Letzter Bremen-„Tatort“ Lürsen und Stedefreund verabschieden sich mit großem Besteck

Bremen · In ihrem letzten Bremer „Tatort“ lassen Lürsen und Stedefreund es krachen. Ganz ohne Wehmut geht es aber nicht.

 Nach 34 gemeinsamen Fällen ist Schluss für das Bremer „Tatort“-Duo mit Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen).

Nach 34 gemeinsamen Fällen ist Schluss für das Bremer „Tatort“-Duo mit Inga Lürsen (Sabine Postel) und Nils Stedefreund (Oliver Mommsen).

Foto: Radio Bremen/ARD Degeto/Christine Schroeder

Zwei Ermittler wagen den Absprung: Das gilt für den letzten Bremer „Tatort“ mit Sabine Postel als Inga Lürsen und Oliver Mommsen als Nils Stedefreund gleich zu Beginn ganz buchstäblich. Die beiden machen einen Tandem-Fallschirmsprung aus dem Flugzeug heraus, eine Wettschuld, die eingelöst wird. „Wenn du jetzt nicht springst, springst du nie“, sagt Stedefreund zu seiner ängstlichen Kollegin. Dann geht’s los, eng umschlungen Richtung blauer Himmel, und Lürsen singt, ganz beschwingt, „Über den Wolken“. Der 34. und letzte gemeinsame Fall des Duos, „Wo ist nur mein Schatz geblieben?“ ist das Ende einer Ära.

Sabine Postel ermittelt seit 22 Jahren und 39 Fällen im Bremer „Tatort“, seit 18 Jahren ist Oliver Mommsen als Nils Stedefreund an ihrer Seite zu sehen. Wirklich spektakulär wurde es nur selten (eine Ausnahme bildete etwa „Der Hundertste Affe“ von 2016, in dem 25 Menschen ihr Leben lassen mussten) – die durchschnittlich mehr als neun Millionen Zuschauer zeigen aber, dass das kein Nachteil sein muss. Im Gegenteil: Umfragen zufolge gehören die beiden zu den beliebtesten Kommissaren der Reihe. Unaufgeregt, manchmal beinahe schon kühl, kam vor allem Ermittlerin Lürsen herüber – und anders als in anderen Städten spielte in Bremen das Privatleben der Ermittler meist nur eine angenehm kleine Nebenrolle. Auch Streitigkeiten im Team, die etwa den „Tatort“ aus Dortmund prägen, gab es kaum, Lürsen und Stedefreund waren einander stets vertraut und äußerst loyal.

Genau dieses Verhältnis wird in ihrem letzten gemeinsamen Auftritt allerdings auf die Probe gestellt. Eine junge Frau wird ermordet aufgefunden, die Leiche wurde mit Formaldehyd gewaschen, die Fingernägel kurz geschnitten. Die Tote arbeitete für eine Immobilienfirma – und viel weiter kommen Lürsen und Stedefreund erst einmal nicht. Ihre Nachforschungen werden massiv behindert, zwei manchmal gerade zu grotesk unseriöse BKA-Beamte signalisieren, dass sie einen verdeckten Ermittler in die Firma eingeschleust haben. Sie vermuten die tschetschenische Mafia hinter der Firma, Geldwäsche ist das Stichwort – und die Bremer Kommissare sollen den großen Coup auf keinen Fall durch eine lästige Mordermittlung vermasseln.

Lürsen ist das ziemlich egal, Stedefreund zögert dagegen – und seine Kollegin und auch der Zuschauer spüren sofort: Da stimmt etwas nicht. Sie kontaktiert Kriminaltechnikerin Linda Selb vom BKA (Luise Wolfram), die schon in früheren Folgen mehrfach zu sehen war. „Nicht jede Wahrheit muss ans Licht“, sagt Selb. „Diese schon“, entgegnet Lürsen. Die Suche nach dieser Wahrheit entwickelt sich dann schnell zum großen Drama: Organisierte Kriminalität, korrupte Beamte, Dämonen der Vergangenheit und ein Herzschlagfinale mit Spezialeinsatzkommando. „Da haben die echt nochmal das ganz große Besteck rausgeholt. Zum Schluss nochmal tief in die Tasche gegriffen, ein paar Euro mehr ausgegeben und uns den ganz großen Abenteuerspielplatz geschaffen“, sagt Oliver Mommsen.

Und das gelingt: Der Krimi ist nicht überladen, selten überzeichnet und nie albern. Es ist ein packendes und atmosphärisch gefilmtes Finale für das Bremer Duo. Und immer wieder bleibt Raum für ruhige Zwischentöne, die die besondere Beziehung der beiden in den Mittelpunkt rücken. Regisseur Florian Baxmeyer, der am Drehbuch mitschrieb, hat schon mehrere Bremer Folgen inszeniert – und entschied, wie es mit den Kommissaren zu Ende geht. „Florian hat bei uns mit die schönsten ,Tatorte’ gemacht. Wenn der sich hinsetzt und sich vornimmt, ein großartiges Ende zu schreiben, dann schafft er das auch“, sagt Postel. Er habe auf die große Oper gehofft, sagt Mommsen, „und ich bin nicht enttäuscht worden“.

Mit dem Abschied des Teams endet indes nicht Bremens Ära als „Tatort“-Stadt. Schon Anfang des kommenden Jahres soll Senderangaben zufolge der neue Fall gedreht werden. Wer dann in der Hansestadt ermittelt, steht aber noch nicht fest.

„Tatort: Wo ist nur mein Schatz geblieben?“, Das Erste, Mo., 20.15 Uhr

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