Illner zur Flüchtlingspolitik Obergrenzen, stolze Bayern und Therapieempfehlungen
Düsseldorf · Der unionsinterne Streit über Obergrenzen für Flüchtlinge beschäftigte auch Maybrit Illner in ihrer Talkshow. CSU-Politiker Markus Söder blieb auf Konfrontationslinie. Doch die Frage nach einer möglichen Verfassungsklage seiner Partei wollte er dann doch nicht klar beantworten. Der Talk im Schnellcheck.
Darum ging's
Die Kritik an der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin wächst von Tag zu Tag. In dieser Woche hatte erstmals ein Minister, nämlich Alexander Dobrindt von der CSU, einen Plan B von Angela Merkel gefordert. "Bleibt Merkel nur die Wende?", fragte entsprechend Maybrit Illner am Donnerstagabend. Dass sich etwas ändern muss, darin waren sich zumindest nahezu alle Gäste einig, nur über das "Wie" herrschte keinerlei Einigung — was angesichts der eingeladenden Gäste aber auch erwartbar war.
Die Runde
Eingeladen waren Bayerns Finanzminister Markus Söder, Außenpolitiker Ruprecht Polenz von der CDU, Linken-Chefin Katja Kipping, Politikberater Michael Spreng, Staatsrechtler Ulrich Battis und Flüchtling Firas Al Habbal, der allerdings erst am Ende der Sendung zu Wort kam.
Frontverlauf
Selbstverständlich blieb Söder ganz nach der derzeitigen Art seiner Partei bei Kritik an Merkel. Es gehe ja um die Besorgnis eines überwiegenden Teils der Bevölkerung und nicht darum, ob die Partei ein Ultimatum stelle. "Wenn man überall in Europa zu der Einsicht kommt, dass wir Obergrenzen brauchen, dann muss man diese Chance nutzen." Polenz wiederum warnte vor den Folgen einer Grenzschließung, denn dann würden die Balkanstaaten im Stich gelassen. Und er nannte die Türkei natürlich das Schlüsselland in der Flüchtlingsfrage. Bezogen auf den unionsinternen Streit hielt er sich dagegen erstaunlich zurück. Auf die Frage, warum Merkel sich nicht von Minister Dobrindt trenne, sagte er etwa nur: "Das Benehmen von CSU-Ministern fällt auf die CSU zurück." Rückendeckung für den CSU-Gast gab es von Staatsrechtler Battis, der sagte: "Wenn ein Staat seine Grenzen aufgibt, gibt er sich selbst auf." Und Politikberater Spreng erklärte, die CSU habe bislang nichts geschafft, außer die Kanzlerin zu schwächen. Konfrontation fand Söder natürlich trotzdem — in Gestalt von Katja Kipping.

Ursachen der großen Flucht
Bizzarster Dialog
Fast schon erwartbar gerieten Söder und Kipping aneinander, aber dennoch war es recht amüsant, dies mitanzusehen. Nachdem Kipping eine Vermögenssteuer gefordert hatte, um die Probleme, vor denen Deutschland auch in der Flüchtlingsfrage steht, zu finanzieren, entgegnete Söder nur, was sie denn glaube, wer die Kosten angesichts der Flüchtlinge zahle. Denn das seien doch die kleinen Leute. Kipping: Die CSU sei doch in der Regierung und habe die Möglichkeit, das zu verhindern. Söder überging das und redete einfach weiter, bis Kipping entgegnete: "Herr Söder, das finde ich sehr bemerkenswert, dass ihnen plötzlich die Menschen mit geringerem und mittlerm Einkommen so am Herzen liegen." Und plötzlich wurde Söder wieder ganz der Bayer: "Nach Bayern ziehen alle hin, weil es mehr Arbeitsplätze gibt und ein besseres Lebensniveau", sagte er. Als Kipping weiterredete, warf er noch ein: "Wo lebt es sich besser: in Bayern oder in Berlin?" Das brachte ihm durchaus Lacher ein. Sei einmal dahin gestellt, das seine Meinung — Bayern — wohl nicht jeder teilen dürfte.
Der Analytiker
Spreng versuchte, die derzeitige Situation einzuordnen und vor allem auf Merkels politische Zukunft zu schauen. "In dieser Situation steht Frau Merkel vor der Alternative, entweder ihre Macht zu verlieren oder ihre Glaubwürdigkeit", sagte er und nannte den März sogar ihren Schicksalmonat, denn dann liefen nicht nur die Ultimaten der CSU aus, sondern es gebe auch Landtagswahlen und den zweiten EU-Gipfel, dann müsse sich die Kanzlerin entscheiden. Dennoch glaube er nicht an eine Obergrenze oder eine Grenzschließung, denn dann könne Merkel gleich einpacken.
Die Frage nach der Verfassungsklage
CSU-Chef Horst Seehofer hatte Merkel bezüglich des Themas Grenzschließungen mit einer Verfassungsklage gedroht. Politikberater Spreng kam immer wieder auf das Thema zu sprechen, wollte Söder dazu aus der Reserve locken. Er erklärte, wenn die CSU klage, dann müsse sie auch die Koalition verlassen. "Das ist eine Frage der politischen Hygiene und Ehrlichkeit." Illner wurde später konkreter, fragte den CSU-Mann direkt, ob seine Partei nun Verfassungsklage einreichen wolle. Söder sagte nur: "Das ist eigentlich nicht das Ziel, sondern dass sich an der Politik etwas ändert." Illner hakte nochmal nach, warum denn die CSU mit Verfassungsklage drohe, wenn sie es letztlich nicht durchziehen wolle. Woraufhin Söder wiederum nur sagte, dass man ja nicht sagen könne, dass dies überhaupt keine Option wäre. Auf Sprengs Frage, wie denn die CSU dann handele, wollte er dann gar nicht mehr eingehen.
Spruch des Abends
Katja Kipping fasste den Streit in der Union und die entsprechende Außenwirkung in einer kurzen Formel zusammen: Sie empfehle den Schwesterparteien eher eine "Familientherapie oder Mediatation" als das Bundesverfassungsgericht anzurufen, das für wichtigere Dinge da sei.
Erkenntnis
Viel Neues gab es erwartbar nicht in der Sendung, aber sie zeigte noch einmal deutlich, wo die Konfrontationslinien sind. Auch Flüchtling Firas Al Habbal, der in einer Flüchtlingsunterkunft in Bautzen lebt und schon mehrmals bei Illner zu Gast war, konnte da nicht viel beitragen. Für ihn ist nur klar, dass die Flüchtlinge auch weiter kommen werden, wenn die Grenzen geschlossen werden — dann vermehrt wieder mit Hilfe von Schleppern und Schleusern.