„Tatort“-Kritik Frankfurt ist nicht Fargo

FRANKFURT · Der neue „Tatort“ aus Frankfurt wandelt auf den Spuren der Coen-Brüder. Das gelingt besser als befürchtet. Unsere Vorschau auf den neuen Fall aus Frankfurt.

 So sehen Sieger aus? Lukas „Sahni“ Sander (Ronald Kukulies, links) hält sich für ein kriminelles Genie. Sein Kompagnon Uwe Ohlberger (Godehard Giese) hegt leise Zweifel.

So sehen Sieger aus? Lukas „Sahni“ Sander (Ronald Kukulies, links) hält sich für ein kriminelles Genie. Sein Kompagnon Uwe Ohlberger (Godehard Giese) hegt leise Zweifel.

Foto: HR/Bettina Müller

Es ist eine diesige Herbstnacht, nasskalt und dunkel, doch im Büro einer Solar-Firma brennt noch Licht. „Hajo, du musst mal stillhalten“, flüstert Biggi Lohmann (Katharina Marie Schubert), die mit einem Revolver auf ihren Mann (Peter Trabner) zielt, der gefesselt auf einem Bürostuhl sitzt. „Bist du dir denn sicher, dass das die richtige Stelle ist?“, stößt er hervor – und bittet sie unter Tränen, noch einmal im Internet die Feinheiten beim Abfeuern nicht-tödlicher Schüsse zu recherchieren. Doch Biggi denkt nicht daran, weil sie voraus­denkt: „Neulich haben die einen überführt, der hat seine Frau getötet. Der hatte ein paar Tage vorher ‚Weinflasche voll Kopf kaputt‘ gegoogelt. Der sitzt jetzt im Gefängnis.“ Diese Tonart muss man mögen. „Falscher Hase“ ist schräg, aber kein schlechter Krimi.

Der zehnte Fall von Janneke (Margarita Broich) und Brix (Wolfram Koch) erzählt eine schwarzhumorige Geschichte über naive Menschen, die sich vor lauter Verzweiflung und Frust als Kriminelle versuchen. Dabei räubert die Macherin Emily Atef (Regie und Buch) hemmungslos beim Genreklassiker „Fargo“ der amerikanischen Brüder Joel und Ethan Coen. Fargo ist eine Stadt im US-Bundesstaat North Dakota – in der weite Teile des Films sowie der späteren gleichnamigen Serie überhaupt nicht spielen. Nicht mal, wo Fargo drauf steht, ist Fargo drin. Wo Frankfurt drauf steht, ist normalerweise Frankfurt drin, und diesmal eine gute Portion Weimar.

An die frühen, besseren Folgen der surrealen Milieustudien mit Lessing und Dorn (Christian Ulmen und Nora Tschirner) erinnert „Falscher Hase“ recht deutlich. Das liegt auch an Thorsten Merten, der in Weimar den Kripo-Chef spielt und hier den Wachmann der Solaranlage gibt, der in Minute drei erschossen wird, als er das Ehepaar überrascht. Seine Witwe (Judith Engel) berichtet Brix und Janneke von ihrer zerrütteten Ehe: „Wenn Sie jetzt nicht gekommen wären, dann hätte ich das vielleicht gar nicht gemerkt, dass der Jürgen fehlt. Vielleicht erst in ein paar Tagen.“ Tragikomik ist hier Trumpf, und das funktioniert besser als befürchtet. Schade, dass manche Scheußlichkeit an Frisuren und Requisite, Klamotten und Kosenamen etwas drüber ist.

Janneke und Brix treten nicht groß in Erscheinung, den Film tragen die Gaststars: Zu der unwahrscheinlichen Gangsterin Biggi, deren Entschlossenheit im selben Maße wächst wie ihre Chancen sinken, kommen der nerdige Träumer Uwe (Ronald Kukulies), dessen brutaler Kumpel „Sahni“ (Ronald Kukulies), der frustrierte Rick (Friedrich Mücke) und Alexei (Ilja Sorokin), der mit seinem langweiligen Leben eigentlich ganz zufrieden war.

„Tatort: Falscher Hase“, Das Erste,
So., 20.15 Uhr

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