Jubiläumssendung beim WDR Geld und ganz viel Liebe

Düsseldorf · Rückkehr eines Klassikers: Am 29. Oktober zeigt der WDR zum 25. Jubiläum eine Neuauflage der Spielshow "Geld oder Liebe" mit Jürgen von der Lippe (66). In kaum einer Sendung harmonierten Moderator und Konzept so perfekt.

Jubiläumssendung beim WDR: Geld und ganz viel Liebe
Foto: WDR/Andreas Kowalski

Er kam aus der Drehtür und legte einigen klatschenden Menschen im Publikum die Hand auf den Kopf. Einfach so. Dann las er Witze vor, die Zuschauer eingesandt hatten. Erst danach begrüßte Jürgen von der Lippe drei männliche und weibliche Singles, die ungewöhnliche Hobbys der anderen erraten mussten und sich in herrlich bekloppten Spielen zum Affen machten. Am Ende mussten sie entscheiden, ob sie das erspielte Geld mit nach Hause nehmen oder der Liebe eine Chance geben. Das Publikum wählte aus diesen Kandidaten das "Traumpaar" des Abends.

Am 28. September 1989 zeigte die ARD die Show zum ersten Mal. Es folgten 89 weitere Folgen, die erst donnerstags und ab 1993 auf dem Edel-Sendeplatz am Samstagabend ausgestrahlt wurden. Im Jahr 2001 wurde die Show eingestellt, und seitdem ist Jürgen von der Lippe vergeblich auf der Suche nach einem ähnlich charmanten und erfolgreichen Konzept. Nach diversen Flops darf er nun wieder die halbstündige Literatur-Comedy "Was liest du?" im WDR moderieren. Doch ein wirklich Großer war er nur zu "Geld oder Liebe"-Zeiten.

Zu gut passte der Hawaii-Hemden-Träger in diese Sendung, in der er wie eine Art Mensch gewordener Papa Schlumpf den warmherzigen Chef der Kompanie gab. Das Eis, das bei einer solch krampfigen Ausgangssituation — drei Männer treffen vor Publikum drei fremde Frauen — entsteht, schmolz binnen Minuten dahin, weil der Moderator die Flirtshow zu einem ausgelassenen Kindergeburtstag für Erwachsene machte. Ihm gelang das Kunststück, Kandidaten, Publikum und sich selbst mit liebevoller Ironie zu begegnen.

"Hase, wie lang ham wa noch?"

Das fing mit dem Handauflegen an, ging weiter mit seiner obligatorischen Frage an die Aufnahmeleiterin, "Hase, wie lang ham wa noch?", weil er regelmäßig überzog, und seiner Fähigkeit, aus Pannen Running Gags zu machen. So brauchten die Bühnenarbeiter oft mehrere Minuten, um das Set für einen musikalischen Gast aufzubauen, was von der Lippe zu übertrieben langen und teils sinnfreien Anmoderationen zwang. Die waren bald ebenso fester Bestandteil der Show wie "Oli von der Leiter", ein Mitarbeiter, der beim so genannten Kiosk-Spiel auf einer Leiter sitzend klemmende Begriffstafeln in die richtige Position brachte. Später konnten sich Zuschauer für diese Aufgabe bewerben.

In einer Rubrik präsentierte von der Lippe Fotos, die Zuschauer zu einem bestimmten Thema einsenden sollten, und eines zeigte eine lebende Henne neben einer gegrillten. Sein Kommentar "Paule, sach doch watt" löste hysterisches Gelächter aus und kam nun immer in dieser Rubrik vor, ob er nun passte oder nicht. Ebenso unverzichtbar war das "Gläschen Sekt" für Leute aus dem Publikum, die das Abstimmungsverfahren für das Traumpaar des Abends richtig erklären konnten.

Von der Lippe ließ den Graben zwischen Bühnenshow und Publikum völlig verschwinden. Er schaffte eine Art Meta-Ebene, indem er die oft alles andere als perfekte Arbeit hinter den Kulissen zum Teil der Sendung machte und nicht verschämt überspielte. Das erzeugte eine Nähe zwischen Publikum und Show, wie sie nur selten im deutschen Fernsehen zu sehen war. Ähnlich konsequent hat das nur Barbara Schöneberger in ihrer großartigen und sträflich unterschätzten Show "Blondes Gift" (2001 bis 2005) gemacht, die sich regelmäßig über ihr schäbiges Studio und die verpeilte Redaktion lustig machte.

Ein Hauch von Verbitterung

Anlässlich des 25. Jubiläums kehrt Jürgen von der Lippe noch einmal mit dieser wunderbaren Show zurück, für die das Erste in seinem mit Juwelen vollgestopften Programm keinen Platz fand und deshalb dem WDR überlässt. Gäste sind keine unbekannten Singles, sondern Carolin Kebekus, Regina Halmich, Katrin Bauerfeind, Klaas Heufer-Umlauf, Bernhard Hoëcker und Simon Beeck. Der EinsLive-Moderator Beeck wird am 5. November eine weitere Ausgabe moderieren, es folgen Christine Henning ("The Taste") und Lutz van der Horst ("Heute Show") in den folgenden Wochen jeweils mittwochs. Danach soll angeblich Schluss sein, doch das dürfte sich der WDR bei grandiosen Quoten vermutlich noch einmal überlegen.

Von der Lippe betont, dass es seine Idee war, drei weitere Shows von besagten Nachwuchskräften moderieren zu lassen. "Ich bin 66 und wiege doppelt so viel wie damals. Scherz beiseite: Die Moderation einer solchen Sendung ist nichts, was meine Erfahrung und mein Können erfordert." Der kühle Unterton könnte etwas damit zu tun haben, dass sich von der Lippe von der ARD und ihrer größten Anstalt WDR häufig nicht ausreichend gewürdigt fühlte.

Auch einen weiteren Seitenhieb kann er sich nicht verkneifen. ",Geld oder Liebe' könnte ich nicht mehr auf Dauer moderieren, weil ich noch die goldenen Zeiten miterlebt habe. Mit viel mehr Geld und Zeit. (…) Heutzutage muss ein Fernseh-Redakteur mindestens drei Leute fragen, und er kann sich sicher sein: Irgendeiner knickt es. Diese Bürokratie erstickt jeden witzigen Ansatz." Wäre das anders, würde er sich wohl nicht mit Händen und Füßen wehren. Warum auch? Er hat mit "Geld oder Liebe" einen Klassiker geschaffen. Ob der mit anderen Moderatoren funktioniert, ist fraglich.

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