"Hart, aber fair" WDR stellt Gender-Talk wieder in Mediathek

Köln · Der Sender bewertet die Entscheidung, die beanstandete "Hart aber fair"-Sendung zu löschen, als "nicht richtig".

"Hart aber fair", "Günther Jauch" und Co: Diese Sendungen müssten auch gelöscht werden
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Acht Sendungen, die dringend aus der Mediathek gelöscht werden müssten

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Die umstrittene "Hart aber fair"-Ausgabe "Nieder mit den Ampelmännchen" ist wieder in der Mediathek abrufbar. WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönborn erklärte gestern, die Entscheidung, die Talkshow vom 2. März aus dem Internet zu nehmen, sei falsch gewesen. Der Talk zum Thema Gleichstellung hatte dem Sender neben Programmbeschwerden von Frauenverbänden auch zahlreiche Protestbriefe beschert. Der Rundfunkrat lehnte die Programmbeschwerde zwar ab, empfahl aber, die Sendung nicht zu wiederholen und aus der Mediathek zu nehmen. Grund: Die Ausgabe sei "unseriös" gewesen. Schönenborn bezeichnete den Entschluss, die Ausgabe zu entfernen, damals als eine "souveräne Entscheidung der Programmverantwortlichen" und wies Zensur-Vorwürfe zurück. Stattdessen soll der Gender-Talk kommende Woche in nahezu derselben Besetzung wiederholt werden.

Nun also die Kehrtwende. Schönenborn sagte, die heftigen Reaktionen hätten im Rückblick gezeigt, dass die Entscheidung nicht richtig gewesen sei. "Dass daraus der Vorwurf der Zensur und Selbstzensur abgeleitet wurde oder der Eindruck, wir seien vor Lobbygruppen eingeknickt, hatte ich mir nicht vorstellen können." Schon wenn der Anschein entstehe, die Unabhängigkeit des WDR sei beeinträchtigt, belaste das die Arbeit. Auch Sonia Mikich, WDR-Chefredakteurin Fernsehen, bezeichnete das Entfernen der Sendung aus der Mediathek als Fehler. "Ein Krampf ist so entstanden, den wir jetzt schnörkellos beseitigen wollen - im Interesse der öffentlichen Meinungsbildung."

Das sieht nicht jeder so. Für Ulrike Helwerth, Sprecherin des Deutschen Frauenrats, ist Schönenborn "nicht vor Frauenorganisationen eingeknickt, sondern vor einer lautstarken Allianz von Gleichstellungsgegnern und -gegnerinnen, die im deutschen Feuilleton eine mächtige Lobby haben - und in der WDR-Spitze offenbar auch. Peinlich für letztere, ein Tritt ins Knie für den WDR-Rundfunkrat". Helwerths Fazit: "Unabhängigkeit geht anders."

Ruth Hieronymi, Vorsitzende des WDR-Rundfunkrates, betonte gestern, dass der Rundfunkrat nur eine Aufsichtsfunktion habe und nicht in die redaktionelle Unabhängigkeit des Senders eingreife. "Es ist die Entscheidung des Hauses, eine Sendung aus der Mediathek herauszunehmen oder sie wieder hineinzustellen", sagte Hieronymi.

In der ersten Sendung hatten der Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Anton Hofreiter, die feministische Bloggerin Anne Wizorek, die Schauspielerin Sophia Thomalla, die Publizistin Birgit Kelle und der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki diskutiert. Am Montag sollen nahezu dieselben Gäste plus die Vertreterin eines Frauenverbandes das Thema erneut mit Moderator Frank Plasberg aufarbeiten. Auch diese Entscheidung hatte zu Kritik geführt. So sagte Birgit Kelle unserer Zeitung, es sei seltsam, wie der WDR mit einem seiner besten Moderatoren umgehe. Immerhin hat das Wiederauffüllen der Mediathek auch etwas Gutes: So lässt sich der neue Talk problemlos mit dem alten vergleichen.

(RP)
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