TV-Nachlese Frank Plasberg "Hart aber fair" Giftschleudern für Geld
Frank Plasberg diskutierte mit Politik-Profis über Generationengerechtigkeit. Das hätte er besser lassen sollen. Seinen besten Moment hat er als Generalsekretärinnen-Therapeut. Erkenntnis des Abends: Peter Tauber (CDU) verkauft Überzeugungen für Geld.
"Alte jubeln, Junge ächzen - ist das die neue Rentenfomel?" So lautete am Montagabend das Thema bei Frank Plasberg. Die Vorgaben waren somit klar: Die Alten gegen die Jungen, 32 Milliarden Euro für die Rentner, die ja 53 der Wahlberechtigten stellen, nur neun Milliarden für die junge Generation. Dazu passend ließ Plasberg ein Zitat von Alt-Präsident Roman erzog den Abend einläuten, der schon 2008 die Sorge vor einer Rentnerdemokratie äußerte, in der "die Älteren die Jüngeren ausplündern".
In der Talkrunde saßen zum großen Teil Politik-Profis, die allerdings kaum einen professionellen Eindruck hinterließen. Es sei denn, man misst die Professionalität eines Politikers daran, in vielen Worten möglichst viele Blasen zu produzieren. Besonders talentiert zeigte sich darin CDU-Generalsekretär Peter Tauber, der Plasberg zum Ende hin entnervt fragen ließ, ob er denn wenigstens einmal eine seiner Fragen beantworten könne.
Verheerende Kritik
Ansonsten mit am Tisch: die SPD-Generalsekretärin und durch den Koalitionsvertrag an Tauber gekettete Partnerin Yasmin Fahimi, der gewohnt bissige FDP-Chef Christian Lindner, Lencke Wischhusen vom Bund Junger Unternehmer und Ulf Poschardt, Journalist und stellvertretender Chef der Welt-Gruppe.
Drei Angreifer brachten sich umgehend in Stellung. In Medien und Wissenschaft hat die Koalition für ihre Rentenpläne, die am Freitag im Bundestag abgesegnet werden sollen, fast ausschließlich Prügel bezogen, in Umfragen steht sie freilich besser da. Die Milliarden für die Rente mit 63 und die Mütterrente auszugeben, hielten auch Lindner, Poschardt und Wischhusen für eine katastrophale Fehlentscheidung.
In vier Jahren ist die Kasse leer
Sie rechnen damit, dass die Koalition ein Paket zu Lasten der Jungen geschnürt hat, das sie schon in wenigen Jahren wieder nachregeln muss. "Die Rentenkasse wird im Jahr 2017 leer sein, das ist unseriös", schimpfte etwa Lindner, der einen Generationenvertrag anmahnte, der auch langfristig Bestand haben kann.
Ähnlich die erst 28 Jahre alte Jung-Unternehmerin Wischhusen: Sie warf der Regierung vor, reine Klientelpolitik zu betreiben. "Warum machen Sie denn nicht was für die Jungen, warum machen Sie denn nicht was mit der kalten Progression?", fragte sie.
Sprechmaschinen im Einsatz
Poschardt hob mehr auf die "fatale" Außenwirkung ab. Die Rente 67 war in seinen Augen ein verdienstvolles Werk der Politik, um das Land demografiefest zu machen. Jetzt vollziehe die Koalition eine Rolle rückwärts. "Fatal gegenüber Südeuropa, fatal gegenüber dem, was wir den Griechen aufbürden", so der Journalist. Sein Urteil: "Von der Symbolkraft her eine grundfalsche Entscheidung."
Und die große Koalition? Ob die Kritiker denn nicht doch ein kleines bisschen Recht haben könnten, fragte Plasberg die zwei Generalsekretäre und verwies auf die argumentative Kraft der Einwände. Doch Tauber und Yasmini wären nicht Generalsekretäre, wenn sie nicht in Situationen wie diesen wie Sprechmaschinen die bekannten Textbausteine zur Verteidigung der eigenen Politik wiederholen würden. Die Koalition verpasste bei Plasberg eine Chance.
Wer kann da schon widersprechen?
Yasmini bemühte mit dem Blick auf 45 Jahre lang gediente Arbeitnehmer die Gerechtigkeitslücke, Tauber mit Blick auf die Mütterrente die Anerkennung von Lebensleistungen. Wer mag da schon widersprechen? Wer es tut, steht umgehend im Verdacht der Missgunst.
"Ich gönne das meiner Mutter", sagt Tauber. Andere Seite dieser Botschaft: Wer gegen das Rentenpakt ist, gönnt es seiner Mutter nicht. Es gehört zu den rhetorischen Unredlichkeiten des Politikbetriebs, in Diskussionen wie dieser immer mit vergifteten Argumenten zu arbeiten.
Zwei Risse in der Fassade
Nur zweimal entstehen Risse in der Fassade. Einmal als Lindner der Koalition vorwirft, die Kassen zu plündern und die SPD-Generalsekretärin derart reizt, dass Plasberg sie nur mit Mühe wieder einfangen kann. "Ich möchte ihnen helfen", summt er der Sozialdemokratin zu und lehnt sich nah zu ihr über den Tisch. Tatsächlich gelingt es, mit einem Beitrag über einen seit 45 Jahren aufrecht schuftenden Hammerschmied, zumindest vorübergehend Frieden zu stiften.
Richtig unangenehm wird es für Tauber an der Stelle, als Plasberg ihn mit früheren Überzeugungen konfrontiert. Im vorigen Jahr hatte er noch ein Thesenpapier von jungen Unionsabgeordneten unterzeichnet, das die Rentenpläne der Parteispitze als "völlig falsches Signal" kritisierte.
Inzwischen ist er Generalsekretär geworden. Und verteidigt darum wortreich Dinge, die er vor einem Jahr noch infrage stellte. Jetzt gebe es doch Flexi-Rente und Maßnahmen gegen die befürchtete Frühverrentungswelle. Seltsam verunglückt klang da seine wohl als Scherz gemeinte Bemerkung, Plasberg müsse damit leben, dass er einfach weiterrede, wenn er versuche ihn zu unterbrechen. Dafür werde er schließlich bezahlt.