Umstrittene Tarife ab 2013 Fragen und Antworten zum Gema-Streit

Düsseldorf · "Bald ist es vorbei mit durchtanzten Nächten": Das wollten viele Clubs demonstrieren und schalteten am vergangenen Samstag um fünf vor 12 die Musik aus. Für fünf Minuten war es still auf der Tanzfläche. Der Verband Deutscher Diskotheken und Tanzbetriebe hatte seine Mitglieder zu der Aktion gegen die geplante Gebührenreform der Gema aufgerufen. Wir beantworten Fragen rund um das Thema:

So viel müssen Veranstalter bisher für Live-Musik an die Gema abführen
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So viel müssen Veranstalter bisher für Live-Musik an die Gema abführen

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Foto: gms

Was ist die Gema?

Gema steht für "Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte". Sie vertritt als Verwertungsgesellschaft die Nutzungsrechte der Werke ihrer Mitglieder. Dies sind Komponisten, Textdichter oder Verleger von Musikwerken. Wer deren Musikstücke bei einer öffentlichen Veranstaltung spielen möchte, muss für diese "Verwertung" Gebühren an die Gema bezahlen. Damit wird das Urheberrecht gewahrt - der Künstler verdient über die Gema an der Aufführung seiner Werke.

Was ändert sich durch die Reform der Gema-Tarife?

Die Reform tritt im Januar 2013 in Kraft. Laut Gema bringt sie mehr Gerechtigkeit und Übersicht im bisherigen Tarif-Wirrwarr. Die bisher elf Tarifstufen für Musikveranstaltungen sollen auf zwei reduziert werden - unterschieden wird nur noch zwischen Livemusik und Tonträgerwiedergabe.

Zudem fällt der bisherige Pauschaltarif für Diskotheken weg. Die Gebühren werden ab 2013 pro Veranstaltung berechnet - anhand des Eintrittspreises und der Raumgröße. Zehn Prozent der Eintritts-Einnahmen gehen an die Gema. Die Neuregelung gilt übrigens nicht für Konzerte.

Warum gibt es so scharfe Proteste?

Die Betreiber von Clubs und Kneipen sehen die Reform als willkürliche Tariferhöhung, die ihr Geschäftsmodell bedroht.

Laut Rechnung der Berliner Clubcommission steigen die Gema-Gebühren für einen mittelgroßen Club von 28.000 auf 174.000 Euro pro Jahr. Auftritte von DJs oder Band "würden dann für Gäste nicht mehr bezahlbar sein", sagte Sprecher Lutz Leichsenring.

Die Branche wirft der Gema Fehlinformation vor. Die Darstellung auf der Gema-Webseite, dass die Tarife ab 2013 für die meisten Veranstalter günstiger werden, seien falsch. Sie berechne nur die Grundtarife. Es seien aber die Zuschläge, die die Gebühren in die Höhe treiben. Dauert eine Veranstaltung zum Beispiel mehr als fünf Stunden, was bei Diskotheken die Regel ist, erhöht sich der Tarif um 50 Prozent. Nach weiteren drei Stunden erhöht er sich nochmals um 50 Prozent. Die Zuschläge werden aktuell vor einem Schiedsgericht verhandelt.

Auch Kneipenwirte, die im Hintergrund Musik abspielen, fürchten die Gebührenreform. Nach einer Berechnung des Deutschen Hotels und Gaststättenverbandes (DEHOGA) musste ein Wirt, der von 20 Uhr bis 1:30 Uhr Musik vom Band spielt, bisher 48 Euro am Tag an die Gema zahlen. Nach der Reform wären es 108 Euro täglich.

In der Region machen sich auch viele Karnevalsvereine Sorgen.So rechnet das Kinderkarnevals-Komitee Geldern (KKG) nach der Gema-Reform mit Mehrkosten von 500 Euro. Nach Angaben der KKG-Präsidentin Christiane Plaumann planen die Tanzsportverbände, der Deutsche Verband für Garde und Showtanz (DVG) sowie der Bund deutscher Karneval (BdK) Klage einzureichen.

Was sagt die Gema?

Bei der Verwertungsgesellschaft kann man den scharfen Protest nicht nachvollziehen. Die neue Tarifstruktur sei transparenter und gerechter. Zudem hätten Clubs und Diskotheken bisher zu wenig Gebühren gezahlt.

Rund 60 Prozent der Einzelveranstaltungen und damit kleinere und mittlere Veranstaltungsformate würden künftig entlastet, sagte der Hamburger Bezirksdirektor Lorenz Schmid. Stärker belastet würden regelmäßige Veranstaltungen in Clubs und Diskotheken. Derzeit zahle ein Club mit 16 Veranstaltungen im Monat so viel wie ein Club mit zwei Veranstaltungstagen. "Das ist nicht gerecht." Wer eine Gebührenerhöhung von 600 bis 1.200 Prozent beklage, habe "bisher viel zu wenig bezahlt". Die Gema-Tarife seien zudem deutlich geringer als Tarife im europäischen Ausland.

Die Gema sieht die Reform als gerechte Umverteilung zugunsten ihrer Mitglieder, der Künstler. Die Sprecherin der Gema, Gaby Schilcher, sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): "Klar, deren Gewinnmarge wird kleiner. Aber es kann nicht sein, dass DJs bis zu 10.000 Euro am Abend bekommen und jeder Türsteher das Zigfache dessen verdient, was die musikalischen Urheber bekommen."

Wie geht es jetzt weiter?

Die Fronten zwischen der Gema und der Veranstalter sind verhärtet. In Berlin gab es eine Demonstration gegen die Reform. Eine Protest-Petition im Internet bekam über 200.000 Unterschriften. Allerdings tritt die Gema-Reform im Januar 2013 in Kraft, das ist nicht mehr zu verhindern. Sie kann nur nachträglich zurückgezogen werden.

Akutell läuft ein Schiedsstellenverfahren beim Deutschen Patent- und Markenamt zur Prüfung der Tarif. Eine Entscheidung muss innerhalb eines Jahres getroffen werden.

(felt/csr)
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