Letztes Mal „Hart aber fair“ mit Frank Plasberg „Hallo Louis, was hast du für eine Schuhgröße?“

Düsseldorf · Darf man bei der WM in Katar mit Deutschland fiebern oder muss man den Fernseher abschalten? Auch bei seinem Abschied beschäftigt sich Frank Plasberg mit einem aufwühlenden Thema. Am Ende der Sendung verrät der TV-Moderator, was er nun vorhat.

Hart aber fair: Frank Plasberg moderiert letzte Sendung - Fotos
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Das war Frank Plasbergs letzte „Hart aber fair“-Sendung

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Foto: WDR/Dirk Borm

Ein Gespür für den richtigen Zeitpunkt besitzt Frank Plasberg. In seiner letzten Sendung für das von ihm miterfundene Format „Hart aber fair“ hat der TV-Moderator ein sehr umstrittenes Thema gewählt – die Fußballweltmeisterschaft in Katar. Sie gilt noch vor ihrer Eröffnung als die „kontroverseste WM aller Zeiten“. Vor 22 Jahren begann Plasberg seine politische Talkshow in einer Kirche mit dem nicht minder umstrittenen Thema der Sterbehilfe. Damals wie heute beherrscht der Fernseh-Profi die ganze Klaviatur der öffentlichen Erregung. Beide Sendungen wurden schon vor der Ausstrahlung heftig diskutiert.

Was ist also geblieben von diesem letzten Auftritt des Altmeisters? Es war wieder einmal die auf Plasberg zugeschnittene Show, diesmal sogar ein bisschen mehr als sonst. Schließlich galt es, den Abschied eines politischen Entertainers zu feiern. Denn mit seiner Fragetechnik, mit seinem Nachhaken, seiner Dominanz und frechen Schlagfertigkeit hat der WDR-Mann Maßstäbe gesetzt.

Gewandt und überzeugend führt Plasberg ins Thema ein, schließt nahtlos an eine zuvor ausgestrahlte ARD-Dokumentation des früheren Fußballnationalspielers Thomas Hitzlsperger über den Albtraum Katar an, spielt den Ball gekonnt an den Funktionären Willi Lemke (ehemals Manager von Werder Bremen) und Steffen Simon (Mediendirektor des DFB) vorbei und der aktuellen für den Sport zuständigen Bundesinnenministerin Nancy Faeser zu, um dann überraschend mitten in der Sendung zu bekennen: „Fußball kann ich nicht.“

Es wird trotzdem – um im Jargon zu bleiben – eine intensive Begegnung, bei der vor allem die beiden ehemaligen Aktiven, Thomas Hitzlsperger und die frühere Frauen-Fußballnationalspielerin Tugba Tekkal den stärksten Eindruck hinterlassen. Die Deutsche Tekkal, die aus einer kurdisch-jesidischen Familie stammt, legt am konsequentesten dar, wie man mit dieser WM umgehen muss.

Das ist Frank Plasberg: Alle Infos zum TV-Journalisten und Moderator
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Das ist Frank Plasberg

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Foto: dpa/Horst Galuschka

Sie mache niemandem Vorschriften, sagt die Autorin eines katar-kritischen Podcasts, aber sie werde nicht einmal das Finale schauen, selbst wenn Deutschland dabei ist. Man mag dies sehr grundsätzlich nennen. Aus ihrer Sicht ist es logisch, denn weder in das Gastgeberland noch in die von Skandalen erschütterte Fifa hat sie irgendein Rest von Vertrauen, wenn Geld so sehr über Moral und Menschenrechte siegt.

Es ist die Stärke der Sendung, dass die Teilnehmer in wesentlichen Fragen gar nicht so weit auseinanderliegen, aber trotzdem das Dilemma klar wird, das gerade werteorientierte Menschen mit dieser WM haben, auch wenn sie eingefleischte Fußballfans sind. Deshalb wirkt der frühere Fußball-Organisator und einstige SPD-Innensenator Lemke auch viel ehrlicher als die stets bemühte Bundesinnenministerin Faeser, wenn er sich jetzt nach aller berechtigten Menschenrechtskritik an Katar auf den Fußball konzentrieren will.

Die aktive SPD-Politikerin kann sich hingegen nicht einmal festlegen, ob sie als Vertreterin Deutschlands nach Katar fährt oder nicht (sie wird es wohl tun). Auch den Fragen Plasbergs nach der Doppelmoral der Bundesregierung (Gas aus Katar ja, Fußball nein) weicht sie ein ums andere Mal aus, um sich dann auf die Fahne zu schreiben, dass sie von ihrem Kollegen aus dem Wüstenstaat die Zusicherung einer Sicherheitsgarantie für queere WM-Besucher erhalten habe. Wie viel immer die zählt.

