Friedrich Merz bei „Maischberger“ „Dieses AfD-Problem ist nicht das Problem der Union alleine“

In der Talkshow „Maischberger“ hat Friedrich Merz sich über Zukunftspläne der Union geäußert. Auch Merkel, Ukraine und Kohlekraftwerke sind ein Thema. Nur zur AfD will der CDU-Vorsitzende kaum etwas sagen.

 Der Parteivorsitzende der CDU, Friedrich Merz, im Talkshow-Interview mit Sandra Maischberger am 11. Oktober 2022.

Der Parteivorsitzende der CDU, Friedrich Merz, im Talkshow-Interview mit Sandra Maischberger am 11. Oktober 2022.

Foto: ARD

Die Landtagswahl in Niedersachen hat der CDU das schlechteste Ergebnis seit 1955 eingebrockt. Angesichts dieser Eröffnung im Interviewteil der Talkshow „Maischberger“ am Dienstagabend windet sich der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz, und seine Argumente machen dabei gleich mit. Dies sei mitnichten das schlechteste Ergebnis, meint Merz, weil die CDU bei der vergangenen Bundestagswahl noch schlechter abgeschnitten habe.

„Ich bin mit dem Jahr insgesamt zufrieden, aber mit der Lage natürlich nicht, da ist noch Luft nach oben.“ Neun Monate reichen nach Merz‘ Ansicht ohnehin nicht, um eine Partei neu aufzustellen.

Doch so leicht lässt ihn Moderatorin Sandra Maischberger nicht davonkommen. „Ich messe Sie an Ihren eigenen Maßstäben“, sagt sie und zitiert Aussagen des CDU-Parteivorsitzenden über die Aussagekraft der Landtagswahl in Niedersachsen für die Ampel-Koalition und für die CDU. Daraufhin verlegt Merz sich darauf, die Wahl – anders als in seinen früheren Äußerungen – als Abstimmung über zwei Personen hinzustellen.

Auch angesichts der Abwanderung von 40.000 CDU-Wählern zur AfD versucht sich Merz mit einem Ablenkungsmanöver und fragt, von welchen Parteien die rechtsextreme Partei sonst noch Zulauf bekommen habe. Flugs die Abläufe mehrere Parteien zusammengerechnet, schon steht die CDU in seinen Augen gar nicht mehr so schlecht da. „Dieses AfD-Problem ist nicht das Problem der Union alleine“, bekundet Merz. Gleichzeitig bügelt er jegliche Verweise auf seine Äußerung über „Sozialtourismus“ ukrainischer Flüchtlinge ab, die in den Augen vieler Beobachter glatt von einem Wahlplakat der AfD hätten stammen können. Merz hatte zwar rasch die Flüchtlinge aus der Ukraine wieder ausgeklammert, aber an seiner generellen Kritik am Flüchtlingswesen in Deutschland festgehalten.

Das sei nicht das Thema, beharrt Merz jetzt und weicht Maischbergers direkten Fragen aus. Der CDU-Vorsitzende will lieber über Angst reden. Allerdings nur, um sogleich darauf hinzuweisen, dass die Union bereits im Frühjahr Vorschläge zur Lösung der Probleme gemacht habe, die nun solche Ängste auslösten – von Energiepreisen bis Inflation.

Maischberger verweist darauf, dass Merz selbst das Thema gesetzt habe, für das er den Begriff des „Sozialtourismus“ verwendet. Erneut weicht der Politiker aus. Dabei wird es zunehmend schwieriger zu erkennen, ob er nun doch über die AfD sprechen möchte oder neue Ängste aus dem Hut zaubern oder ganz etwas anderes. Statt etwa die Frage zu beantworten, ob er einen Unterschied zwischen ukrainischen Flüchtlingen und den Menschen aus anderen Ländern machen will oder nicht, warnt Merz vor einer hohen Anzahl an Flüchtlingen „über die Balkanroute“. „Da erlauben wir uns, auf dieses Problem hinzuweisen und zu sagen, dass wir hier den Staat möglicherweise überfordern“, sagt Merz.

Bei ukrainischen Flüchtlingen sei indes die Entscheidung getroffen, dass diese direkt ALG II beziehen. „Das stelle ich auch nicht infrage“, sagt Merz zu Maischbergers Verwunderung. Für andere Flüchtlinge will er dies aber nicht so handhaben. Deren Leistungen sollen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz verwaltet werden. Auf Nachfrage will Merz sich allerdings nicht darauf festlegen, ob dies dann auch für jetzt noch nach Deutschland einreisende Ukrainer gelten solle. Die Aufnahme russischer Deserteure wiederum hält Merz ohnehin für „schwierig“.

Vergleiche mit der Beliebtheit von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel findet Merz „nicht fair“. Von ihr zu lernen scheint ihm auch kein Anliegen zu sein. „Programmatisch fällt mir so ganz viel nicht ein“, sagt der CDU-Vorsitzende. „Pragmatisches Regierungshandeln ja, aber ich habe die CDU in der Opposition übernommen.“

Passend zur Rolle des Oppositionsführers belächelt Merz die Energiepreislösung der Bundesregierung mit Einmalzahlung und Preisdeckel. Der CDU-Politiker räumt zwar ein, dass dies eine Hilfe darstelle, meint aber, sie reiche nicht aus. Vor allem kämen die Maßnahmen zu spät: „Diese Bundesregierung hat sechs Monate Zeit vertan mit Streitereien.“ Merz sieht die Lösung der Energieversorgung stattdessen in der Einbeziehung von Atom- und Kohlekraftwerken: „Da darf es keinerlei Restriktion geben.“

Ebenso eisern bleibt Merz bei seiner Forderung nach weiteren Waffenlieferungen in die Ukraine. Eine Bestätigung seiner Haltung sieht er im bisherigen Kriegsverlauf. „Ich habe das sichere Gefühl, die Ukraine kann diesen Krieg militärisch gewinnen“, sagt er. Dabei äußert er auch die Vermutung, den russischen Soldaten könne langsam die Munition ausgehen.

Schließlich kehrt das Gespräch zurück zur CDU. Anzeichen einer Erneuerung seiner Partei sieht Merz etwa im Frauenanteil in Parteivorstand und Präsidium. Zudem werde an einem Grundsatzprogramm gearbeitet, das 2024 verabschiedet werden solle. „Wir brauchen Zeit“, betont Merz.

Eine kleine Vorschau liefert er dennoch: „Wir werden uns von dem Gedanken lösen müssen, dass der Staat alles machen kann, alles bezahlen kann, alles lösen kann.“ Dabei blickt Merz nicht nur auf die derzeitige Energiekrise, sondern ganz allgemein auf den Sozialstaat. Ein Motto schält sich in seinen Ausführungen auch heraus: „Freude an der Eigenverantwortung“.

(peng)
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