"Bunte" ließ laut "Stern" Politiker ausspionieren Magazin reagiert mit rechtlichen Schritten

Hamburg (RPO). Die Zeitschrift "Bunte" hat laut einem Artikel des Hamburger Magazins "Stern" über eine Recherchefirma Spitzenpolitiker ausspioniert. Betroffen seien der damalige SPD-Chef Franz Müntefering, Linksparteichef Oskar Lafontaine und CSU-Chef Horst Seehofer. Die "Bunte" wehrt sich massiv gegen die Vorwürfe und kündigte juristische Schritte gegen den "Stern" an.

 "Stern"-Chefredakteur Thomas Osterkorn.

"Stern"-Chefredakteur Thomas Osterkorn.

Foto: ddp

Bei der Beschattung habe die beauftragte Berliner Firma CMK unlautere Recherchemethoden angewandt. Der "Stern" beruft sich in seinem Artikel auf interne Unterlagen der CMK sowie auf Aussagen ehemaliger Mitarbeiter der Firma. Im Fall Müntefering observierten CMK-Leute dem Bericht zufolge Ende 2008 über Monate dessen damaligen Berliner Wohnsitz, um Details über die Beziehung zu Michelle Schumann in Erfahrung zu bringen, mit der Müntefering inzwischen verheiratet ist.

Die Mitarbeiter sollten auch heimliche Fotoaufnahmen von beiden machen. Münteferings spätere Frau sei auch von einem CMK-Mitarbeiter auf einer Zugfahrt von Berlin nach Bochum verfolgt worden: "Im Zug saß ich eine Reihe hinter ihr", wird der Mitarbeiter zitiert. Auch ihr Briefkasten sei präpariert worden.

Codename "Scarface"

Laut "Stern" hatte CMK bereits im Frühjahr 2008 von "Bunte" den Auftrag erhalten, eine mögliche Beziehung Lafontaines zu der Linken-Abgeordneten Sahra Wagenknecht zu recherchieren. Die Operation habe intern den Codenamen "Scarface" gehabt, offenbar in Anspielung auf eine Narbe am Hals, die Lafontaine seit der Messerattacke auf ihn im Jahr 1990 trägt.

CMK bestätigte dem "Stern", hinter Müntefering, Lafontaine und Seehofer her gewesen zu sein. Es habe sich jedoch um journalistisch begründete Jobs gehandelt. "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel räumte auf Anfrage des "Stern" ein, CMK mit entsprechenden Recherchen zum Privatleben der Politiker beauftragt zu haben, doch: "Über unlautere Methoden ist 'Bunte' nichts bekannt."

"Versuch der Verleumdung"

Der "Stern" rekonstruiert in seinem Beitrag, dass die Beschatter im Stile von Detektiven vorgingen und gegenüber von Münteferings Wohnung eine Observationswohnung anmieteten. CMK werde von einem früheren Geschäftsführer von Detekteien geleitet. Allein im Jahr 2008 stellte CMK der "Bunten" mehr als 240.000 Euro in Rechnung.

"Nach der juristischen Auffassung des Bunte Entertainment Verlages GmbH handelt es sich hier um den Versuch der Verleumdung eines erfolgreichen Mitbewerbers", reagierte das Unternehmen am Mittwoch und kündigte juristische Schritte gegen den "Stern" an.

"Wir sehen das gelassen", sagte "Stern"-Chefredakteur Thomas Osterkorn auf ddp-Anfrage. Es gebe nichts zu korrigieren, die Geschichte sei sauber recherchiert und die "Bunte"-Chefredakteurin sei befragt und im Artikel zitiert worden. "Wir haben unsere journalistische Sorgfaltspflicht erfüllt, den Rest können wir gerne vor Gericht klären", sagte Osterkorn.

"Persönlichkeitsrecht in eklatanter Weise verletzt"

Der Vorwurf der "Bunten", der "Stern" habe selbst mit CMK zusammengearbeitet, sei falsch, sagte der Autor des Artikels, Johannes Röhrig. "Es hat überhaupt nie Aufträge von uns gegeben." Vielmehr betreibe CMK neben Auftragsrecherchen auch eine Fotodatenbank. Aus dieser Datenbank habe auch der "Stern" gelegentlich Fotos abgedruckt.

Kritik am Vorgehen des Society-Magazins kam auch aus der Politik: "Wenn die ,Bunte' Privatdetektive mit der Beschattung des Privatlebens von Politikern beauftragt, ist das schlicht rechtswidrig", sagte die Justiziarin der SPD-Bundestagsfraktion und ehemalige Justizministerin, Brigitte Zypries. Das Persönlichkeitsrecht sei "in eklatanter Weise verletzt worden". Die schwarzen Schafe in den Medien müssten geächtet werden.

(DDP/csr)
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