Tapfer bemüht sich auch DFB-Mediendirektor Simon, Fifa und die WM trotz aller berechtigter Kritik zu verteidigen. Denn für ihn ist die Lehre aus Katar, dass es eine solche Vergabe nicht mehr geben wird. Schließlich habe sich die Fifa eine neue „Menschenrechts-Policy“ gegeben, wonach nur noch Länder mit einwandfreiem Zeugnis als WM-Austragungsorte in Frage kämen. Das kann glauben, wer will, solange der Fifa-Präsident Gianni Infantino (“Katar wird die beste WM aller Zeiten“) sogar seinen Wohnsitz seit einem Jahr in Katar nimmt.

Hitzlsperger mag nicht so weit gehen wie seine Kollegin Tekkal. Er prangert zwar die Verweigerung von elementaren Rechten für Schwule und Lesben, aber auch für die Angehörigen tödlich verunglückter Bauarbeiter an. Zu einem Boykott will er nicht aufrufen, auch wenn die „WM jeden Zauber verloren hat“. So werden vier Haltungen und das Lavieren einer Politikerin deutlich. Und das ist nicht zuletzt das Verdienst des Moderators, der sich einmal von der aufrechten Tekkal sogar die Sendeführung kurz aus der Hand nehmen lässt, als die ein bisschen länger als erlaubt zum Entschädigungsfonds für die beim Bau ums Leben gekommenen Gastarbeiter ausholen will.

So war der Abschied

Auch in seiner letzten Sendung macht Plasberg den Unterschied zu anderen Polit-Talks deutlich, wenn er das Problem so nah an der Realität ansetzt, wie es nur irgendwie geht. Als Straßenkind unter den Talkshows hat er seine Sendung bezeichnet. Das ist ihm trotz einiger Tiefpunkte und Ausreißer in den 22 Jahren von „Hart aber fair“ gelungen. Es ist nicht wenig. Und ein Auftrag an seinen Nachfolger Louis Klamroth, der nun seinen eigenen Weg finden muss.

Klamroth trat zum Schluss der Sendung dann etwas überraschend aus der Kulisse und forderte Plasberg auf: „Frank, du musst jetzt mal ein bisschen Kontrolle abgeben.“ Danach bat er ihn, einen „Schritt zur Seite“ zu gehen - damit er selbst erstmals auf das berühmte Pad drücken könne, mit dem bei „hart aber fair“ kleine Filme gestartet werden können. Plasberg ließ ihn gewähren. Danach zeigte Klamroth einen großen Abschiedsfilm mit Szenen aus Plasberg „hart aber fair“-Zeit.

Vor Klamroths Kurzauftritt hatte Plasbergs langjährige Kollegin und „Zuschaueranwältin“ Brigitte Büscher bereits ausgewählte Meinungen aus dem Publikum zum Weggang des Langzeit-Gastgebers vorgetragen. Manche waren durchaus kritisch. Ein Zuschauer schrieb: „Vielleicht bringt der neue Moderator etwas Stimmung in die Bude.“ Viele waren aber wohlwollend. Eine Zuschauerin erklärte, sie habe „eigentlich nur wegen Herrn Plasberg“ zugeschaut. Der neue Moderator trete in „große Fußstapfen“. Plasberg begrüßte Klamroth wenig später mit dem Satz: „Hallo Louis, was hast du für eine Schuhgröße?“

Am Ende stand Plasberg mit einem großen Blumenstrauß vor dem Studio-Publikum und Mitarbeitern der Sendung, die ihm applaudierten. Er wiederum bedankte sich bei seinen Kollegen und den Zuschauern. Auf einer Videowand stand „Danke Frank“.

Nach 22 Jahren nimmt Frank Plasberg Abschied von seiner Polit-Sendung „Hart aber fair“.

Nach 22 Jahren nimmt Frank Plasberg Abschied von seiner Polit-Sendung „Hart aber fair“.

Foto: dpa/Henning Kaiser

„Für mich ist ein schöner Tag“, erklärte Plasberg zudem. Ein 79 Jahre alter Professor habe ihm einen Rat zukommen lassen, wie man mit dem nun folgenden Lebensabschnitte umgehen könne. Es sei der Rat, den auch seine Frau ihm gegenüber formuliert habe: „Immer helle Kleidung tragen und gut riechen.“ Plasberg versprach: „Ich werd's machen.“

(mit dpa)
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