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TV-Talk "Maybrit Illner" "Jamaika ist kein Ego-Trip, sondern eine Gruppenreise"

Düsseldorf · Eigentlich sollte diskutiert werden, wofür der Milliardenüberschuss im Bundeshaushalt genutzt werden könnte. Vielmehr wurde bei "Maybrit Illner" aber deutlich, dass die Stimmung bei den Jamaika-Verhandlungen angeschlagen sein dürfte - irgendwo zwischen griesgrämig und genervt.

Darum ging's

Die Jamaika-Verhandler reden übers Geld. Bei Vermögenssteuer und Solidarzuschlag liegen sie weit auseinander, Einigkeit gibt es bei der "schwarzen Null". Die Wunschliste, was mit dem Überschuss von 30 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren geschieht, ist jedoch lang. Fünf Gäste — drei Politiker, ein Herausgeber und ein Verbandschef — diskutieren mit Moderatorin Maybrit Illner zum Thema: "Jamaikas Griff in die Kasse — wer guckt am Ende in die Röhre?"

Darum ging's wirklich

Die Debatte, bei der die Gefühlslage mehrerer Teilnehmer zwischen griesgrämig, genervt und verärgert zu changieren schien, trug nicht dazu bei, Zuversicht zu wecken, was das Ergebnis der Sondierungsgespräche betrifft. Während die Spannbreite an Meinungen, wofür der Milliardenüberschuss verwendet werden soll, groß war, waren sich alle zumindest einig, wo gespart werden kann: bei der Bundeswehr.

Die Gäste

  • Jens Spahn, CDU, geschäftsführender Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für besondere Aufgaben
  • Wolfgang Kubicki, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP
  • Robert Habeck, Bündnis 90/Die Grünen, stellvertretender Ministerpräsident und Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein
  • Gabor Steingart, Herausgeber des "Handelsblatt", Journalist, Autor und Manager
  • Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des "Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes", einfaches Mitglied der Linkspartei

Frontverlauf

Die Auftaktfrage von Moderatorin Maybrit Illner an den Vize-Bundesvorsitzenden der FDP, Wolfgang Kubicki, gab schon eine Vorahnung von der Stimmung in der Sendung. Sie wollte wissen, wie die Sondierungsverhandlungen zu Jamaika liefen: "Wir sind in der Sache noch keinen wirklichen Schritt vorangekommen", sagt dieser brummelnd.

Bündnis 90/Die Grünen-Vertreter Robert Habeck ist stellvertretender Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, wo bereits eine Jamaika-Koalition regiert. Aus dieser Erfahrung heraus sagt Habeck, dass die Themen im Bund viel komplexer seien, und die Medienbeobachtung intensiver. Entsprechend schwerer sei es, eine Einigung zu erzielen, gerade, wenn sehr schnell "Verrat" gerufen werde.

Illner fragt weiter bei Jens Spahn von der CDU: "Wie lange kann man noch so weitermachen?" "Eines ist klar geworden", antwortet Spahn. "Jamaika ist kein Egotrip, sondern klappt nur als Gruppenreise." Die Herausforderung sei, dass nicht alle vom gleichen Startpunkt starteten. Diese müsste man erst einmal aneinander angleichen, bevor man sich gemeinsam auf die Reise machen könne. Auch bei ihm, der am Abend noch am häufigsten versucht, Positives in die Runde zu bringen, hält sich der Enthusiasmus in spürbaren Grenzen: "Niemand hat im Wahlkampf für Jamaika gekämpft, das ist nun mal so. Wenn es nun so ist, dann sollten wir auch das Beste daraus zu machen." Er bevorzuge, dass lieber jetzt zu Beginn heftig gestritten werde. "Sonst lassen wir es besser", fügt er hinzu, und meint die Jamaika-Koalition.

"Schwarze Null"

Beim Thema "Schwarze Null" wird bald klar, dass die Meinungen sich am Tisch unterscheiden. Habeck sagt, dass ein konsolidierter Haushalt zwar wichtig sei, dass es aber durchaus verfassungsmäßigen Spielraum gebe, wenn die Null nicht zu erreichen sei. Manchmal sei es auch nicht sinnvoll, eine Maßnahme nicht durchzuführen, weil das Unterlassen noch zu größeren Kosten führen könne, sagt Habeck.

Ulrich Schneider, der Hauptgeschäftsführer des "Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes", macht seine Meinung unmissverständlich deutlich: "Ich halte es für unsinnig, wo Geld derartig billig ist, keine Schulden zu machen." Schulden zu machen sei betriebs- und volkswirtschaftlich vernünftig: "Wir müssen das tun, um Wünschen zu entsprechen, und einiges ist bitter notwendig." Spahn, der neben ihm sitzt, sieht das anders: Er wehrt sich im Verlauf der Diskussion mehrfach dagegen, dass Schneider wiederholt und mit Nachdruck mehr Geld von der Regierung fordert. Das sei für ihn keine Lösung.

