Kommerzialisierungsdebatte bei "Hart aber fair" "Die Bedeutung des Fans im Fußball nimmt ab"

Düsseldorf · Die Pfiffe während der Halbzeitshow von Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale haben die Diskussion um die Kommerzialisierung des Fußballs neu aufflammen lassen. Bei "Hart aber fair" wird dies vor allem am Beispiel der Bayern diskutiert – mit einem emotionalen und lautstarken Edmund Stoiber.

Helene Fischer wird bei Halbzeitshow ausgepfiffen
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Helene Fischer wird bei Halbzeitshow ausgepfiffen

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Die Pfiffe während der Halbzeitshow von Helene Fischer beim DFB-Pokalfinale haben die Diskussion um die Kommerzialisierung des Fußballs neu aufflammen lassen. Bei "Hart aber fair" wird dies vor allem am Beispiel der Bayern diskutiert — mit einem emotionalen und lautstarken Edmund Stoiber.

Darum ging's

"Der Fußball und das Geld — macht der Kommerz den Sport kaputt?" lautete der Titel der Sendung. Frank Plasberg sprach in seiner Einführung zunächst darüber, dass so manches Spiel bald nicht mehr frei, sondern nur noch im Pay-TV empfangbar sei. Dann kam er auf die Pfiffe der Fans bei Helene Fischers Auftritt im Pokalfinale. Er fragte: "Waren das schon erste Proteste der Fans?", "Geht so der Spaß verloren?"

Darum ging's wirklich

Es ging um Geld, viel Geld. Und aus Bayern-Sicht vor allem auch darum, international mithalten zu können. Es ging um Shows, etwa als beim letzten Saisonspiel der Bayern bei der obligatorischen Bierdusche eine Go-Pro an das Weizenglas geheftet wurde. Und letzlich ging es doch irgendwie darum, ob Fans das nun wollen oder nicht. Nur, dass von diesen nicht einer anwesend war.

Die Runde

  • Marcel Reif, Sportjournalist
  • Willi Lemke, Ex-Manager von Werder Bremen
  • Edmund Stoiber, CSU-Politiker, aber eingeladen in seiner Funktion als Aufsichtsrat des FC Bayern München
  • Betty Heidler, Hammerwerferin und Silbermedaillengewinnerin bei Olympia
  • Axel Balkausky, ARD-Sportkoordinator

Frontverlauf

Es bildete sich das obligatorische Lager: der FC Bayern gegen den Rest der Liga. Lemke unterließ es nur selten, den Münchener Verein und Stoiber zu kritisieren, während letzterer sich in altbekannter, lautstarker Manier gegen die Vorwürfe zu wehren versuchte. Zumindest auf den bei den Fans umstrittenen Verein RB Leipzig kam man kurzzeitig zu sprechen. Und es zeigte sich deutlich, dass die Sichtweise zwischen den Parteien einfach unterschiedlich ist: Während Stoiber für die Bayern den internationalen Wettbewerb im Blick hatte, ging es Lemke — und auch Reif — mehr um die nationale Sichtweise.

So kam gleich zu Beginn die Frage auf, ob die Bundesliga denn nicht langweilig wäre, wenn die Bayern ständig und vorzeitig die Meisterschaft gewinnen würden. "Herr Stoiber, wenn man Meister wird und wieder Meister wird und wieder Meister wird, das ist Langeweile pur. Die Meisterschaft war gähnend langweilig", sagte Lemke. Stoiber kontert, die Zuschauerzahlen im TV seien aber gestiegen, was Balkausky bestätigt. "Das, was spannend ist, bestimmt immer noch der Markt. Und dort, wo Bayern München spielt, ist die Bude voll", sagte Stoiber. Reif wiederum sagte, wenn man nur auf die Meisterschaft schaue, sei es langweilig. Daher müsse man sich seine eigenen Meisterschaften innerhalb der Bundesliga suchen — etwa, wer denn nun in die Champions League kommt.

Viel mehr ging es dann doch ums liebe Geld. So glaubte Lemke zu wissen, dass Werder Bremen nur 40 Millionen Euro für den Einkauf neuer Spieler zur Verfügung habe, während die Bayern 240 Millionen hätten. "Die Schere geht immer weiter auseinander", sagte er und ergänzte, man müsse schauen, wie man die Spreizung wieder verringern könne. Stoiber dagegen betonte: "Wenn wir ein europäischer Topverein sein wollen, dann muss ich mich nach dem Markt richten." Und später: "Du kannst die Spieler nicht mehr halten. Wenn der letzte in der Premier League wesentlich mehr verdient als der beste in Bayern, dann kann der Wettbewerb nicht mehr funktionieren." Heidler, als Leichtathletin konnte nur sagen: "Das ist so surreal und so weit weg von dem, was in anderen Sportarten an finanzieller Unterstützung da ist."

Aber was ist mit Events wie der GoPro am Weizenbierglas oder dem Auftritt von Helene Fischer? Reif nennt ersteres — genau wie den Moment, als Dortmund-Spieler Pierre-Emerick Aubameyang eine Maske mit Werbung für den Sponsor aufzog — "obszön". Stoiber, der von Minute zu Minute immer lauter wurde und sich insbesondere an Plasberg und Lemke entzürnte, weil immer wieder die Bayern in den Vordergrund rückten, betonte, der FC Bayern mache ein eigenes Fernsehprogramm. Es sei wichtiger geworden, die eigenen Fans zu bedienen.

Lemke sagte zu Fischers Auftritt: "Die Fans haben deutlich gespürt, dass das eine weitere Kommerzialisierung des Pokals ist." Balkausky sagte dazu: "Es deutete sich an, dass sehr viele Fans sich dagegen entschieden haben. Wir haben das übertragen, weil Helene Fischer auch sonst bei uns im Programm eine Rolle spielt." Reif wiederum konstatierte für den Fußball insgesamt: "Die Fans fühlen sich nicht mehr ernst genommen und mitgenommen. Sie sind nur noch Beiwerk." Der Fan wisse schon, dass im Fußball Geld und Kommerz eine große Rolle spiele, aber das wollten sie vergessen, wenn sie ins Stadion gehen.

Satz des Abends

Marcel Reif: "Die Bedeutung des Fans im Fußball nimmt ab, und das tut weh."

Fazit

Dass Fußball viel mit Geld und auch Kommerz zu tun hat, dürfte jedem Zuschauer klar sein. Inwieweit das im Stadion ausgetragen werden muss, war weniger Thema der Sendung. Viel mehr ging es um das Geld, dass in der Liga verteilt wird. Aber was der Fan selbst denkt über diese Verteilung und über GoPros an Weizengläsern oder Musik-Acts bei Halbzeitshows, das blieb völlig außen vor, weil eben kein Fan eingeladen war. Schade eigentlich...

(das)
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