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„Let’s Dance“ Das beste Anti-Trash-Format im deutschen Fernsehen

Meinung | Köln · Ab sofort kämpfen bei „Let’s Dance“ wieder die Promis um den Titel „Dancing Star 2022“. Mit dabei sind zahlreiche Stars wie Michelle, Bastian Bielendorfer und Amira Pocher. Warum „Let’s Dance“ das beste Promi-TV-Format ist, das es derzeit gibt.

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Diese Promis tanzen 2024 bei „Let’s Dance“

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Foto: RTL

An Trash ist im deutschen Fernsehen kein Mangel. Trash (engl.: Müll) ist das Dschungelcamp, Trash sind „Big Brother“, „Deutschland sucht den Superstar“, „Das Sommerhaus der Stars“, „Promis unter Palmen“ oder „Germany’s Next Topmodel“. Wer aber „Let’s Dance“ als Trash bezeichnet hat entweder keine Ahnung oder kein Herz.

Nicht falsch verstehen: Trash-Unterhaltung hat absolut ihre Berechtigung. Trash lenkt ab: Nach einem anstrengenden Arbeitstag dreht die Peinlichkeit des „Sommerhaus der Stars“ vielleicht den Kopf angenehm leise. Wenn das eigene Liebesleben gerade kompliziert ist, kann es Spaß machen, den „Bachelor“ zu sehen, der holzschnittartig und romantikklischeehaft nach der großen Liebe sucht und sie (fast) nie findet. Trash lässt den Zuschauer auch mal ungestraft fies sein: Wer das Dschungelcamp verfolgt, darf schadenfroh sein und die Gruselgänsehaut genießen, wenn die Teilnehmer Känguruhoden essen oder durch Mehlwürmer waten müssen. Und Trash relativiert: Der Fernsehschund macht, dass sich das eigene Leben mit den ganz normalen Tiefs und Blödheiten weniger blöd und untraumhaft anfühlt. Dass einem andere Menschen peinlicher, fehlerhafter, schräger vorkommen als man sich selbst manchmal vorkommt.

Wer allerdings „Let’s Dance“ in einen Topf schmeißt mit diesem TV-Schrott, macht einen Fehler, und das, obwohl es natürlich Ähnlichkeiten aufweist zu vielem oben genannten. Die Prominenten, Halbprominenten oder Bislang-nicht-Prominenten, die teilnehmen. Die Dauerbegleitung durch die Kamera. Die Tatsache, dass man Menschen beim Scheitern zusieht, manchmal auch beim etwas peinlichen Scheitern.

Die Sache ist aber die: Wer zurückschaut auf 14 Staffeln „Let’s Dance“, stellt fest, dass Scheitern hier selten peinlich ist. Ob Sport-Moderator Ulli Potofski (2016) oder Schlagersängerin Kerstin Ott (2019) über die Tanzfläche baumstammen, Schlagersänger Bernhard Brink (2014) eher trampelt denn tanzt oder Cora Schumacher (2015) sich stocksteif über das Parkett schieben lässt: Das ist im Zweifel zwar keine gute Leistung oder sogar eine unterirdisch schlechte, aber es ist nie so viel der hässlichen Fremdscham, dass man körperliche Schmerzen bekommt und dringend umschalten muss. Eher leidet man ein wenig mit.

Auch die Jury-Urteile sind in der Regel (nur Joachim Llambi bildet da eine Ausnahme) wohlwollend, selbst, wenn es eine wie Heide Simonis so überhaupt nicht auf die Reihe bekommt. Motsi Mabuse und Jorge „Horhä“ Gonzalez finden fast immer etwas Positives, und wenn sie nichts Positives finden, sagen sie etwas Lustiges oder zumindest nichts Schreckliches. Sie sehen auch den Fortschritt, die Entwicklung, das halb volle Glas und nicht das halb leere. Und andersherum: Erfolge werden bei „Let’s Dance“ frenetisch im Kollektiv gefeiert (so weit man das als Zuschauer beurteilen kann) – die Jury mit den Tänzern und den Konkurrenten und den Zuschauern.

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Das sind die Profitänzer bei „Let’s Dance“ 2024

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Foto: RTL

Vielleicht sagen zwei von drei Jury-Mitgliedern aber auch deswegen nichts Vernichtendes, weil sie sehen, dass sich die Tänzerinnen und Tänzer anstrengen. Denn trainiert wird hart bei „Let’s Dance“, das sagen alle Kandidaten übereinstimmend. Mehrere Stunden täglich werden die Promis von ihren Profi-Tanzpartnern gedrillt. Und dabei kommen oft genug Überraschungen heraus: Pascal Hens, ehemaliger Handball-Profi und Weltmeister, hat 2019 die Staffel gewonnen und irrsinnig gut getanzt. Dschungelkönigin Evelyn Burdecki hat sich zu Beginn angestellt wie ein tollpatschiger Körper-Klaus und war am Ende immer noch keine Tanz-Göttin, aber doch sehr okay. Fernsehmann Ingolf Lück hat die Sendung mit 60 Jahren gewonnen und damit einen weltweiten „Let’s Dance“-Rekord aufgestellt. Nur dummes Zeug reden, nur lustig oder peinlich sein – das reicht nicht bei der Tanzshow. Anstrengung wollen Jury und Zuschauer sehen und den unbedingten Willen, das Allerbeste aus sich herauszuholen.

Und zuletzt: Bei RTL können übergewichtige, alte, untalentierte Menschen mittanzen – manche kommen weit, andere scheiden früh aus. Fast alle geben alles. Und darum geht’s.

Dieser Artikel erschien ursprünglich im Februar 2020 bei RP ONLINE. Anlässlich der neuen Staffel bieten wir ihn leicht angepasst noch einmal zum Lesen an.

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