"Warum ist Sondieren so schwer?", gibt Illner die Frage an ihren Journalistenkollegen Gabor Steingart, den Herausgeber der Wirtschaftszeitung "Handelsblatt". "Weil sich alle Beteiligten schwertun, wie die Raupe Nimmersatt, damit klarzukommen, dass Steuern ein begrenztes und hochwertiges Gut sind", sagt Steingart. "Was jetzt zur Verfügung steht, ist einmal die Bundeswehr. Das ist eine Menge Geld." FDF-Vertreter Kubicki mahnt zur Mäßigung: "Aus Generationsgerechtigkeitsgründen dürfen wir nicht mehr ausgeben als wir einnehmen."

Illner versucht herauszukitzeln, ob die Parteien bei den Verhandlungen versuchen, gewisse "Herzensangelegenheiten" durchzusetzen, um zumindest mit einem Teilerfolg aus den Verhandlungen zu gehen. Habeck und Spahn wollen davon nichts wissen.

Spahn mahnt, Konsequenzen aus der Bundestagswahl vom 24. September zu ziehen. "Wir haben alle am 24. September Vertrauen verloren. Jeder fünfte Wähler hat Spalter von links oder rechts gewählt". Einem solchen Resultat komme man nur mit konkreten Lösungen bei. "Wenn wir in Realität Probleme lösen können, dann hat Jamaika echte Chance. Wenn wir bei Formelkompromissen bleiben, dann lassen wir es lieber."

Kinderarmut

Kubicki, der es an dem Abend eilig zu haben scheint, rattert im Eiltempo einen Forderungskatalog herunter. Er wolle die Schulen so ausstatten, dass man die Probleme nicht nach Hause verlagert. "Ich kann nicht akzeptieren, dass 50.000 Schüler ohne Abschluss die Schule verlassen." Außerdem müsse etwas für die Langzeitarbeitslosen tun, deren Zahl sich auf eine Million eingependelt hat. Aber: "Wir machen dadurch die Gesellschaft nicht gerechter, Hartz IV dauerhaft anzuheben."

Auch Habeck will mehr ins Bildungssystem sowie in Kinder investieren. "Kinderarmut gehört sich nicht für eine reiche Gesellschaft", sagt der Grünen-Politiker. "Aber wir brauchen eine Stärkung der Institution." Er schlägt vor, das Mittagessen an Schulen für die Schüler kostenlos zu machen. Aber nicht nur das: "Wir müssen besseres Sicherheitsnetz auf allen Ebenen schaffen."

Spahn will sich den negativen Vorreden nicht anschließen. Er mahnt an, die Verhältnismäßigkeit zu sehen. Deutschland habe sehr viel in Soziales investiert und es geht den Menschen im Vergleich zu anderen Ländern gut. Auch den Migranten, die nach Deutschland kämen und Leistungen bezögen, gehe es mitunter insgesamt gesehen so gut wie nie in ihrem Leben. "Wir helfen, gerne aus humanitärer Verpflichtung", schiebt er wenig überzeugend nach. Schneider mahnt später, dass jedes Kind, egal ob Migrant oder nicht, nun in Deutschland lebe und entsprechend versorgt werden müsse. "Brauchen wir einen Flüchtlingssoli?", fragt Illner provokant. "Wenn wir wollen, dass die AfD 30 Prozent bekommt", antwortet der FDP-Politiker Kubicki trocken.

Zeitalter der Überforderung

Wie viele "Jahrhundertaufgaben" gebe es noch zu lösen, will Illner von Steingart wissen. "Wir leben in einem Zeitalter der Überforderung", sagt der "Handelsblatt"-Herausgeber. Habeck stimmt ihm zu, will aber nicht eine einzige Aufgabe herauspicken, die dringlicher ist als andere: "Es ist so, dass es viel gleichzeitig zu lösen gibt. Es gibt so unendlich scheißviele Aufgaben zu lösen."

Bei der Frage, was man denn von der Finanzierungsliste streichen könnte, wird die Bundeswehr mehrfach genannt. Steingart will den Föderalismus streichen, "das ist von vorgestern". Für Kubicki gehören Subventionen von Elektroautos auf die Streichliste. Habeck will bei der Stabilitätsreserve für Braunkohlekraftwerke und beim Dienstwagenprivileg den Rotstift ansetzen.

Bei der Schlussfrage, wer Finanzminister der Jamaika-Koalition werden könnte, bringt Steingart gar die SPD, die sich freiwillig in die Opposition verabschiedet hat, wieder ins Spiel. "Ich glaube, die Messe ist noch nicht gesungen", sagt der Journalist. "Ich kann nur sagen, wenn die Grünen Habeck nach Berlin holen, dann hält Jamaika" schließt Kubicki versöhnlich ab.

(sbl)
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