Hans Sigl "Im ,Bergdoktor' gibt es keine heile Welt"
Ellmau · Der Österreicher Hans Sigl spielt seit sechs Jahren den "Bergdoktor" Martin Gruber. In einem Winter-Special (ZDF, Sonntag, 20.15 Uhr) erlebt der Arzt eine Extremsituation: Bei einem Notfall unterläuft ihm ein Fehler, ein Mädchen stirbt. Er gibt seinen Beruf auf und flieht in die Südtiroler Berge auf einen Hof, dessen Bewohner sich in gegenseitigen Schuldzuweisungen verstrickt haben.
Können Sie gut verzeihen?
Sigl Ich habe zwar ein gutes Gedächtnis, ich vergesse nicht schnell. Aber ich kann gut verzeihen.
Im "Bergdoktor"-Special geht es um Schuld, Sühne und Vergebung. Eine schwere Kost für den vierten Advent.
Sigl Der Reiz eines Specials liegt darin, dass man sich einem Thema anders nähern und eine Geschichte anders erzählen kann. Martin Gruber befindet sich in einer Ausnahmesituation. Der Film zeigt, wie es ihm gelingt, seinen Weg im Leben wiederzufinden. Aber alle "Bergdoktor"-Filme spiegeln selten eine heile Welt. Dieses "Friede, Freude, Eierkuchen" ist ein Überbleibsel einer Generation von Heimatfilmen, die es schon lange nicht mehr gibt.
Am 8. Januar startet zudem die achte Staffel - wieder mit jeder Folge in Spielfilmlänge. Wie wichtig sind diese 90 Minuten?
Sigl Wir genießen sehr, dass wir in 90 Minuten dramaturgisch ganz andere Möglichkeiten haben, eine Geschichte zu erzählen. Bei 45 Minuten hatten wir schon Mühe, gewisse Krankheitsgeschichten so zu verdichten, dass in einer Folge Menschen krank und wieder geheilt wurden. Jetzt können wir auch mehr auf die Nebenfiguren eingehen und Handlungsstränge horizontal erzählen - ein großer Luxus.
Die Quoten liegen weiter über der Sechs-Millionen-Marke.
Sigl Wir sind stolz darauf, die Zahlen waren sehr gut. Wobei Quoten für uns Schauspieler nicht das Ausschlaggebende sind, sie sind eher die Mathematik des Senders.
Am Drehort in Ellmau gibt es "Bergdoktor"-Fan-Wochen und -Feste - der Tourismusdirektor müsste Ihnen bei jedem Besuch die Füße küssen.
Sigl Die Füße küssen wäre etwas übertrieben. Aber die Region ist schon sehr glücklich, dass wir dort drehen und der Ort auch im Film Ellmau heißt. In der Gemeinde hat sich eine schöne Form des Filmtourismus etabliert, den man von anderen Serien kennt. Es fahren ja bis heute Menschen ins Glottertal zum Drehort der "Schwarzwaldklinik".
Ist ein Ende für Sie als "Bergdoktor" absehbar oder unvorstellbar?
Sigl Wenn ich bei den Dreharbeiten mit dem Team zusammen bin, ist ein Abschied immer unvorstellbar, weil ich die Arbeit und die Kollegen so sehr ins Herz geschlossen habe. Aber irgendwann wird ein Punkt kommen, an dem ich sage, dass die Geschichten vielleicht auserzählt sind oder ich Lust habe, mich neuen Dingen zu widmen.
Was würde Sie reizen?
Sigl Früher habe ich viel auf der Bühne gestanden und auch Musicals gespielt. Als Musical-Darsteller habe ich mich immer sehr wohl gefühlt. Wenn ich in zehn Jahren zum Beispiel "Anatevka" spielen dürfte, würde ich mich sehr freuen.
Sie haben in diesem Jahr den Fernsehpreis moderiert. Wäre Moderation auch eine neue Herausforderung?
Sigl Viele wissen nicht, dass ich vor der Schauspielerei als Radio-Moderator gearbeitet und viele Live-Geschichten gemacht habe. Deshalb war das für mich ein Ausflug in ein Genre, das ich gerne mag und das mir vertraut ist. Ich merke aber auch, dass man in einem starren Fernsehsystem immer wieder Schwierigkeiten hat, etwas anderes zu machen. Wenn ein Schauspieler moderiert, fragen sich viele: Warum macht er das denn? Aber es war eine tolle Erfahrung, mit den Kollegen Klaas Heufer-Umlauf und Sandra Maischberger den Fernsehpreis zu präsentieren. Ich würde schon gerne wieder mehr moderieren.
Zusammen mit Christof Hintze machen Sie als "Hintze und Sigl" Kabarett. Was sagt der Kabarettist Sigl über das Jahr 2014?
Sigl Für meinen Jahresrückblick wäre die Fußball-Weltmeisterschaft ein schönes Beispiel, wie man in einem Land gewisse Gesetzesentwürfe durchbringen kann, weil das Volk mit Fußball ruhiggestellt ist. Dann kann man hintenrum fein regieren.
Für "Hörfreund" lesen Sie Entspannung-CDs. Wie schalten Sie ab?
Sigl Ganz unterschiedlich. Das kann bei einer Runde Golf oder bei einem Spaziergang sein. Wichtig ist, dass ich mir überhaupt die Zeit nehme. Mittlerweile kann ich schon auf zwei Stunden Abschalten stolz sein, weil es einfach so viel zu tun gibt. Aber wenn man bewusst nur da sitzt, die Augen zumacht und schöne Musik hört, dann hat man schon etwas geschafft.
Ist Weihnachten für Sie mehr Stress oder mehr Freude?
Sigl Eindeutig Freude. Nur kurzzeitig ist es Stress, wenn man in der vollen Innenstadt versucht, unbeschadet von einem Stand auf dem Weihnachtsmarkt zum anderen oder von Geschäft zu Geschäft zu wechseln.
Wie verbringen Sie Weihnachten?
Sigl Das weiß ich noch nicht. Auf jeden Fall in einer angenehmen Umgebung.
Zu der Schnee und Berge gehören?
Sigl Nicht zwingend. Könnte auch sein, dass ich ganz woanders bin.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE M. STÖCKER