Neuer Job für Ex-Ministerpräsident Edmund Stoiber heuert bei ProsiebenSat.1 an

München (RPO). Edmund Stoiber heuert als Cheflobbyist bei ProSiebenSat.1 an. Als Vorsitzender des neu gegründeten Beirats werde der ehemalige bayerische Ministerpräsident und ZDF-Fernsehrat ab sofort den privaten Fernsehkonzern in "gesellschafts- und medienpolitischen Fragen beraten und unterstützen", sagte Vorstandschef Thomas Ebeling am Freitag.

Auf der Hauptversammlung in München warf Ebeling ARD und ZDF vor, den Privatsendern mit einem unfairen Wettbewerb das Wasser abzugraben. Zugleich kündigte er den Aktionären einen Rekordgewinn an.

Das zweite Quartal sei etwas besser ausgefallen als erwartet, und der Jahresumsatz dürfte im mittleren einstelligen Prozentbereich wachsen, sagte der Vorstandsvorsitzende. Die ausländischen Sender und das Internet- und Videogeschäft legten kräftig zu, das deutschsprachigen TV-Geschäft dagegen nur leicht.

Der asymmetrische Wettbewerb der öffentlich-rechtlichen Sender "im Kerngeschäft der privaten Anbieter muss aufhören", forderte Ebeling und beklagte: "Warum sichert sich das ZDF die Champions-League-Rechte mit einem für unsere Verhältnisse nicht finanzierbaren Angebot?"

Auch beim Filmeinkauf in Hollywood werde die private Konkurrenz mit viel Geld ausgestochen. "Warum braucht das ZDF am Donnerstag einen weiteren Spielfilmabend, wo doch schon Sat.1 und Vox Spielfilme zeigen?", kritisierte Ebeling.

Auch der Unterhaltungskanal ZDFneo greife die privaten Sender in ihrer Kernzielgruppe an. Der Auftrag zur Grundversorgung dürfe nicht "in ein Unterhaltungs- und Sportmonopol umgedeutet und dann mit einem offenbar unbegrenzten Gebührenbudget zementiert werden", sagte der ProSiebenSat.1-Chef. Der Gebührenetat von acht Milliarden Euro übersteige den gesamten Umsatz aller Privatsender deutlich.

Kritik auch am Kartellamt

Dem Bundeskartellamt warf Ebeling falsche Maßstäbe vor, weil es eine gemeinsame Videoplattform von RTL und ProSiebenSat.1 verbiete, während das ZDF eine Videoplattform gründe. Das ZDF überlasse Google Programminhalte und "stärkt so wieder mit Gebührengeldern einen amerikanischen Konkurrenten der europäischen Medienindustrie", beklagte Ebeling.

Nach langer Durststrecke hatte ProSiebenSat.1 im vergangenen Jahr 3,0 Milliarden Euro Umsatz und 313 Millionen Euro Gewinn erzielt. Größte Aktionäre sind die Finanzinvestoren KKR und Permira, die 88 Prozent der Stimmrechte halten. Fragen von Aktionärsschützern, ob sie einen Ausstieg planen, beantworteten sie auf der Hauptversammlung nicht.

Stoiber erklärte in einer Pressemitteilung: "Ziel meiner Medienpolitik war stets ein starkes duales System aus privatem und öffentlich-rechtlichem Rundfunk." Er soll den ProSiebenSat.1-Beirat aus Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in den nächsten Monaten aufbauen.

(apd)
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