TV-Nachlese zu „Markus Lanz“ Die Sache mit der Dunkelziffer

Düsseldorf · Es weiß niemand, wie hoch die Dunkelziffer der Corona-Infektionen in Deutschland ist. Bei „Markus Lanz“ erklärt ein Mathematiker, woher diese Unsicherheit kommt und wie man mit den trügerischen Zahlen umgehen sollte.

Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ am 7. April 2020.

Die Talkrunde bei „Markus Lanz“ am 7. April 2020.

Foto: ZDF

Am Dienstagabend drehte sich „Markus Lanz“ erneut um Covid-19. Dabei rückten Zahlen und das Vorgehen des Krankenhauspersonals auf der Intensivstation in den Vordergrund.

Die Gäste:

  • Stephan Weil (SPD), Ministerpräsident von Niedersachsen
  • Frank Thelen, Investor
  • Corinna Milborn, Politikwissenschaftlerin
  • Martin Ehlers, Lungenfacharzt
  • Gerd Antes, Mathematiker

Darum ging’s:

Erneut Gesprächsthemen zum Coronavirus zu finden ist sicher keine einfache Aufgabe. Der Moderator schien manchmal nicht so genau hinzuhören. Die Wissenschaftler unter den Gästen bekamen einmal mehr Gelegenheit, Aufklärungsarbeit zu leisten.

Der Talkverlauf:

Wie so oft in Sendungen zum Thema geht es bei „Markus Lanz“ am Dienstagabend einmal mehr um Masken, Apps, Ladenöffnungen und die leidende Wirtschaft überhaupt. Erst fast zum Schluss kommt das wohl eindringlichste Argument dafür, das Abstandhalten weiter durchzuhalten: Der Lungenfacharzt Martin Ehlers erklärt, was Lungenversagen für einen Patienten bedeutet – und für das Krankenhauspersonal.

„Um beatmete Patienten zu retten, brauche ich Zeit, Material, Pflegekräfte und einen ausgeruhten, erfahrenen Arzt“, sagt Ehlers. Bilder von zehn Patienten an Beatmungsmaschinen drehen ihm den Magen um. Ein einziger solcher Patient beanspruche die Station fast vollkommen. Und beim Lungenversagen gäbe es einen Punkt, an dem die Schädigung der Lunge nicht mehr umkehrbar sei.

Das greift der Unternehmer Frank Thelen freudig auf. Parallel zum Lungenversagen gäbe es auch einen Punkt, „an dem wir die Wirtschaft nicht mehr beleben können“, sagt er. Und keiner wisse genau, wann es kippt. Nach Thelens Ansicht könne Deutschland die Wirtschaft wieder in Gang bekommen. Dazu fordert er Steuersenkungen.

Eine ganze Weile zuvor war schon der Handel ein Thema. Schließlich hat Niedersachsen seine Baumärkte wieder geöffnet. Das soll Stephan Weil nun aber mal erklären. Der niedersächsische Ministerpräsident verweist auf umliegende Bundesländer, in denen die Baumärkte nie geschlossen wurden – und zu denen von Niedersachsen aus ein regelrechter Baumarkttourismus begonnen habe. Dass manche Baumärkte nun plötzlich auch Fahrräder und Spielzeug im Sortiment haben, ärgert auch Weil. Aber: „Die perfekte Lösung für die Marktfairness kann ich nicht erkennen.“

Der zugeschaltete Gerd Antes wünschte, die Leute würden nicht so sehr an Zahlen kleben. Aus dem Mund eines Mathematikers klingt das im ersten Moment seltsam. Doch dann führt Antes aus, dass die Daten, die in den Statistiken zur Pandemie als „Infizierte“ geführt werden, eben jene gar nicht wiedergeben – sondern nur die Anzahl der „sichtbaren Infizierten“, nämlich der positiv auf das Coronavirus getesteten Personen.

Die tatsächlichen Infektionen seien um eine unbekannte Größe größer. Manche Schätzungen gingen vom Fünf- bis Zehnfachen aus, andere von Zwanzigfachen, aber die Wahrheit sei: Es weiß niemand, wie hoch die Dunkelziffer ist. „Man sollte mit dieser Unsicherheit viel offener umgehen“, sagt Antes. Das hält Moderator Markus Lanz nicht davon ab, dem Mathematiker beharrlich Tafeln mit Daten der Johns-Hopkins-Universität und des Robert Koch-Instituts vorzuhalten.

Bei diesen Daten ergäben sich Schwankungen und Ungenauigkeiten unter anderem durch unterschiedliche Erhebungsmethoden, so Antes. Sie seien nicht dazu geeignet, die Lethalität von Covid-19 zu berechnen und darauf politische Entscheidungen aufzubauen. Kurzum: Die Zahlen zu Infizierten, Toten und Genesenen wirkten nur präzise, seien es aber nicht. Antes wartet stattdessen auf eine repräsentative Studie mit 4500 Teilnehmern, die nun in München beginnt. Mit Blutproben und einem Antikörpertest wollen sich Forscher ein Bild davon machen, wie viele der Versuchspersonen schon infiziert waren. Das daraus folgende Wissen über die „Durchseuchung“ bringe bessere Zahlen, so Antes.

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