Friedrich Merz bei Markus Lanz “Wir hätten mehr tun können“

Düsseldorf · Friedrich Merz kritisiert im ZDF die Bundesregierung für zögerliche Waffenlieferungen und uneinheitliches Vorgehen. Markus Lanz spricht mit seinen Gästen auch übers Gendern, die Frauenquote und einen Preisdeckel für Gas. Unterwegs gehen sich der Moderator und der CDU-Chef gehörig auf die Nerven.

 Markus Lanz spricht mit Friedrich  Merz, Karen Pittel und Robin Alexander

Markus Lanz spricht mit Friedrich Merz, Karen Pittel und Robin Alexander

Foto: Screenshot ZDF

Darum ging es

Nach dem Parteitag der CDU am Wochenende spielt Markus Lanz mit CDU-Chef Friedrich Merz "Wenn Sie Bundeskanzler von Deutschland wären, was wäre das für ein Land?” Ein Journalist und eine Ökonomin kommentieren - auch Ideen zur Gasumlage, Atomkraft, Fracking und Gendern.

Die Gäste

  • Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender
  • Karen Pittel, Ökonomin vom „ifo-Institut“
  • Robin Alexander, Journalist, stellvertretender Chefredakteur der „Welt“

Der Talkverlauf

Markus Lanz legt am Abend im ZDF mit Elan in Richtung des CDU-Chefs an: Ausgerechnet Friedrich Merz, “der noch nie im Verdacht stand, die Speerspitze radikalfeministischer Umtriebe zu sein”, habe auf dem Parteitag am Wochenende nach 80 Jahren in der CDU die Frauenquote durchgesetzt. Zudem habe Merz Habecks Kinderbuch aufs Korn genommen, derweil sich Söder über die langen Haare von Anton Hofreiter lustig gemacht habe - “Ist das das Niveau, mit dem sich die CDU zurückmeldet?” stichelt der Moderator, und Merz lupft die Brauen: “Sie sind ja gut drauf heute!”

Lanz hat noch mehr Zunder zum Auftakt, spricht von Kolleg*innen und lässt sich Merz’ Position zum Gendern wiederholen – was der zunächst gerne tut: Es gebe nun mal Regeln, die vom Rat für Deutsche Sprache verbindlich festgelegt wurden. Im Privatleben oder im privaten Fernsehen könne Lanz ja gerne gendern. “Aber Sie werden hier von Gebühren bezahlt”, erinnert er. Da müsse er sich an die Regeln halten. Lanz möchte selbst entscheiden, ob er nun gendert oder nicht, doch der CDU-Politiker insistiert. “Sie sind doch keine Volkserziehungsanstalt”, sagt er mit Blick aufs öffentlich-rechtliche Fernsehen. Es habe für ihn etwas Belehrendes, wenn Moderatoren im Fernsehen diese Sprache nutzten, die 80 Prozent der Bevölkerung nicht wollten.

“Welt”-Journalist Robin Alexander gibt dem Politiker recht, zugleich fragt er sich, “Warum regt das die Leute so auf?” Sein Gedanke zur Antwort: Gerade wenn eine Gesellschaft unter starkem Veränderungsdruck lebe, steige das Bedürfnis, sich in der eigenen Sprache zu Hause zu fühlen. “Gendern hat etwas von einer geistigen Elite, die den anderen was überhelfen will”, findet er. Deswegen würde er auch Journalistenkollegen davon abraten.

Karen Pittel schlägt den Mittelweg vor: “Ich habe keine Problem wenn man nicht gendert, ich habe aber ein Problem, wenn man das als so problematisch ansieht”, sagt die Ökonomin. Denn ein Teil der Bevölkerung reagiere darauf sehr sensibel, darauf könne man schon auch gut Rücksicht nehmen.

Merz geht das alles auf die Nerven: “Lassen Sie uns jetzt mal über was anderes reden, die Menschen haben andere Sorgen”, befindet er und bemängelt die politische Ausgewogenheit in den öffentlich rechtlichen Sendeanstalten. Dann nimmt er sich die Bundesregierung vor und kritisiert die Ampelregierung: ”Der Bundeskanzler hat am 27. Februar eine Zeitenwende ausgerufen. Diese Zeitenwende muss dann aber auch durch Regierungshandeln unterlegt werden.”

Die Ukraine sei zwar erstaunlich gut aufgestellt, um sich zu verteidigen. „Aber wir hätten mehr tun können.“ Das sei auch die Meinung vieler Europäer, die auf eine Entscheidung Deutschlands warteten. Er hätte die Export-Genehmigung für die “Marder-Panzer, die auf den Höfen der Industrie stehen, die nicht bei der Bundeswehr im Einsatz sind” erteilt um der Ukraine zu helfen.

Das sieht Robin Alexander ähnlich: interessant sei, dass die Opposition die Richtung vorgeben könne. Olaf Scholz habe zuerst auch gezögert, schwere Waffen zu liefern. Erstaunlich sei, dass das wieder so sei und zunächst die Stimmen von FDP und Grünen und Opposition zu hören seien. “Scholz ist der Getriebene”, so der Journalist, “und am Ende bewegt er sich ja.” Dass Scholz auf der Rolle des Zögerers bestehe, verstehe er nicht so richtig.

“Es wäre gut gewesen, einen Energiesicherheitsrat im Kanzleramt zu schaffen”, findet Friedrich Merz. Die Politik in Deutschland sei ihm derzeit “zu wenig strategisch und zu wenig koordiniert.” Ihm fehle ein einheitliches Vorgehen der Bundesregierung. Markus Lanz lässt Friedrich Merz immer wieder sagen, was er täte, wenn er Bundeskanzler wäre, und der Politiker spricht sich klar für den Weiterbetrieb der letzten verbliebenen Akw aus: "Ich hätte die Entscheidung versucht, in der Regierung herbeizuführen: Die laufen weiter. Ich hätte den Betreibern gesagt: Besorgt neue Brennstäbe." Dann könnten sie bis Ende 2024 laufen für “die nächsten beiden kritischen Winter”.

Ökonomin Pittel wehrt sich gegen Rechenmodelle in vielen Medien, die die 50-prozentige Wahrscheinlichkeit eines Blackouts beschwörten. “Es gibt immer eine Verkettung von Umständen, dass es einen Blackout gibt”, räumt sie ein. Wahrscheinlich sei ein solches Szenario aber derzeit nicht. “Das ist eben übertrieben, da muss man sich auch ehrlich machen”, sagt Pittel. Die häufig zitierten “zehn Millionen Haushalte”, die derzeit von Atomkraft versorgt würden, würden dann einfach von anderen Kraftwerken beliefert. Die Sinnhaftigkeit eines Energiesicherheitsrats zweifelt sie an.

(juju)
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