RTL-Show so erfolgreich wie nie "Dschungelcamp" ist intellektuell vorzeigbar

Düsseldorf · Was wurde vor dem Start der siebten RTL-"Dschungelcamp"-Staffel nicht alles geunkt: Vollkommen ausgereizt sei das Format, die Kandidaten unbekannter denn je, der einzige echte Star, Helmut Berger, total abgewrackt, der Neu-Moderator Daniel Hartwich nicht annähernd in der Lage, den verstorbenen Dirk Bach zu ersetzen. Und jetzt? Nie sahen mehr Menschen zu.

Durchschnittlich waren es am Ende mehr als sieben Millionen Zuschauer pro Episode. In der Gruppe der 14- bis 49-Jährigen verfolgten an manchen Abenden fast viermal so viele Menschen das "Dschungelcamp" wie die "Tagesschau", der Marktanteil lag oft über 40 Prozent. Aus der Sicht des Senders gibt es also nur ein Fazit: Alles richtig gemacht.

Mittlerweile hat sich die Show nicht nur vollkommen gelöst vom öffentlichen Empörungsreflex. Kritik wird von den beiden Moderatoren sogar in die Sendung eingebaut, um sie als überzogen oder lächerlich zu entlarven — das Spiel ist längst ein mehrbödiges, mit Meta-Ebenen für den medial gebildeten Zuschauer.

Allerdings hat sich auch das Empörungszenario gewandelt: Wo früher massiv gegen den Sittenverfall im TV gewettert wurde, wird heute nur noch vereinzelt die Blödsinnigkeit des Formats angeprangert. Gerne wird die Formel bemüht, das "Dschungelcamp" sei als Phänomen in den Feuilletons angekommen, also intellektuell vorzeigbar. In Wahrheit hat sich die Show wohl eine Art Normalität erarbeitet, über die sich niemand mehr wirklich echauffieren mag. Was es natürlich nicht besser macht.

Bis der Dschungel wieder ruft

Allerdings führte die siebte Staffel in Sachen Ekelfaktor, Psycho-Gesülze, Intimbeichten, zotigen Witzen und intriganten Scharmützeln nicht über die vorherigen Ausgaben hinaus. Im Gegenteil. Abgesehen vom kalkulierten Berger-Aus — er wurde wegen Kreislauf-Problemen nach zwei Tagen aus dem Camp genommen — und einem moderat köchelnden Zickenkrieg ging es im Loser-Lager eher schlafmützig zu.

Gerade mal die "Bachelor"-Kandidatin Georgina sorgte mit ihren divenhaft vergeigten Prüfungen für kurzzeitige Aufregung unter den Campern. Ansonsten schluckten alle brav, was man ihnen vorsetzte — ob Reisbrei oder Schafshirn. Keiner der Kandidaten hat den Hilferuf geschrien, der der Sendung einst den Namen gab: "Ich bin ein Star — holt mich hier raus!"

Schon wird in Foren diskutiert, ob die Sendung zu brav geworden ist, zu durchschnittlich. Dabei zieht sich die Fangemeinde durch alle Gesellschafts-, Bildungs- und Einkommensschichten. Die Schnittmenge daraus entscheidet über die Nebensächlichkeit, wer Dschungelkönig wird.

"Gewonnen" hat wohl auch ein Teil der Kandidatenschar, glüht der Ruhm in Form von Scheunenpartys und C-Galas doch einige Zeit nach. Bis der Dschungel wieder ruft.

(RP/csr/csi/jre)
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