Mainz Jan Böhmermann triumphiert

Mainz · Der ZDF-Satiriker hat sich in einem Video zur Einstellung der Ermittlungen gegen ihn geäußert.

Jan Böhmermann wäre nicht er selbst, wenn er das Ende der Ermittlungen gegen ihn unkommentiert gelassen hätte. In einer Videobotschaft meldete sich der TV-Moderator darum gestern bei Youtube zu Wort. Die Kernaussage vorneweg: Es war alles nur ein Witz.

Die Staatsanwaltschaft Mainz hatte am Dienstag mitgeteilt, dass strafbare Handlungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen seien. Böhmermann formuliert es in seiner Videobotschaft anders: "Ich freue mich, dass die Staatsanwaltschaft Mainz mein juristisches Proseminar zum Thema ,Was ist eigentlich Schmähkritik?' in den entsprechenden inhaltlichen und zeitlichen Kontext gestellt hat und außerdem zu dem Schluss gekommen ist, dass ich, verkürzt gesagt, ein unseriöser Quatschvogel bin, der beruflich Blödsinn macht."

Damit stünde vorerst amtlich fest: "Es geht im Kern um einen Witz." Dieser sei kein Versehen, kein Zufall und kein Ausrutscher gewesen, sondern sorgfältig geplant und - wie vor jeder Sendung üblich - vom ZDF abgenommen worden. Politik, die grundlegende Werte und Prinzipien wie die Meinungs- und Kunstfreiheit standfest und notfalls offensiv verteidigt, könne jeden noch so geschmacklosen Witz souverän weglachen. "Wenn ein Witz eine Staatskrise auslöst, ist das nicht das Problem des Witzes, sondern des Staates", sagt der 35-Jährige. Auch an der Türkei übt er erneut Kritik: "Während Sie dieses Video sehen, sitzen in der Türkei Menschen in Haft ohne Chance auf einen fairen Prozess, weil sie sich kritisch mit ihrem Land auseinandergesetzt haben, öffentlich oder in einem großen Kreis eine andere Meinung vertreten haben als erlaubt."

Ende März hatte der Grimme-Preisträger in seiner Late-Night-Show "Neo Magazin Royale" im ZDF sein Gedicht "Schmähkritik" vorgetragen. Darin bezeichnete er Recep Tayyip Erdogan unter anderem als "Ziegenficker". Der türkische Präsident tobte. Nachdem die Bundesregierung wegen des Verlangens der türkischen Regierung eine Ermächtigung erteilt hatte, ermittelte die Staatsanwaltschaft Mainz. Es ging um den Verdacht der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes. Böhmermann stand vorübergehend unter Polizeischutz, wochenlang war er von den TV-Bildschirmen verschwunden.

Der deutsch-türkische Abgeordnete Mustafa Yeneroglu nannte es gestern einen "Skandal", dass die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Böhmermann eingestellt hat. Das sei "ein Armutszeugnis für die deutsche Justiz", sagte der Erdogan-Vertraute. Er gehe davon aus, dass Erdogan Beschwerde gegen die Entscheidung einlegen werde. Die Staatsanwaltschaft habe sich "mitreißen lassen von der allgemeinen Stimmung gegen den türkischen Präsidenten und dabei jegliches Gespür für die juristische Rechtsanwendung verloren". Regierungssprecher Steffen Seibert wollte die Gerichtsentscheidung nicht kommentieren: "Es ist alles gesagt."

Innerhalb kürzester Zeit hatten über 15.000 Menschen Böhmermanns knapp siebenminütiges Video gesehen, bei Facebook bekam es mehr als 10.000 "Gefällt mir"-Angaben. Noch ist die Sache für ihn aber nicht ausgestanden. Eine Privatklage Erdogans gegen den Satiriker soll am 2. November in Hamburg vor Gericht kommen.

(RP)
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