrschen. Wenig klang nach dem in Juso-Kreisen kursierenden Spruch „Nikolaus kommt das Groko-Aus“. CDU-Ministerpräsident Tobias Hans warb für Stabilität. Der ehemalige SPD-Parteivorsitzende Kurt Beck prinzipiell auch. Und selbst die SPD-Parteilinke Johanna Ueckermann gab sich mit Aussagen wie „erstmal finde ich es gut, dass es eine Offenheit gibt, noch einmal in Gespräche zu gehen“ doch recht zurückhaltend. Tendenz: So schnell platzt die Groko wieder nicht. Stand Donnerstagabend.

Zitat des Abends

„Ich glaube das sind die ersten Politiker der Welt, die ihre Versprechen schon vor der Wahl gebrochen haben“ (Tanit Koch zum neuen Groko-Kompromiss-Kurs der designierten SPD-Parteivorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken)

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