Schwierige Aufgabe für Louis Klamroth Warum „Hart aber fair“ angezählt ist
Analyse | Düsseldorf/ Hamburg · Erst kürzlich hatte sich die ARD dazu durchgerungen, die Sendung bis 2025 zu verlängern. Nun muss sich Louis Klamroth schon wieder beweisen. Welche Talk-Kollegin ihm dabei gefährlich werden könnte.
Es sind erst wenige Tage vergangen, seitdem „Hart aber fair“ aus der Sommerpause zurückgekehrt ist. Für zweifelhafte Schlagzeilen hat die Talkshow trotzdem schon gesorgt. Als Moderator Louis Klamroth an diesem Montag mit seinen Gästen den Nahostkonflikt und die Rolle Israels im Krieg diskutierte, stritten sich unter anderem Komikerin Enissa Amani und CDU-Politikerin Julia Klöckner heftig. Am Ende trug der Krawall weder zu einer sachlichen Debatte noch zu guten Quoten bei. Im Gegenteil: Der Marktanteil von „Hart aber fair“ blieb am Montag bei unterdurchschnittlichen 8,4 Prozent stecken. Immerhin gab auch Klamroth im Nachhinein zu, dass das „keine ganz einfache Sendung“ gewesen sei.
Nicht ganz einfach waren schon die vergangenen Monate für den Moderator. Innerhalb von etwas mehr als einem Jahr hat der 34-Jährige mit seinem Vorgänger bei „Hart aber fair“ gebrochen, die Talkshow nach eigenen Vorstellungen umgebaut und sich schließlich eine Runde weiter gezittert. Die Entscheidung, „Hart aber fair“ bis mindestens 2025 zu verlängern, ist zweifellos ein Erfolg für Klamroth. Doch die vorläufige Versetzung ist an Bedingungen geknüpft, die dem Moderator und seinem Team noch einiges abverlangen dürften. „Hart aber fair“ ist angezählt.
Rückblick: Im Juni 2023 berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ erstmalig von Verwerfungen hinter den Kulissen der Talkshow. Damals hieß es, dass die Sendung nicht so weitergehen könne wie bisher. Der Grund: Louis Klamroth, der das Format damals seit einem halben Jahr präsentierte, wollte „Hart aber fair“ lieber mit seiner eigenen Firma produzieren – und nicht mehr mit „Ansager & Schnipselmann“ von Frank Plasberg. Wochenlang herrschte keine Klarheit, wie es weitergehen würde. Dann wurde bekannt, dass Klamroths Produktionsfirma „Florida Factual“ den Zuschlag ab 2025 tatsächlich erhalten würde.
Es war der erste, mühsam errungene Erfolg für Klamroth. Doch sein Bruch mit Plasberg förderte auch den Zwist der beiden zutage. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entfremdung: Ein Interview bei „DWDL“, in dem Plasberg mit seinem Nachfolger abrechnete. „Ich musste 66 Jahre alt werden, um einen vordergründig so freundlichen Menschen mit einer solchen Vorgehensweise kennenzulernen“, sagte Plasberg. Einige Wochen später reagierte Klamroth im Gespräch mit unserer Redaktion. „Ich erinnere die Ereignisse gänzlich anders“, entgegnete er.
Der Konflikt zwischen Plasberg und Klamroth war kaum abgekühlt, da ließ der WDR durchblicken, dass die Zukunft von „Hart aber fair“ alles andere als gewiss ist. Quoten und Abrufzahlen würden als Basis für die Beratungen zur Zukunft der Sendung dienen, hieß es von der ARD im Juli. Das gesetzte Quotenziel konnte die Talkshow demnach überbieten, bei den Abrufzahlen blieb man aber hinter den Erwartungen zurück. Trotzdem: Am Ende stand Klamroths zweiter Erfolg. Die ARD entschied sich für eine Verlängerung von „Hart aber fair“, das somit auch 2025 zu sehen sein soll. Zugleich erklärte man, dass eine „neue, veränderte Konstellation der ARD-Talkstrecke erarbeitet werden“ solle.
Dabei hat Klamroth seine Sendung seit diesem Jahr schon merklich weiterentwickelt. Er änderte das Studiodesign, schraubte am Konzept und führte den Mediathek-Ableger „Hart aber fair to go“ ein. Die Sendung soll dabei helfen, stärkere Online-Abrufzahlen zu erreichen und junges Publikum zu gewinnen. Doch damit nicht genug: Eine Folge von „Hart aber fair“ wurde kürzlich nur für die Mediathek produziert, eine andere endete nach der TV-Ausstrahlung exklusiv im Netz. Und dennoch: Die Zielvorgaben erreichte Klamroth trotz der immensen Kraftanstrengung nicht.
Vielleicht ist das Konzept von „Hart aber fair“ schlicht überholt. Viele Gäste, Krawall, der oft wie vorprogrammiert wirkt und Laien, die als Vertreter des Volkes auf Politiker treffen: Das scheint nicht mehr zeitgemäß. Andere Talkshows, etwa die von Markus Lanz, machen es längst anders. Sie setzen auf weniger Gäste, tiefgehende Einzelgespräche und verzichten auf Publikum. „Hart aber fair“ hingegen hat den Arenen-Charakter seit dem Neustart noch gestärkt. Das braucht es in Zeiten starker politischer Polarisierung nicht – und erschwert eine ernsthafte Auseinandersetzung mit schwierigen Themen, wie nicht zuletzt die Sendung von Montag zeigte. Stellenweise wirkt „Hart aber fair“ wie aus der Zeit gefallen.
Hinzu kommt, dass die Konkurrenz nicht schläft. Zuletzt probierte Das Erste einige Folgen der Talkshow von Sandra Maischberger auf neuem Sendeplatz aus. Sie läuft regulär am Dienstag und Mittwoch; kürzlich war sie testweise auch am Montag zu sehen – und damit an dem Tag, der sonst eigentlich „Hart aber fair“ vorbehalten ist. Die Einschaltquoten stimmten bei dem Testlauf auf Anhieb. Anders bei „Hart aber fair“: Als die Sendung Anfang August aus der Sommerpause zurückkehrte, setzte es bei den 14- bis 49-jährigen Zuschauern mit 3,5 Prozent Marktanteil sogar den schwächsten Wert seit Klamroths Übernahme. Wer auch immer die Idee hatte, die Sendung gegen Olympia im Gegenprogramm zurückzuholen: Es war keine gute.
Auch das untermauert, dass für die Redaktion einiges zu tun bleibt. Louis Klamroth hat zwar bewiesen, dass er sich auch in schwierigen Situationen durchsetzen kann. Und dennoch: Das 23 Jahre alte „Hart aber fair“ zum Internet-Hit zu machen und zugleich Quotenerwartungen im Fernsehen zu erfüllen, dürfte sein bislang schwerste Aufgabe werden.