Fußball-Talk bei „Lanz“ „Leider hat der Übungsleiter nicht auf uns gehört“

Düsseldorf · Am Mittwochabend haben die Gäste bei „Markus Lanz“ zusammen EM geschaut – und danach im Studio live darüber gesprochen. Ex-Gladbacher Ewald Lienen und Sportjournalist Marcel Reif sind sich nicht immer einig.

 Die Talkrunde bei "Markus Lanz" am 23.6.2021.

Die Talkrunde bei "Markus Lanz" am 23.6.2021.

Foto: ZDF

In der „Markus Lanz“-Sendung am Mittwochabend kam das Gespräch zwar auch auf Regenbogenbeleuchtung und Machtspiele im DFB, aber wir haben uns auf die Besprechung des EM-Vorrundenspiels zwischen Deutschland und Ungarn konzentriert.

 Die Gäste:

 Darum ging’s:

Um die Leistung der deutschen Fußballnationalmannschaft und ihres Trainers im Spiel gegen Ungarn.

 Der Talkverlauf:

Am Mittwochabend erweist sich, dass Fußball das perfekte Thema für eine Talkrunde bei „Lanz“ ist: In epischer Breite kann der Moderator Gefühle ausloten – und die Schuldfrage stellen. Statt nach der Verantwortung für diverse Fehler bei der Corona-Politik geht es nun um die Versäumnisse der deutschen Nationalmannschaft. Sie ist zwar nicht aus dem Turnier geflogen, hat dieser Möglichkeit im Spiel gegen Ungarn aber ins Auge blicken müssen. Die Gäste scheinen die Schuld dafür vor allem beim Trainer zu sehen – speziell in dessen Mannschaftsaufstellung.

Der langjährige Fußballreporter Marcel Reif sagt: „Aufstellen tut der Übungsleiter die Mannschaft.“ Auch die Einstellung beruhe auf der Arbeit des Trainers. Kritisch sieht Reif zudem die Auswechselung von Kai Havertz nach dessen Tor. Ewald Lienen, der in den 1970er und 1980er Jahren für Borussia Mönchengladbach gespielt hat und zuletzt Trainer beim FC St. Pauli war, steuert dazu einen Erfahrungswert aus seiner eigenen Karriere bei: „Wenn ich als Trainer einen Wechselfehler gemacht habe, bin ich sofort bestraft worden, dann kriegst du sofort ein Gegentor“, erzählt er. Trocken bemerkt die Sportexpertin Gaby Papenburg: „Leider hat der Übungsleiter nicht auf uns gehört.“

Doch die Herren sind mit der Kritik noch nicht fertig. Lienen beklagt das Fehlen von Außenverteidigern, Reif schießt sich auf die Leistung von Leroy Sané ein. „Ein Junge mit den Anlagen muss irgendwann mal auf dem Niveau seriös liefern“, sagt Reif. Sanés Ballführung sei zu verspielt. „Das ist immer noch Kinderfußball.“Über die Körpersprache des Fußballers wolle er sich nun aber nicht aufregen. Doch den Gesetzen der Talkshow folgend zieht diese Bemerkung eine Debatte nach sich. Wer erst in diesem Moment zuschaltet, mag sich in einem Gespräch unter Theaterkritikern wähnen.

Papenburg findet, in seiner Mimik wirke Sané gelangweilt. Sie wirft die Frage auf, welche Haltung dahinterstecken mag. Nun ergreift Reif Partei für Sané: Das täusche, das würden auch Sanés Teamkollegen sagen. Der Moderator Giovanni Zarrella, der in seiner Jugend beinahe den Weg zum Profifußball beschritten hätte, verweist darauf, dass Kai Havertz und Timo Werner einen ähnlichen Gesichtsausdruck wie Leroy Sané auf den Platz trügen.

Lienen macht da nicht mit. „Aber Leute, bitte“, sagt er. „Das sind doch alles Interpretationen und Zufall.“ In einem Satz fasst der Fußballtrainer nun den Kern aller Fußballgespräche zusammen: Als Zuschauer sehe man etwas und versuche, das zu erklären. Das ginge aber nicht immer. Für Sanés Leistung findet Lienen trotzdem eine Erklärung, und dabei liegt der Ball – wieder einmal – im Feld von Joachim Löw.

Leroy Sané sei in Lienens Augen bereits 2018 einer der besten Offensivspieler Europas gewesen. Dass der Bundestrainer Sané nicht mit nach Russland genommen habe, sei ein Misstrauensvotum gewesen, dass die weitere Karriere des Fußballers konditioniert habe. „Als Trainer kann ich Spielern Vertrauen geben“, sagt Lienen, „ich kann sie aber auch kaputtmachen.“

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