Pauschalisierungen und Begriffskämpfe Wie die „Hart aber fair“-Diskussion über kriminelle Familienclans vor die Wand fuhr

Düsseldorf · Bei „Hart aber fair“ versuchte Frank Plasberg am Montagabend über die Gefahren durch arabische Clanstrukturen zu reden. Gelungen ist das nicht. Das Protokoll einer gescheiterten Diskussion.

 Die Diskutanten der "Hart, aber fair"-Sendung zum Thema Clankriminalität.

Die Diskutanten der "Hart, aber fair"-Sendung zum Thema Clankriminalität.

Foto: ARD/Screenshot

Darum ging’s

In Deutschland gibt es kriminelle Familienclans, die oft aus dem arabischen Raum stammen. Frank Plasberg wollte darüber reden, wie groß die Gefahr ist und welche Reaktionen notwendig sind. Was muss getan werden, damit sich die Clanstrukturen nicht von Generation zu Generation weiterentwickeln?

Darum ging’s wirklich

Die Gäste diskutierten, ob sie überhaupt diskutieren sollen. Es ging um die Debatte selbst. Sind arabische Clans wirklich ein großes Problem, oder wird lediglich das Bild des kriminellen Ausländers bedient? Hat Kriminalität etwas mit der Herkunft der Täter und einer gescheiterten Integration zu tun?

Gäste

  • Herbert Reul (CDU-Innenminister von NRW)
  • Olaf Sundermeyer (Journalist)
  • Petra Leister (Oberstaatsanwältin am Berliner Landgericht)
  • Michael Kuhr (Chef eines Sicherheitsdienstes)
  • Burkard Benecken (Strafverteidiger)
  • Ahmad Omeirat (Grüner Stadtrat aus Essen)

Nervigster Gast

Der ehemalige Kickbox-Weltmeister Michael Kuhr ist Chef eines Sicherheitsdiensts. Er ist als Mann der Praxis geladen und fühlt sich als „Stimme des Volkes“ merklich wohl. Seine Beiträge („Wer Menschen absticht, muss abgeschoben werden“) ernten immer wieder Szenenapplaus, bringen die ohnehin aufgeheizt diskutierende Runde kein bisschen weiter.

Frontverlauf

Schnell zeigt sich: Eine konstruktive Diskussion ist an diesem Abend nicht möglich. Dafür sind die Meinungen der Gäste zu unterschiedlich und zu gefestigt. Strafverteidiger Burkard Benecken scheint damit gerechnet zu haben und geht in die Offensive. „Ich habe ganz große Probleme mit der aktuellen Darstellung in den Medien und durch die Politik“, sagt er gleich zu Beginn.

Benecken und Ahmad Omeirat, ein Grüner Stadtrat aus Essen, wehren sich gegen eine Debatte, die ihrer Meinung nach auf dem Rücken von Minderheiten ausgetragen werden. Benecken ruft auch gerne einmal das Wort „Generalverdacht“ einfach so in die Runde und bringt damit NRW-Innenminister Herbert Reul gegen sich auf. „Die Fakten sind so, dass wir kriminelle Strukturen haben. Diese Strukturen bündeln sich in bestimmte Bandensystem und merkwürdigerweise passen die zu bestimmten Familien“, rechtfertigt er sich.

Nicht nur auf Reul schießen sich Benecken und Omeirat ein, auch auf den Journalisten Olaf Sundermeyer, der eine Reportage über arabische Clan-Strukturen gedreht hat. Manchmal schießen die beiden über das Ziel hinaus. Omeirat kontert beispielsweise Reuls erstes Statement zu Clanstrukturen gleich mit dem Satz: „Die Aussage war eines Landesinnenministers nicht würdig.“ Benecken wirkt teilweise sogar wie ein trotziger Totalverweigerer der Diskussion.

Doch manchmal gelingt es ihnen, ihre Gesprächspartner auch zu entlarven. Als es um Sinti und Roma geht, hat Sundermeyer gleich das Bild von „Müttern, die ihre Kinder zum Klauen schicken“ im Kopf. Auf Omeirats Einwand betont er noch einmal, dass dies ausschließlich mit der ethnischen Herkunft zu tun hat. Was zeigt, dass hier wirklich pauschalisiert wird.

Die dauernden Begriffskämpfe helfen am Ende jedoch nicht weiter. Was vom Abend übrig bleibt, sind plakative Sätze und aufgeregte Statements der Gesprächspartner. Jeder, auch Moderator Frank Plasberg und die ansonsten angenehm unaufgeregte Oberstaatsanwältin Petra Leister, wirft dem anderen mindestens einmal vor, gar nicht an einer Diskussion interessiert zu sein. So drehen sich die Diskutanten nur um sich selbst. Mehrwert: nicht erkennbar.

Satz des Abends

„Sie können nicht sagen: Das sind alles Lämmer, die nur da sind um Streuselkuchen zu essen.“ (Journalist Olaf Sundermeyer über die Menschenmassen beim Begräbnis eines arabischen Clanmitglieds in Berlin)

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