Oslo Hochspannung aus Norwegen
Oslo · Arte zeigt einen packenden norwegischen Sechsteiler über ein Blutbad in einer Kiesgrube und zwei Teenager in Angst.
Keine Minute Langeweile ist in dem norwegischen Sechsteiler "Eyewitness - Die Augenzeugen" angesagt, den Arte mit jeweils drei einstündigen Episoden am Stück zeigt. Moralische Abgründe hinter blitzsauberen skandinavischen Fassaden, eine endlose Kette grausiger Verbrechen und melancholische Protagonisten mit tiefen Narben auf der Seele: Wer die Krimis von Stieg Larsson oder Henning Mankell mag, der wird auch der neuen Serie verfallen. Der Inhalt in Kürze: Zwei junge Männer beobachten ein Blutbad, trauen sich aber nicht zur Polizei und werden selber zu Gejagten.
Die aus wechselnden Perspektiven erzählte Story beginnt atemlos. Die beiden Teenager Henning (Odin Waage) und Philip (Axel Gehrken Boyum) sind auf einer Motocrossmaschine im Wald unterwegs und machen es sich in einer Hütte in der Kiesgrube gemütlich, die Hennings Vater gehört. Die zwei Jungs tauschen Zärtlichkeiten aus, als plötzlich Unfassbares geschieht: Eine Rockerbande rauscht mit einem Auto an und will einen Gefangenen exekutieren, doch ein Gangmitglied ist ein verdeckter Ermittler und möchte dem Opfer zur Flucht verhelfen. Kaum ist der Gefangene seine Fesseln los, erschießt er die anderen Männer - auch den Ermittler. Der halbnackte Unbekannte entdeckt die Jungs und will auch sie töten, doch den beiden gelingt die Flucht.
Als die vier Leichen am nächsten Tag in der Kiesgrube entdeckt werden, wird die örtliche Polizeichefin des kleinen Städtchens Mysen mit den Ermittlungen beauftragt - es ist ausgerechnet Philips Pflegemutter Helen (Anneke von der Lippe). Die zwei jungen Augenzeugen erzählen ihr nichts: Die Teenager fürchten sich fast noch mehr davor, ihr homoerotisches Verhältnis könnte bekannt werden, als vor dem Mörder, der ihnen womöglich nachstellt. Auch zwei Beamte einer Sondereinheit für Organisierte Kriminalität aus Oslo, die den Tatort aufsuchen, sind Helen keine Hilfe: Vor allem der arrogante Lars (Tobias Santelmann) will offenkundig etwas über die Hintergründe der Tat verheimlichen - das stachelt Helens Ehrgeiz, den Fall zu lösen, erst recht an. Die Suche nach der Wahrheit führt sie tief in die norwegische Unterwelt und in eine Welt voller Verrat und brutaler Kriminalität.
"Eyewitness", produziert vom norwegischen Staatssender NRK, ist beileibe nicht irgendeine weitere skandinavische Serie, sondern formal anspruchsvoll und inhaltlich packend: Der Sechsteiler lädt zum Dauer-Gucken ein, modern "Binge-Watching" genannt. Wie man es von einer skandinavischen Serie nicht anders erwartet, geht es recht blutig und düster zu. Nicht umsonst nennt man das Genre der Mordgeschichten, die in Literatur und Film von den Schattenseiten der modernen Gesellschaft im hohen Norden erzählen, "Scandinavian noir".
"Eyewitness", Arte, heute und 1. Oktober, 20.15 Uhr, jeweils drei Folgen
