Tatort "Alter Ego" Hoffentlich wird dat noch watt

Düsseldorf · Es wäre nicht fair, nach der ersten Folge den neuen WDR-Tatort aus Dortmund schon abzuschreiben. Wofür es einige Gründe gäbe. Konzentrieren wir uns also auf die Dinge, die Hoffnung machen. Da wären zum Beispiel ein cooler Kommissar und einige gelungene Szenen mit Ruhrpott-Flair. Der Tatort im Check.

Depression im Dortmunder Tatort "Alter Ego"
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Depression im Dortmunder Tatort "Alter Ego"

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Der Fall:

Leider ziemlich langweilig. Ein Krimi wie aus der öffentlich-rechtlichen Betroffenheitsschablone. Ermittlungen in der sogenannten Schwulenszene, alles nicht besonders neu. Die Szenen in einer radikalen evangelikanischen Kirche wirkten albern. Der Mörder war am Ende ein Familienvater, der sich seine wahre sexuelle Identität nicht eingestehen wollte. Sowohl das Schicksal der Täter als auch der Opfer ließen den Zuschauer seltsam kalt. Irgendwie hatte man das alles schon gesehen. Genauso wie den leicht durchgeknallten Gerichtsmediziner, der sich als "Dirty Harry" online Frauen sucht.

Die Ermittler:

Kriminalhauptkommissar Peter Faber (Jörg Hartmann): Der große Aktivposten im ersten Dortmunder Fall. Hartmanns perfekt dosiertes Ruhrpott-Deutsch vermittelt Glaubwürdigkeit. Coole Sprüche ("Ich habe Ihre Akte gelesen, Sie haben mich gegoogelt. Reicht doch!"), eine geheimnisvolle Vergangenheit und schräge Methoden machen Kommissar Faber zu einer Mischung aus Schimanski und Dr. House. Hoffentlich geht das so weiter. Die Ermittlungen aus der Täter-Perspektive wirken vielleicht etwas dick aufgetragen. Gegen Ende ("Bitte küssen Sie mich!") nervt Faber leider.

Kriminalhauptkommissarin Martina Bönisch (Anna Schudt): Die kühle Blonde soll den Gegenpol zum exzentrischen Faber spielen. Leider bleibt die Figur im ersten Fall ziemlich farblos. Abschätzende Blicke, genervte Telefonate mit den Kindern - viel mehr ist der Figur im ersten Teil nicht gegönnt. Das merkten die Autoren wohl selbst und schnitten noch schnell eine seltsame Hotel-Affäre mit einem Sixpack-Südländer in den Film. Nicht so aufregend.

Kriminaloberkommissar Daniel Kossik (Stefan Konarske): Jung-Polizist und Beamten-Casanova. Und weil ja irgendjemand ein BVB-Fan sein musste, übernimmt Kossik diesen Part gleich mit. Grinst viel, was schnell nervt.

Kriminaloberkommissarin Nora Dalay (Aylin Tezel): Dalay hat eine Affäre mit Kossik und macht viel Sport, viel mehr erfährt man in der ersten Folge nicht. Die Figur erinnert stark an Sibel Kekilli aus dem Kieler Tatort. Schauspielerisch gelingen nicht alle Szenen. Kennt man auch aus Kiel.

Gab es echtes Ruhrpott-Feeling?

Nun ja. Alte Zechen und moderne Glaspaläste wurden zu gleichen Teilen aneinander geschnitten. Zeche trifft Bionik-Unternehmen. So sieht sich das Ruhrgebiet gerne. Rührend war der Auftritt des Taubenzüchter-Vaters eines der Opfer ("Was haben die Leute dagegen, dass ich was anders bin. Ich habe doch auch nichts dagegen, dass die anderen alle gleich sind"). Völlig misslungen hingegen die Szene mit den betrunkenen BVB-Fans. "Gehse mit einen draufmachen? Kommt, Jungens! Schalalala!", rief der Rädelsführer. Eine Einladung zum Fremdschämen. In vielen anderen Szenen passte die Sprache aber.

Wollen wir mehr Fälle aus Dortmund sehen?

Wollen wir. Nur mit einem besseren Fall, bitteschön. Ohne Sixpack-Südländer in Hotels und Statisten-Fußballfans in der Fußgängerzone. Wenn die Doctor-House-Szenen dann nicht übertrieben werden, wird dat vielleicht noch watt.

(csi)
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