Interview mit Heinz Hoenig "Rituale habe ich schon früh abgeschafft"

Berlin · Heinz Hoenig ist an Weihnachten in einem Märchenfilm zu sehen. Im Interview spricht der 65-Jährige über das, was wirklich zählt – anderen zu helfen.

 Heinz Hoenig in der Märchenverfilmung "Das singende, klingende Bäumchen".

Heinz Hoenig in der Märchenverfilmung "Das singende, klingende Bäumchen".

Foto: rbb/Theo Lustig

Heinz Hoenig ist an Weihnachten in einem Märchenfilm zu sehen. Im Interview spricht der 65-Jährige über das, was wirklich zählt — anderen zu helfen.

Als Funker in Wolfgang Petersens Film "Das Boot" feierte der gelernte Schlosser Heinz Hoenig (65) seinen Durchbruch. Danach war er skrupelloser Spekulant ("Der große Bellheim"), verdeckter Ermittler ("Der Schattenmann") und Ex-Boxer ("König von St. Pauli"). In mehr als 150 Filmen spielte der Charakterdarsteller mit — am Ersten Weihnachtstag ist er im Märchen "Das singende, klingende Bäumchen" (ZDF) zu sehen.

Sie kümmern sich seit zwölf Jahren ehrenamtlich um psychisch traumatisierte Kinder. Warum?

Hoenig Das würde meine Mama glücklich machen. Sie und mein Papa sind zwar nicht mehr da, aber sie haben immer viel in die Richtung gemacht. Und das möchte ich weiterführen, das bleibt in der Familie. Meine Kinder sind auch oft dabei. Ein schönes Gefühl. Nicht immer versuchen, zu nehmen und zu haben, sondern einfach mal zu geben.

Nun gibt es ein neues Projekt...

Hoenig Ich habe die gemeinnützige Unternehmergesellschaft (gUG) Heinz-Hoenig-Schmiede gegründet, deren Motto ist: Kinder schmieden Zukunft. Nächstes Jahr kommen die ersten Kinder, mit denen ich an der Schlei und an der Ostsee Station mache. Manche haben Dinge erlebt, die kann man sich gar nicht vorstellen. Aber wenn sie einmal aufgeknackt sind, sie Vertrauen gefunden haben und bei uns mal wieder zeigen können, was sie drauf haben, dann blühen sie auf. Es gibt nichts Schöneres als das zu sehen.

Sie sind im September 65 Jahre alt geworden. Nach Ruhestand hört sich das aber nicht an.

Hoenig Was? Nee! Man muss was zu tun haben, sonst vergammelt man und ist dann tot. Ich habe da ein paar Dinge gesät, aber die kommen erst nächstes Jahr. Ich versuche, einen Film zu produzieren. Ich habe mit Gabi Lechner eine Filmfirma gegründet und wir haben schon einige Drehbücher auf dem Tisch. Dann mach ich auch Regie, das wird nämlich langsam mal Zeit.

Haben Sie mal überlegt, wie Ihr Leben aussähe, wenn Sie nicht Schauspieler geworden wären?

Hoenig Mit wäre, wenn und hätte habe ich wenig zu tun. Das hilft auch nicht. Ich bin gerne in der Schmiede. Das habe ich von meiner Schlosserlehre mitgenommen. Ich konstruiere gerne, male gerne und schreibe gerne. Wir sind mit einem Fehler aufgewachsen: Du hast einen Beruf zu haben. Bambambam. Das ist doch Kokolores. Die Wahrheit ist, dass Beruf von Berufung kommt und ein Mensch durchaus mehrere Berufungen haben kann.

Gibt es eine Rolle, die Sie reizt?

Hoenig Mich reizen eigentlich alle Rollen. Am meisten die, auf die ich privat gar nicht kommen würde, dass ich der Charakter sein könnte.

Am ersten Weihnachtsfeiertag sind Sie als König in dem Märchen "Das singende, klingende Bäumchen" zu sehen. Haben Sie in Ihrer Jugend gerne Märchen gelesen?

Hoenig Weniger. Die Märchen von den Gebrüdern Grimm sind mir deutlich auf den Nerv gegangen, weil das ganz schlimme Geschichten waren. Ich meine, es waren immer Tote dabei. Das sind Horror-Dinger. Man hat den Kindern Angst machen wollen, damit sie artig sind.

Und was hat Sie dazu bewogen, selbst in einem Märchen mitzuspielen?

Hoenig Erstens bin ich Schauspieler. Außerdem gibt es auch so viele schöne Geschichten. "Das singende klingende Bäumchen" ist so eine. Darin geht es um Eitelkeit und um ein verzogenes Gör, das aber meine Tochter ist.

Der König kümmert sich um seine Geschäfte statt um die Tochter. Sind Ruhm und Familie schwierig zu vereinen?

Hoenig Nee, gar nicht. Das ist blödes Zeug! In manchen Familien wirkt das vielleicht so, aber das ist überhaupt nicht nötig. Man muss jedoch versuchen, die Harmonie in der Familie immer wieder herzustellen und hochzuhalten. Der König hat seine Kleine ja auch lieb. Er wendet sich nicht ab, sondern hilft, dass alles wieder in Ordnung kommt.

Was ist Ihre Weihnachts-Botschaft?

Hoenig Wenn eine Botschaft möglich ist, dann die, anderen zu helfen.

Wie verbringen Sie die Festtage?

Hoenig Keine Ahnung. Ich lass einfach alles auf mich zukommen. Kommen die Kinder, was haben die vor? Ich lass das wachsen, es gibt nichts Festes. Ich back' zwar meinen Christstollen, aber den kann man auch noch Ostern essen. Dann schmeckt er vielleicht noch besser.

Gibt es keine Rituale?

Hoenig Nee, das habe ich schon früh abgeschafft. Das mochte ich noch nie. Ich mag das Wort nicht mal. Obwohl . . . Ich bin ja der Suppenkönig. Mein Sohn und ich überraschen uns immer mit Kreationen. Mir ist einfach lieb, wenn gute Stimmung ist - das heißt, ehrlich gute Stimmung, nicht so ein vorgemachter Dreck. Das merkt man sofort, da bin ich nicht für zu haben. Man kann sich umarmen, sich auch etwas schenken. Wenn es selbstgebaut ist, ist es noch schöner als immer diese Kauferei. Die ist teils ja schon zur Sucht geworden. Freude entsteht auf anderen Wegen, etwa durch Vertrauen.

Beate Wyglenda führte das Gespräch.

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