Düsseldorf Liebeserklärung an die Serienhelden der 80er

Düsseldorf · Die Anthologie "Colt Seavers, Alf und ich" versammelt 20 persönliche Erinnerungen an prägende Fernseh-Heroen.

Selten zuvor wurde so viel über TV-Serien geredet und geschrieben wie in den vergangenen zwei, drei Jahren. Vor allem amerikanische Formate gelten qualitativ als das Nonplusultra, haben sie doch das epische filmische Erzählen neu definiert. Wegen ihrer über mehrere Staffeln reichenden dramaturgischen Spannungsbögen und der damit einhergehenden Komplexität werden US-Serien wie "Die Sopranos", "Breaking Bad" oder "Game of Thrones" gerne mit Romanen verglichen. Lesen war gestern, Kino ebenfalls, heute wird der Mattscheibe gehuldigt, gerne auch mal nächtelang, DVD-Box sei dank. Was dabei gerne vergessen wird: Das Serienfieber grassiert bereits seit Jahrzehnten.

Der Ankerherz-Verlag hat sich mit einem liebevoll gestalteten Buch eben dieser lange versendeten Kultserien angenommen. "Colt Seavers, Alf und ich" versammelt 20 persönliche Erinnerungen an leicht angestaubte Fernsehhelden. Nicht die wissenschaftliche Aufarbeitung steht im Vordergrund, sondern bewusst eine emotionale Annäherung. Dementsprechend fallen die Texte formal recht unterschiedlich aus, vom fast kurzgeschichtenhaften Erzählen bis zur kritischen Analyse. Die Auswahl der Serien ist dabei gelungen, gleichwohl der Leser ein bestimmtes Alter erreicht haben muss, um das Angebot zu würdigen und niemals alle Fan-Interessen abgedeckt werden können. Aufgeteilt ist das Buch in die Kapitel "Die Guten" (etwa "Miami Vice", "Magnum" und "Simon & Simon"), "Die Harten" (etwa "MacGuyver" und "Die Profis"), "Die Außenseiter" (etwa "Alf" und "Eine schrecklich nette Familie"), "Die Schönen" (etwa "Remington Steele" und "Dallas") und "Die Gerechten" (etwa "Das A-Team", "Knight Rider" und "Trio mit vier Fäusten").

Die Geschichten lassen den Leser einerseits teilhaben an prägenden Seherfahrungen und damit andererseits wieder eintauchen in die schöne bunte TV-Serienwelt der 1980er. Iris Bahr erzählt von faszinierenden Dreitagebärten und ekligen Haaransätzen bei "Miami Vice", Detlef Dreßlein breitet sich genüsslich über das absurd große Waffenspektrum der "Profis" aus, Karin Michalke erzählt von ihren regelmäßigen Fluchten in wilde Abenteuer mit "Colt Seavers". Ihnen allen spürt man die Liebe zum beschriebenen Gegenstand an; es geht nicht (nur) um Fernsehen, sondern um einen nicht unerheblichen Teil gelebter Wirklichkeit. Colt Seavers, Magnum und Al Bundy waren Wegbegleiter in einer wichtigen Lebensphase und sind gerade in der Erinnerung so wahrhaftig und lebendig wie reale Personen. Allerdings empfiehlt es sich oft, sie auch dort, in der Erinnerung, zu belassen - ein spätes Wiedersehen fällt unter Umständen schmerzhaft aus.

Manchmal gereicht es den alten Helden auch zum Vorteil. So berichtet Journalist Ulli Tückmantel, langjähriger Redakteur unserer Zeitung, im Kapitel "Mein Magnum und ich" über eine Wiedergutmachung. In der zunächst von der ARD ausgestrahlten Serie wurden in der Synchronisation alle Bezüge auf die Vietnam-Vergangenheit der Hauptfigur getilgt, wie er Jahre später feststellte. "Das professionelle Verdrängen, Verdrehen und Verstümmeln setzte eine Haltung fort, deren Subtext die lupenreine Nazi-Barbarei ist: Synchronisation und Schnitt als optische und akustische Tilgung fremder Urheberschaft im Dienste einer vulgär-nationalistischen kulturellen Conquista", schreibt Tückmantel in seinem kundigen und analytischen Stück. Erst RTL zeigte die Serie ungeschnitten und neu übersetzt. Gefallen hat "Magnum" dem jungen Tückmantel freilich auch ohne Vietnam-Subtext.

(RP)
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