Schluss mit "Hitlertainment" Historiker schließen Frieden mit Guido Knopp

Nach 30 Jahren als TV-Historiker geht Guido Knopp in Rente. An Kritik und Schmähungen mangelte es nie. Spötter nahmen seine Serien gern mit Fantasietiteln wie "Hitlers Friseure" aufs Korn. Zum Abschied ist aus der Zunft aber auch Selbstkritik zu hören.

 ZDF-Historiker Guido Knopp hat mit nachgestellten Szenen in Geschichts-Dokus sein eigenes Markenzeichen entwickelt.

ZDF-Historiker Guido Knopp hat mit nachgestellten Szenen in Geschichts-Dokus sein eigenes Markenzeichen entwickelt.

Foto: dpa, Britta Pedersen

"Hitlertainment", "kollektive Nervenreizung", "Geschichtspornografie": ZDF-Historiker Guido Knopp (64) musste im Laufe der Jahre so einiges an Vorwürfen einstecken. "Die Knopp-Kritik hatte sich ja schon zu einem eigenen zeithistorischen Genre ausgewachsen", meint Constantin Goschler, Professor für Zeitgeschichte an der Ruhruniversität Bochum.

Knopp ließ sich davon nicht beeindrucken: Unbeirrt inszeniert er das schwärzeste Kapitel deutscher Geschichte als massentaugliches Doku-Drama, mit Interviewsplittern, nachgespielten Schlüsselszenen, Thrillermusik und der deutschen Stimme von Robert de Niro als Erzähler aus dem Off.

Jetzt, da Knopps Ruhestand in Sicht ist und seine letzte Reihe "Weltenbrand" anläuft, zeigen sich seine Zunftgenossen aus der Geschichtswissenschaft überwiegend versöhnlich. Goschler: "Wir konnten herrlich über ihn streiten und uns über ihn aufregen, aber man muss ihm nun keine Steine hinterherwerfen."

Ähnlich sieht es Paul Nolte, Geschichtsprofessor an der Freien Universität Berlin:
"Knopp-Bashing hat es genug gegeben. Viel Kritik war berechtigt, manchmal war sie auch überzogen."

Knopp ist ein ungemein produktiver Programmmacher, aber wenn man sich sein Oeuvre so anschaut, ist der Vorwurf einer gewissen Hitler-Fixierung vielleicht nicht ganz aus der Luft gegriffen: "Hitler - eine Bilanz", "Hitlers Helfer", "Hitlers Krieger", "Hitlers Kinder", "Hitlers Frauen", "Hitlers Manager" und so weiter. Die Kritiker glauben zu wissen, warum dies so ist: Hitler bringt Quote. Und die Quote kann Knopp nicht egal sein: Er sendet traditionell zur besten Sendezeit.

"Was ist schlecht am Personalisieren?", fragt dagegen Michael Wolffsohn, ein ebenfalls mediengewandter Historiker, der regelmäßig in Talkshows auftritt. "Personalisierung ist ein legitimes Mittel. Ganz klar: Da ist viel Neid. Was dieser Mann an Aufmerksamkeit erzielt hat, das schaffen wir alle nicht. Und warum? Weil die meisten Historiker Schlaftabletten schreiben."

Auch Goschler will nicht ausschließen, dass sich zuweilen "verdruckster Neid auf einen erfolgreichen Rivalen um die Gunst des zeithistorisch interessierten Publikums in die legitime Kritik" gemischt habe. Er gesteht allerdings: "Ich freue mich, dass nun hoffentlich erst einmal wieder genug ist mit "Ich war Hitlers Zahnbürste"-Serien, wie ein Satiriker bereits in den frühen 50er Jahren ausrief."

Knopps Einfluss auf das Geschichtsbild der breiten Öffentlichkeit lässt sich schwer überschätzen. Seit nunmehr 30 Jahren bedient der "Chefhistoriker" nahezu konkurrenzlos ein Millionenpublikum. Nolte ist deshalb auch der Meinung: "Ein Vorwurf ist weniger Guido Knopp und dem ZDF zu machen als all denjenigen, die es nicht anders und besser zu machen versucht haben: Journalisten und Wissenschaftlern - mit anderen Formaten, auf anderen Sendern. Man hat ihm sein Quasi-Monopol zu lange gelassen."

(dpa)
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