Wiener Tatort am Sonntag Ein Fest für Verschwörungstheoretiker

Wien · In ihrem neuen Fall geraten die Wiener Kommissare Eisner und Fellner "Zwischen die Fronten" der Machtpolitik.

Bilder aus dem Wiener Tatort "Zwischen den Fronten"
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Ein kleines Trüppchen treuer Kollegen auf einem Parkplatz ist alles, war Kommissar Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) geblieben ist. Seine persönliche "Task Force", denn offiziell ist sein 29. Fall längst abgeschlossen. "Ich find' das herrlich, ich find' das unglaublich — ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", sagt er mit gebrochener Stimme. "Du bist ja richtig gerührt", stellt seine Assistentin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) fest.

In dieser Szene gegen Ende des Wiener "Tatort"-Krimis "Zwischen den Fronten" ist längst klar, was sich von Anfang an andeutet: Der grummelige Chefinspektor und seine unkonventionelle Assistentin ermitteln diesmal teils ohne Auftrag allein gegen den Rest der Welt — oder zumindest gegen das etablierte Österreich.

Die Geschichte ist ein gelungenes und spannungsgeladenes Fest für Verschwörungstheoretiker — gäbe es nicht Bezüge zur politischen Lage in Österreich, die das Ganze dann doch nicht völlig unwahrscheinlich wirken lassen. Drehbuchautorin Verena Kurth und Regisseur Harald Sicheritz verzichten weitgehend auf imperial-schnörkelige Wien-Romantik, sondern stellen Hierarchie-Gläubigkeit und skrupellose "Freunderlwirtschaft" in kalten Büroräumen aus.

Am Anfang steht ein Bombenanschlag auf eine Konferenz der Vereinten Nationen in Wien: Der irakischstämmige Online-Aktivist Kásim Bagdadi (Samy Hassan) sprengt sich mit seinem Wagen selbst in die Luft reißt einen Polizisten mit in den Tod. Alles deutet zunächst auf ein Selbstmordattentat mit islamistischem Hintergrund hin, auch wenn das die Mutter des jungen Mannes auf keinen Fall glauben will.

Scheinbar zufällig soll bald darauf ein neues Sicherheitsgesetz im Parlament beschlossen werden, was der Anschlag nun dringend notwendig erscheinen lässt. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) nimmt sich mit seinem schleimig-ambitionierten Leiter Fred Michalski — gespielt vom österreichischen Kabarettisten Alfred Dorfer — des Falles an. Chefin der Spezialeinheit ist die bis zur Grenze der Karikatur eiskalte Majorin Melanie Warig (Susanne Wuest), die Eisner und Fellner zum bloßen Beiwerk degradiert.

Als beide merken, dass ihnen wichtige Informationen vorenthalten werden und eine weitere als Selbstmörder deklarierte Leiche auftaucht und wieder verschwindet, sind sie sich nicht mehr sicher: Warum wollen alle den Fall so schnell wie möglich abschließen? Was hat die Tochter des amerikanischen Konferenzleiters und Ex-Freundin des vermeintlichen Attentäters mit dem Ganzen zu tun? Wem ist noch zu trauen, und werden sie möglicherweise abgehört?

Auf eigene Faust ermitteln beide weiter und stoßen auf einen rechten Geheimbund mit tausenden Mitgliedern und besten politischen Verbindungen.

Inspiriert ist die "Tatort"-Folge klar von den zahlreichen österreichischen Korruptionsskandalen, die momentan aufgearbeitet werden. Auch die von der rechten Partei FPÖ stets vorangetriebene Islam-Hetze findet sich wieder. Demnach ist für den Kabarettisten Dorfer die Verschwörungsgeschichte "nicht nur eine Milieustudie, sondern ein ziemlich realistischer Befund", wie er der österreichischen Nachrichtenagentur APA bei den Dreharbeiten sagte. Haben Eisner und Fellner da eine Chance, den Filz aufzudecken?

(dpa)
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