TV-Nachlese Markus Lanz Gesine Schwan will mit Stegner „fröhlich an einem Strang ziehen“

Düsseldorf · “Generationenwechsel mal andersrum”, nennt Markus Lanz am Abend im ZDF Gesine Schwans Kandidatur für den SPD-Vorsitz. Was hat die 76-Jährige motiviert, und wie sehen andere ihren Schritt?

 Markus Lanz im Gespräch mit Gesine Schwan und Kristina Dunz, ebenfalls zu Gast war Sebastian Krumbiegel.

Markus Lanz im Gespräch mit Gesine Schwan und Kristina Dunz, ebenfalls zu Gast war Sebastian Krumbiegel.

Foto: Screenshot ZDF

Als “härtesten Job, den die deutsche Politik zu vergeben hat” bezeichnet Moderator Markus Lanz am Abend im ZDF den SPD-Vorsitz und fragt Gesine Schwan, warum sie sich das mit 76 Jahren eigentlich zumuten wolle. Die Politikerin hat seit Bekanntgabe ihrer Kandidatur reichlich Kritik gehört: von Sozialmedialen an ihrer Frisur, von anderen an ihrem Alter. Einige Kommentare von der AfD seien so bissig gewesen, dass Schwan dachte: “Vielleicht ärgere ich sie ja, das ist ja nicht das schlechteste.”

Ihr Alter sieht die Sozialdemokratin für die Rolle eher als Vorteil: Natürlich sei das ein schwieriger Job, “aber dabei trotzdem noch gelassen zu bleiben, das verlangt ein bisschen Alter und Lebenserfahrung.” Auch mit den häufiger beschworenen „Männerzirkeln“ habe sie daher kein Problem - ein Pluspunkt sei auch, dass man ihr mit viel Respekt begegne. Und wenn Politiker wie Paul Ziemiak per Twitter über ihre Kandidatur polemisierten, findet sie das „eher ein bisschen blöde“.

Bedrückt habe sie, dass sich lange niemand für den Posten meldete und es trotz der schwierigen Situation der SPD “immer wieder diese alten Taktierereien” gebe. Die hält Schwan für unangemessen: “Wir müssen neuen Grund schaffen, sonst gehen wir völlig den Bach runter.” Man müsse sich jetzt “ernsthaft engagieren, die tiefe Krise begreifen und Mittel und Wege finden, wie man sie beheben will.” Viele Politiker in der SPD hielten offenbar das Wagnis für zu groß und befürchteten, der Posten oder die Kandidatur könnten die eigene Laufbahn beschädigen.

Sie selbst habe vor wenig Angst, erst recht nicht vor einem Karriereknick. Sie wolle sich einfach für die vielen “tollen Menschen” einsetzen, die sie in der Partei kennengelernt haben. In der SPD gebe es “so viele, die nicht immer in der Öffentlichkeit rumtanzen”, dafür aber ihre Werte fest im Blick hätten. Stellvertretend für einige, die eher Rampenlicht suchten, kritisiert sie Sigmar Gabriel, dessen Verhalten im vergangen sie Jahr sie “vor allem unfair” fand. “Er hat die Partei scharf als Ganzes attackiert und Nahles kritisiert”, rügt Schwan, “das tut man nicht als Vorgänger.” Gabriel sei zwar intelligent, aber ihm hätten da Verantwortung und Klugheit gefehlt. Zur Klugheit gehörten für sie “Weitsicht und gewisse Weisheit”. Man dürfe “andere nicht einfach fertigmachen.”

Die Unterscheidung zwischen Intelligenz und Klugheit gefällt auch der “Rheinische-Post”-Journalistin Kristina Dunz. Nach der Pressekonferenz, auf der Schwan ihre gemeinsame Kandidatur mit Ralf Stegner erklärte, hatte die stellvertretende Leiterin der Berliner Parlamentsredaktion allerdings den Eindruck, die 76-Jährige sei “vielleicht zu klug” für den Job. Dort holte Schwan weit aus und versuchte, die Gründe für die Krise der SPD zu erklären. Das habe die Politikerin zwar tief durchdrungen, sagt Dunz, sie zweifle aber, ob derlei auch verständlich genug bei Wählern ankomme. “Mir fehlte etwas das Konkrete, weniger Akademische - ein an das Herz gerichteter Appell.”

Weiter kritisiert Dunz: Es würden - außer von Gesine Schwan - selten Stimmen in der SPD laut, die sagten: “Das ist richtig super, dass wir in der Regierung sind.“ Man habe stattdessen immer das Gefühl, die SPD sitze im Keller. Für eine Partei in der Regierung sei das unwürdig, auch deshalb erlebe sie trotz politischer Erfolge wie etwa der Bekämpfung der Kinderarmut so viele Rückschläge.

Schwan will die “fehlende Seele” nicht auf sich sitzen lassen: Sie habe „ein Leben lang das Gefühl gehabt, dass Menschen sie als herzlich erlebten“ und hoffe sehr, sie auch zu erreichen. Mit ihrem Duo-Partner Ralf Stegner werde sie das Lächeln noch etwas trainieren, fügt sie mit einem Augenzwinkern hinzu. Abgesehen von seiner Ernsthaftigkeit beschreibt sie ihren Mitkandidaten auf Lanz Bitte als “klug, intelligent und integer.” Selbst seine Gegner fänden ihn fair und anständig. Überdies sei er “verlässlich, konstruktiv und kooperativ.“ Ihr Ziel: Gemeinsam mit ihm wolle sie das Bild von der Partei ändern und sie wieder zu einer solidarischen SPD zusammenführen, auf Erreichtes stolz sein und mit Stegner “fröhlich an einem Strang ziehen”.

(juju)
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