Louis Klamroths erste „Hart aber fair“-Sendung „Gelungene Premiere“ – doch wenig Härte und keine Überraschungen

Düsseldorf · Das „Hart aber fair“-Erbe nach 20 Jahren von Frank Plasberg zu übernehmen, wiegt nicht leicht in Louis Klamroths erster Talkrunde. Der 33-jährige Neuling leitet aber souverän durch die Sendung, der es allerdings an Highlights und Kontroverse mangelt.

Hart aber fair: Premiere mit Louis Klamroth
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So lief die erste Sendung „Hart aber fair“ mit Louis Klamroth

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Foto: WDR / Oliver Ziebe

Mit der Übernahme des Talk-Schwergewichts „Hart aber fair“ steht Louis Klamroth, der bereits seit 2016 moderiert, der wohl herausforderndsten Aufgabe seiner Karriere gegenüber. Die erste Ausgabe nach Kostenpflichtiger Inhalt Frank Plasberg meistert der Talk-Shootingstar beinahe mühelos, lässt aber die von Plasberg gewohnte Kantigkeit und Härte gegen seine Talkgäste noch vermissen — kein Wunder, der frühere Schauspieler hält sich in seiner ersten Sendung noch zurück und setzt auf einen freundlichen Umgang.

Mit dem Thema „Ein Land wird ärmer – wer zahlt die Krisenrechnung 2023“ behandelt die Runde, bestehend aus SPD-Chef Lars Klingbeil, CDU-Politiker Jens Spahn, „Spiegel“-Journalistin Melanie Amann, der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer und dem Metallarbeiter Engin Kelik, die großen Fragen des neuen Jahres: Wie soll der Bürger die gestiegenen Lebenshaltungskosten bewältigen und wann winkt Besserung?

Gut, dass neben vier Gutverdienern ein Betroffener wirklich etwas von der schwierigen Lage erzählen kann. „Weihnachten war abgespeckt, wir haben uns Kleinigkeiten im Zehn-bis-15-Euro-Rahmen geschenkt“, berichtet der Vater Kelik, der sein Nettovermögen auf 2200 Euro beziffert und Sorge vor weiteren Preissteigerungen äußert. Ob sie ihm die Sorgen nehmen könne, fragt Klamroth Monika Schnitzer. Kann sie nicht, zumindest nicht zufriedenstellend, denn während sich die Energiepreise zurückentwickelten, seien die Güterpreise immer noch im Steigen begriffen. Erleichterungen würden auf lange Sicht spürbar, will Schnitzer wissen. Wann genau, will Klamroth es richtigerweise konkretisiert wissen. Die Antwort: in zwei Jahren.

Klamroth bezieht seine Gäste routiniert ins Gespräch ein und befragt sie zu ihrer Haltung zur Lage. Er kann schlagfertig: Als Klingbeil sagt, er könne die Sorgen und Beschwerden der Menschen verstehen, fragt ihn Klamroth unverblümt: „Sind die undankbar oder ist ihre Politik nicht gut genug? Er kann auch kritisch nachfragen: „Frau Amann, verstehen Sie, dass 58 Prozent sagen, in Deutschland gehe es ungerecht zu, ist das ein Misstrauensvotum an die Bundesregierung?“

An vielen Punkten hält sich Klamroth angenehm zurück, an anderen Stellen hätte ein entschiedeneres Einfangen seiner Gäste gutgetan. Jens Spahn kritisiert die Politik der Ampel-Regierung, die Gasumlage und den Streit des Finanz- und des Wirtschaftsministers. Als es ihm zu lange dauert, schneidet Klamroth Spahn das Wort ab – vielleicht weniger streng, als es Frank Plasberg getan hätte.

Echte Kontroverse kommt in einer munteren, aber nicht scharf geführten Diskussion kaum auf. Der gewohnt widerborstige Spahn stichelt gegen die Ampel, Lars Klingbeil pariert, Ökonomin Schnitzer kritisiert Spahn für seine Ideen zur Entlastung der Bürger. Im Grunde verstehen sich die Gäste aber untereinander und werden von Klamroth eher selten angeheizt, der selbst aber auch nicht die Widerworte erfährt, die Plasberg von vielen seiner Talkgäste aushalten musste.

Bei einer eigentlich interessanten Diskussion, nämlich ob man auf Kostenpflichtiger Inhalt Vorschlag des Landwirtschaftsministers Özdemir die Mehrwertsteuer auf Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte senken sollte, verlieren sich die Beteiligten teils in Zahlen und Details zu möglichen Folgen der Senkung und alternativen Maßnahmen dazu.

Einer der wenigen Höhepunkte ist ganz klar „Ottonormalbürger“ Kelik, der Dinge häufig auf den Punkt bringt: „Sie schieben immer alles auf den Ukraine-Krieg. Aber erklärt das alleine, dass die Butter jetzt drei Mal so teuer ist?“ „Wie soll man bei all den Entlastungen, Paketen, Bremsen, durchblicken?“, „Ob ich einen temporären Energiesoli der Gutverdiener gerecht finden würde? Ich finde, das muss auf Dauer kommen!“ Seine Mimik, die sich bei den Ausführungen anderer oft aus Unverständnis verzerrt und seine Klartext-Sprache wirken erfrischend. Moderator Klamroth hätte ihn als Protagonist noch häufiger einbeziehen können. Nur einmal unterläuft dem Metallarbeiter Kelik ein Fauxpas: Von dem 300 Euro Energiezuschlag der Regierung habe er nichts gespürt, sagt er. Das bringt einige Twitter-Kommentatoren auf die Palme: „Wie kann man jede Preiserhöhung bei der Butter merken aber nicht, wenn man 300 Euro mehr auf seiner Lohnabrechnung hat?“, äußert ein Nutzer sein Unverständnis.

Die Sendung endet auf eine humorvolle Note: Welches ist ihr bestes Gericht mit Hülsenfrüchten, fragt Klamroth seine Gäste. Die beste Antwort liefert einmal mehr Engin Kelik: „Als Armer lade ich Sie alle auf eine türkische Linsensuppe ein.“ Klamroth hat eine gute Leistung abgeliefert und den Beweis gegeben, dass er es kann. Er ist schlagfertig und schilt seine Gäste, wenn diese ihm ausweichend antworten. „Tagesthemen“-Kollegin Caren Miosga gratuliert ihm in einer kurzen Schalte jedenfalls zu einer „gelungenen Premiere“. In weiteren Sendungen muss Louis Klamroth zeigen, dass er, mit den richtigen Gästen, für noch mehr Schlagabtausch sorgen kann.

 Schlug sich in seiner ersten Sendung mehr als passabel: Louis Klamroth. Für kommende „Hart aber fair“-Ausgaben ist aber noch durchaus Luft nach oben.

Schlug sich in seiner ersten Sendung mehr als passabel: Louis Klamroth. Für kommende „Hart aber fair“-Ausgaben ist aber noch durchaus Luft nach oben.

Foto: dpa/Carsten Koall

Sein erster Auftritt als neuer Moderator war kein Quotenhit. 2,42 Millionen Zuschauer (9,0 Prozent) schalteten am Montagabend ab 21 Uhr Klamroths Einstand im Ersten ein. Das entspricht in etwa der Durchschnittsquote der Polit-Talkshow im Jahr 2022. Oft haben erste und letzte Auftritte von Talk-Moderatoren eine Magnetwirkung. So hatten Mitte November 3,59 Millionen (13,7 Prozent) die letzte Ausgabe von Klamroths Nachfolger Frank Plasberg gesehen.

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