Berlin Kinder träumen von der Freiheit

Berlin · "Zuckersand" ist ein berührender Film über eine Kinder-Freundschaft in der DDR der 70er Jahre.

Schaufel für Schaufel, Eimer für Eimer graben zwei Zehnjährige einen Krater in den sandigen Boden einer stillgelegten Werkstatt in Brandenburg. Fred und Jonas wollen nach Australien - und zwar auf dem direkten Weg, 12.742 Kilometer mitten durch die Erde. Doch über ihrer Freundschaft schwebt das Damoklesschwert von Jonas' Ausreise aus der DDR. Der Film "Zuckersand" spielt Ende der 1970er Jahre.

Die unterschiedlichen Systeme, Ost und West, prallen gewissermaßen in Form der Familien der beiden Jungen aufeinander: Freds Vater ist privilegierter Grenzbeamter, seine Frau linientreu. Fred selbst soll in einer Olympiaschmiede auf eine Karriere als Läufer vorbereitet werden. Jonas' alleinerziehende Mutter hingegen will in die Bundesrepublik. Auch wenn der Antrag lange nicht genehmigt wird, gelten sie und ihr Sohn im Dorf bereits als Staatsfeinde. Freds Vater verbietet seinem Sprössling den Umgang mit dem besten Freund.

Autor und Regisseur Dirk Kummer zeigt ein berührendes Drama über Freundschaft, das auf dem Filmfest in München in diesem Jahr mit dem Bernd-Burgemeister-Fernsehpreis ausgezeichnet wurde. Er hat darin auch Erfahrungen aus seiner eigenen Biografie verarbeitet. Phasenweise wirken die Bilder ausgeblichen, wie vergilbte Fotos aus jener Zeit oder nur noch wie undeutliche Erinnerungen. Das passt ganz gut zur Idylle und Leichtigkeit einer unbeschwerten Jugend.

Diese Unbekümmertheit ist es einerseits auch, die die Nachwuchsschauspieler Tilman Döbler und Valentin Wessely ihren Figuren mitgeben: "Wir kommen in die Fünfte. Spielen ist was für Kinder", ruft Fred an einer Stelle. Andererseits stellen die beiden eindrücklich auch die Sorgen dar, die sie sich wegen des nahenden Abschieds machen: "Wir können uns über 1000 Kilometer unterhalten ohne Sprache." Und zur Not muss Jonas vom Westen aus nach Australien reisen und dann Fred entgegenbuddeln. So geht Kinderlogik eben.

Der Film "Zuckersand" - benannt nach dem feinkörnigen Brandenburger Sand - hat viele humorvolle Szenen. So etwa das Schreckgespenst, mit dem Freds Vater am Küchentisch die ganze Familie erschaudern lässt, als es um den möglichen Verlust ihrer Vorzüge geht: "Oder wollt ihr nach Eisenhüttenstadt?" Eher beiläufig erzählt das Drama aber auch die politischen Zusammenhänge. Die Kinder hinterfragen Verbote und Zwänge. Und als die Geschichte der Ausreise von Jonas und seiner Mutter eine tragische Wendung nimmt, muss sich Freds Mutter entscheiden, ob sie sich dem Regime fügt oder ihrem Herzen folgt.

"Zuckersand", Das Erste, 20.15 Uhr

(dpa)
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