TV-Talk mit Maybrit Illner Maas kündigt Bericht zum Fall Amri an

Düsseldorf · Bei Maybrit Illner ging es um die Lehren aus dem Fall des Berliner Attentäters Anis Amri. Der von Justizminister Heiko Maas in der Sendung angekündigte Behördenbericht zum Fall Anis Amri dürfte zumindest in einigen Punkten bald mehr Aufschluss geben.

Darum ging's: "Terror mit Ansage — was tun mit den Gefährdern?", wollte Moderatorin Maybrit Illner von ihren Gästen wissen. Im Mittelpunkt stand der Berliner Attentäter Anis Amri und die Frage, was Deutschland aus seinem Fall lernen kann. Geht der 10-Punkte-Plan von Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Bundesjustizminister Heiko Maas zu weit? Oder nicht weit genug? Und was bringt Repression ohne Prävention?

Darum ging's wirklich: Das Thema "Innere Sicherheit" ist längst ein Wahlkampfthema. Mit Andreas Scheuer und Heiko Maas saßen aber nur zwei aktive Politiker in Maybrit Illners Runde. Dem Gesprächsklima tat das sichtlich gut. Polemische Spitzen der Politiker gab es trotzdem.

Die Gäste:

  • Andreas Scheuer, CDU-Generalsekretär
  • Katharina Nocun, Bürgerrechts- und Netzaktivistin, ehemalige Piraten-Politikerin
  • Heiko Maas (SPD), Bundesjustizminister
  • Stefan Aust, Journalist, Herausgeber der Tageszeitung "Die Welt"
  • Elmar Theveßen, Terrorismus-Experte, stellvertretender ZDF-Chefredakteur
  • Nina Käsehage, Religionswissenschaftlerin und Salafismus-Forscherin

Der Frontverlauf: Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am 19. Dezember liegt inzwischen fast vier Wochen zurück. Die Diskussion über die Lehren, die Deutschland aus dem Anschlag ziehen soll, ist in vollem Gange. Maybrit Illner eröffnete ihre Sendung mit einem Blick auf den von Justizminister Heiko Maas und Innenminister Thomas de Maizière vereinbarten 10-Punkte-Katalog, der künftige Anschläge verhindern helfen soll.

Zumindest im Fall Anis Amri hätte der Katalog einen Anschlag verhindert, sagte Maas. Als Allheilmittel will er das Maßnahmenpaket aber nicht verstanden wissen. Der Fall Amri sei auch auf ein Versagen der Behörden zurückzuführen. Was genau schiefgelaufen ist, will Maas in einem Bericht in den nächsten Tagen veröffentlichen.

"Es kann sich nach dem, was da geschehen ist und nach dem, was man mittlerweile weiß, niemand hinsetzen und sagen, es sind keine Fehler gemacht worden", so der Justizminister. In dem Bericht aller beteiligten Behörden solle dargestellt werden, wo wann was entschieden wurde.

Für CSU-Politiker Andreas Scheuer ging das Maßnahmenpaket der Regierung nicht weit genug. Ein guter Anfang sei es schon, nun müsse man aber endlich wirklich wach werden und den Sicherheitsbehörden das nötige Rüstzeug an die Hand geben. Der Grenzschutz lag Scheuer besonders am Herzen. Deutschland müsse wissen, wer ins Land komme und wer sich im Land befinde. Welt-Herausgeber Stefan Aust pflichtete ihm bei. Man müsse viel mehr auf die Sicherheit von außen achten, sagte er.

Maas plädierte dafür, auch beim repressiven Ansatz auf einen Mittelweg zu setzen. Er wolle nicht gleich nach Gesetzesänderungen oder Verschärfungen rufen aber man dürfe auch nicht von vorneherein Gesetzesänderungen ausschließen. "Deshalb muss man eine vernünftige Mitte finden, und es gibt niemanden der behauptet, dass eine einzige Maßnahme alle Probleme löst."

Im Hinblick auf Grenzkontrollen betonte Scheuer zwar, dass kein Generalverdacht gegen Flüchtlinge aufkommen dürfe. ZDF-Terrorismusexperte Elmar Theveßen warnte trotzdem vor einer Rhetorik, die alle Flüchtlinge unter Verdacht stelle. Für den Journalisten sind die Sicherheitsbehörden in Deutschland weiter nicht gut genug vernetzt, wenn es um die islamistische Terrorgefahr geht. "Die Versuche, Informationen zusammen zu bringen, sind offenbar nicht ausreichend", sagte Theveßen.

Dieser Analyse konnte zwar auch Scheuer zustimmen, lehnte aber eine Kompetenzverschiebung in Richtung Bund, wie sie von Innenminister de Maizière vorgeschlagen wurde, strikt ab. "An den Ländern liegt es nicht. Wir brauchen eine bessere Verzahnung, aber keine Kompetenzverlagerung", sagte Scheuer.

Repression oder Prävention?

Aktivistin Katharina Nocun vermisste ein "10-Punkte-Präventionsprogramm". Statt den Fokus immer auf Repressionen zu legen, müsse mehr in Programme gegen Radikalisierung gesteckt werden. In dieselbe Kerbe schlug Religionswissenschaftlerin Nina Käsehage, die sich mit der salafistischen Szene in Deutschland und Europa auseinandersetzt. Wer etwas verhindern wolle, der müsse in Bildung und Prävention investieren, sagte sie.

Für sie fehlt es darüber hinaus an Selbstkritik bei den Sicherheitsbehörden. Gerade auch im europäischen Raum habe man gute Instrumente. "Aber es scheitert häufig an Eitelkeiten und anderen wirklich dummen Gründen in Verfassungsbehörden, den sogenannten Nachrichtendiensten", sagte die Wissenschaftlerin.

Beim Thema Prävention blieben die beiden Politiker in der Runde recht schweigsam. Andreas Scheuer maulte, man könne keine Meditationskurse an der Grenze anbieten. Maas verwies auf 100 Millionen Euro, die in Präventionsmaßnahmen flössen.

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