ARD zeigt Film über Cybermobbing "Homevideo" - Am virtuellen Pranger

Hamburg (RPO). Jakob ist ein sensibler Junge mitten in der Pubertät. Kein Außenseiter, dafür frisch verliebt. Ein ganz normaler Jugendlicher, der oft in sozialen Netzwerken chattet und alles, was ihn bewegt, mit seiner Videokamera festhält. Doch dann gerät seine Welt plötzlich aus den Fugen. Am Mittwoch wird der Film im TV gezeigt.

Szenen aus "Homevideo"
9 Bilder

Szenen aus "Homevideo"

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Er verliert sein Gesicht, wird Freiwild, stürzt ins Bodenlose. Die beklemmende Geschichte einer Cybermobbing-Attacke erzählt Regisseur Kilian Riedhof im Jugenddrama "Homevideo". Die ARD zeigt die BR-Produktion, die beim Deutschen Fernsehpreis 2011 als bester Fernsehfilm ausgezeichnet wurde, am Mittwoch um 20.15 Uhr.

Der verstörende Film, zu dem Newcomer Jan Braren das Drehbuch schrieb, ist Thema der anschließenden Talkrunde von Anne Will zum Thema Cybermobbing. Laut ARD ist "Homevideo" der erste deutsche Fernsehfilm, der sich mit dem Problem auseinandersetzt. Der Autor erzählt die fiktive Geschichte des Jakob Moormann (Jonas Nay) konsequent aus der Sicht des Jugendlichen. Jonas Nay erhielt für seine Rolle als Mobbingopfer beim Deutschen Fernsehpreis 2011 den mit 15.000 Euro dotierten Förderpreis.

Eltern wissen wenig aus Jakobs Leben

Die Geschichte von Jakob beginnt an einem Morgen, der so ist wie viele: Mutter (Nicole Marischka) und Vater (Wilke Wotan Möhring) streiten sich. Als Jakobs Mutter dem Jungen eröffnet, dass sie sich endgültig trennen will und künftig mit der kleinen Schwester bei einer Freundin wohnt, zieht er sich immer mehr zurück.

Die Eltern gehen zwar meist liebevoll mit ihren Kindern um, wissen aber wenig von Jakobs Leben. Dessen Leistungen in der Schule haben rapide nachgelassen, ihm ist es egal. Er ist verliebt in Hannah (Sophia Boehme) und kann es kaum erwarten, nachmittags mit ihr zu chatten.

Als er gerade beginnt, sich ihr zu nähern, passiert die Katastrophe: Zufällig gerät ein selbst gedrehtes Video, das Jakob beim Onanieren zeigt, in die Hände eines Mitschülers. Er stellt den Film sofort ins Internet, wo er sich in kürzester Zeit verbreitet. Bald nimmt die ganze Schule höhnischen Anteil, Jakob wird zum Mobbingopfer und erhält täglich Dutzende Schmähungen. Das Schlimmste aber ist, dass sich auch Hannah zurückzieht.

Jakob versinkt in einem Chaos aus Selbsthass, Scham und Angst. Sein Vater, von Beruf Polizist, will ihm helfen und redet von "Tatbeständen" und "Strafverfolgung". Er kann sich kaum vorstellen, wie ausweglos die Gefühlslage seines Sohnes ist - und noch weniger, dass Jakob sich in seiner Verzweiflung an die Pistole erinnert, die der Vater einmal in den Safe gelegt hat...

Der Mobber - ein verlorener Junge

Der Jugendliche hat eine der schlimmstmöglichen Formen der Bloßstellung erlebt und findet weder bei Freunden noch in der Familie echtes Verständnis und Schutz. Trotzdem trifft bis auf den Mitschüler, der das Video ins Netz gestellt hat, eigentlich niemand eine Schuld, überlegt der Autor. Braren lässt selbst dem Mobber Gerechtigkeit zukommen und schildert ihn als einen verlorenen Jungen, dessen Eltern kaum Zeit für ihn hatten.

Vielleicht, so meint er, werde erst dann wirkliche Sensibilität für das Cybermobbing entstehen, wenn die Generation der Computer-Kids selbst zu Eltern geworden ist. Noch wird das Problem offenbar unterschätzt, und keiner kennt die Zahl der jugendlichen Cyber-Opfer. Wie notwendig ein Handeln ist, zeigt dieser aufwühlende Film, der durchaus in einer Reihe steht mit hervorragenden Jugenddramen wie "Ihr könnt euch niemals sicher sein" und "Wut".

(KNA/das)
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