Birthler-Behörde entlastet den Schriftsteller Günter Wallraff wehrt sich gegen neue Stasi-Vorwürfe

Düsseldorf (rpo). Nach den in der "Welt" erhobenen Stasi-Vorwürfen gegen Günther Wallraff hat der Schriftsteller am Montag erneut bestritten, als Inoffizieller Mitarbeiter für die Stasi gearbeitet zu haben. Der Bericht sei ein "aufgewärmter Rufmordversuch im Sommerloch", so Wallraff.

Dem Zeitungsbericht zufolge soll eine neu gefundene Karteikarte Wallraff als Mitarbeiter der Auslandsspionage der Stasi ausweisen. In der zentralen Stasi-Datei sei er seit Mai 1968 als "Inoffizieller Mitarbeiter mit Arbeitsakte" geführt worden.

"Diese Karteikarte ist mir noch nicht vorgelegt worden", sagte Wallraff. Die Stasi-Unterlagen-Behörde unter Leitung von Marianne Birthler habe ihm versichert, keine neuen Erkenntnisse über eine Stasi-Tätigkeit zu haben. Nach wie vor gelte die Aussage der Behörde aus dem Jahr 1998, die vorliegenden Dokumente ließen den Schluss zu, er habe nicht wissentlich mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet. "Nach wie vor sagt die Birthler-Behörde, dass mir kein Vorwurf zu machen sei", sagte der Schriftsteller.

Wallraff hatte seit den 60er Jahren immer wieder mit Enthüllungsreportagen und Büchern für Aufsehen gesorgt. Dabei schlüpfte er unter anderem in die Rolle des Obdachlosen, des Boulevard-Journalisten oder des türkischen Arbeiters. Bereits 1998 waren erste Stasi-Vorwürfe gegen Wallraff aufgetaucht, gegen die sich der Schriftsteller jedoch erfolgreich zur Wehr setzte.

Die "Welt" hatte berichtet, auf einer Karteikarte mit der Nummer XV/485/68 seien Wallraffs Klarname sowie sein Geburtsdatum und seine Registrierungsnummer vermerkt. In der zentralen Stasi-Datei (Sira) finde sich unter dieser Registrierungsnummer ein "inoffizieller Mitarbeiter mit Arbeitsakte".

Nach Darstellung der "Welt" war Wallraff im April 1968 als aktiver Mitarbeiter angeworben worden. Zu seinen Aufgaben hätten Desinformationskampagnen in westlichen Medien gehört. Bis 1971 habe er unter dem Decknamen "IM Wagner" Unterlagen der Bundeswehr-Offiziersschule Hamburg-Wandsbek und Informationen über biologische und chemische Waffen in Westdeutschland an die DDR weitergegeben, schrieb die "Welt" unter Berufung auf die Stasi-Unterlagen.

Wallraff bestritt, jemals solche Informationen besessen zu haben. Auch habe es nie Anwerbe-Versuche von Seiten der Stasi gegeben. Treffen mit DDR-Offiziellen hätten nur stattgefunden, als er im Rahmen einer Recherche zu NS-Kriegsverbrechen bei einem ostdeutschen Archiv angefragt hatte.

Er habe aber keinen Zweifel daran gelassen, dass er der DDR ablehnend gegenüberstand: "Ich haben denen gesagt, dass ich im Gefängnis oder im Irrenhaus sitzen würde, wenn ich in der DDR leben müsste." Später habe die Stasi über ihn vermerkt, er hänge wirren anarchistischen Vorstellungen an und sei vom marxistisch-leninistischen Standpunkt nicht zu überzeugen. Diesen Vermerk habe er schriftlich.

Dem Springer-Verlag warf Wallraff eine "Rufmordkampagne" vor. Offenbar wolle man alte Rechnungen begleichen. "Bei denen bin ich als Feindbild gespeichert, das grenzt schon fast an Paranoia."

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