Karl Lauterbach bei „Maischberger“ „Armin Laschet hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen“

Düsseldorf · Sandra Maischberger will ein Fernduell ins Studio holen: SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach gegen den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki. Dabei bekommen allerdings andere Politiker ihr Fett weg.

Karl Lauterbach (l.) und Wolfgang Kubicki mit Moderatorin Sandra Maischberger bei „Maischberger - die Woche“ am 02.12.2020.

Karl Lauterbach (l.) und Wolfgang Kubicki mit Moderatorin Sandra Maischberger bei „Maischberger - die Woche“ am 02.12.2020.

Foto: ARD

Die Corona-Infektionszahlen bleiben in Deutschland trotz der Kontaktbeschränkungen auf einem hohen Niveau. Bei „Maischberger – die Woche“ diskutieren der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach und der Bundestagsvizepräsident Wolfang Kubicki (FDP) über den Kurs der Bundesregierung bei der Pandemiebekämpfung.

 Die Gäste:

  • Karl Lauterbach (SPD). Bundestagsabgeordneter und Epidemiologe
  • Wolfgang Kubicki (FDP), Bundestagsvizepräsident
  • Maren Kroymann, Kabarettistin
  • Oliver Köhr, Journalist
  • Jan Fleischhauer, Kolumnist
  • Elke Heidenreich, Schriftstellerin

 Darum ging’s:

Zwei Gäste sind zum Streiten eingeladen: Geharnischte Zitate von Karl Lauterbach und Wolfgang Kubicki über den jeweils anderen leiten den Teil der Sendung ein, in dem es um Corona-Maßnahmen geht. Doch die beiden lassen sich nicht als Streithähne hinstellen.

 Der Talkverlauf:

Bisher sei es ein Fernduell gewesen, nun erstmals im Studio – mit dieser Einleitung offenbart Moderatorin Sandra Maischberger ihre Erwartungshaltung und eröffnet mit Provokation. An den FDP-Politiker Wolfgang Kubicki gewandt greift sie ein eingangs eingeblendetes Zitat des SPD-Abgeordneten und Epidemiologen Karl Lauterbach auf, Kubicki stelle sich nicht unwissend, er sei unwissend. „Nehmen Sie das so an?“, fragt Maischberger. Kubicki bleibt gelassen. Er könne damit leben, sagt er.

Es hat eine gewisse Komik, dass Maischberger nun nachhakt, als ginge es um die Aufdeckung eines Skandals: „Hat er denn recht?“ Doch ein Streit will sich partout nicht einstellen. „Aus seiner Sicht schon“, antwortet Kubicki und fügt hinzu: „Er versteht ein bisschen mehr von Viren, ich verstehe ein bisschen mehr von Recht.“

Auf die rechtliche Seite der Corona-Maßnahmen kommt er später dann auch zu sprechen. „Einheitlichkeit ist kein infektionsrechtliches Kriterium“, sagt Kubicki angesichts bundesweiter Regelungen und fragt danach, wo das Infektionsrisiko sei. An Orten mit geringer Inzidenz seien Einschränkungen schwer zu erklären, und für die Wirksamkeit einer Schließung von Restaurants, die Hygienekonzepte umgesetzt haben, fehle die Evidenz.

Doch Lauterbach hat Fakten parat, die diese Lücke schließen. In anderen Ländern, in denen die Infektionsnachverfolgung angesichts geringerer Zahlen funktioniert, hätten Studien gezeigt: Das Risiko besteht „überall, wo viel geatmet wird“, in Fitnessstudios, Restaurants, Bars, Hotels. Ansteckung passiere in Gruppen über die Atemluft – und meist dann, wenn keine Masken getragen werden, etwa beim Essen. Raumtrenner und so fort änderten daran nichts, weil die Aerosole in der Luft verteilt seien. Den Sommer über mit offenen Fenstern oder im Freien sei beim Essen wegen der Durchlüftung nichts weiter passiert, aber in einem geschlossenen Raum fülle sich die Luft mit Viren, selbst wenn nur einer infiziert sei. Da steckten sich dann viele an, noch nachdem der Auslöser längst zu Hause sei.

Ein weiteres Lauterbach-Zitat soll diesmal eben jenen aus der Reserve locken: seine Äußerung, dass die Polizei Privatpartys mit 30 oder 40 Personen auflösen solle. Das habe er doch längst klargestellt, meint Lauterbach. Und auch Kubicki räumt ein, dass die Polizei bei Ruhestörungen ebenfalls ganz rechtmäßig klingelt. Daraufhin zieht Maischberger Kubickis Parteivorsitzenden Christian Lindner heran. Der habe Lauterbachs Äußerung doch sogar im Bundestag kritisiert.

Lauterbach berichtet, er habe sich danach umgehend bei Lindner beschwert. „Der Vorwurf, dass ich damit andeuten wollte, man geht mit der Ramme in die Haustür, tritt die Tür ein und löst das auf – dieser Vorwurf war mir von der AfD gemacht worden“, sagt Lauterbach. Von „Herrn Gauland“ erwarte er gar nichts, was Etikette, Höflichkeit und Fairness angehe. Aber von Herrn Lindner schon.

Der Kolumnist Jan Fleischhauer bringt die Kontaktnachverfolgung per App ins Gespräch. Seiner Ansicht nach müsste sie mit weniger strengem Datenschutz versehen werden. Als Indiz dafür führt er asiatische Länder an. Aber Lauterbach gießt Wasser in den Wein. Asiatische Länder hätten Erfolg mit der Nachverfolgung nicht wegen einer App, sondern weil sie durch strenge Shutdowns die Infektionszahlen so lange gedrückt hätten, bis es nur noch sehr wenige Ausbrüche gegeben habe, und die ließen sich dann genau nachverfolgen.

Lauterbach berichtet, zusammen mit einigen Kollegen habe er dieselbe Strategie für Deutschland vorgeschlagen – am Ende des ersten Lockdowns. Nun will Maischberger wissen, warum dieser Vorschlag denn dann nicht umgesetzt wurde. Die Ministerpräsidenten seien dagegen gewesen, so Lauterbach. „Armin Laschet hat die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und gesagt, das kommt überhaupt nicht in Frage.“

Kubicki führt an, dass einige Bundesländer tatsächlich mit Corona-Maßnahmen viel erreicht hätten. Schleswig-Holstein etwa, dort gebe es bereits seit Juni eine Kontaktbeschränkung von 10 Personen. Nun würden die Tierparks wieder geöffnet. „Und die Restaurants?“, fragt Maischberger ketzerisch, und Kubicki stockt: „Sie müssen auch sehen: Solange der Bund das Geld gibt …“ Lauterbach macht dazu große Augen. Das könne doch nicht die Einstellung sein, ruft er. Aber großen Streit gibt es nicht.

Schließlich darf die Kabarettistin Maren Kroymann darstellen, was eine Laiin beim Thema Impfstoffe verunsichert: Erst hieß es, das dauere bis mindestens Sommer 2021, weil ein Impfstoff umfassend getestet werden müsse – könne das so viel früher denn nun sicher sein? Da sind Kubicki und Lauterbach ein Herz und eine Seele: Beide würden sich ohne zu zögern mit den beiden Stoffen impfen lassen, die derzeit kurz vor der Zulassung stehen. Damit beendet Maischberger deren Redezeit. „Vielen Dank fürs Streiten“, sagt sie.

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