RTL-Dschungelcamp Rauswurf wegen Rassismus – RTL statuiert ein Exempel

Meinung | Düsseldorf · Janina Youssefian ist nicht mehr bei „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!“ dabei – wegen einer rassistischen Beleidigung. Ausgerechnet ein Trash-TV-Format zeigt, was Haltung bedeutet. Und macht Schluss mit einem vermeintlichen Missverständnis.

„Es war nicht so gemeint“, ist ein Satz, der immer dann folgt, wenn es längst zu spät ist. So auch im RTL-Format „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus“, besser bekannt als Dschungelcamp, das nach einem Jahr Corona-Pause derzeit aus Südafrika gesendet wird. „Geh´ doch wieder in den Busch zurück, wo du hingehörst“, ging der Beteuerung voraus, dass es ja gar nicht so gemeint gewesen sei. Gesagt hat diesen Satz Janina Youssefian (39), deutsch-iranisches Model, besser bekannt als Ex-Affäre von Dieter Bohlen auf jenem Zuschneidetisch eines Hamburger Teppichladens. Adressat der Aussage, die in einem hitzigen Wortgefecht am Buschfeuer fiel, war Mitstreiterin Linda Nobat, 25, Model, Studentin, Hanauerin – und schwarz.

„Geh‘ doch wieder in den Busch zurück, wo du hingehörst“, einem schwarzen Menschen entgegenzubringen, zeugt nicht von Wut, Streitlust oder Gernervtheit. Dieser Satz ist Rassismus in Reinform, vollkommen egal, was dem vorausging oder folgte, wer den Satz gesagt hat oder ob diese Person selbst ausländische Wurzeln hat (was gern als Gegenargument genutzt wird, das könne ja dann gar kein Rassismus sein). Janina Youssefian musste die Sendung umgehend verlassen, der Vertrag wurde laut RTL gekündigt, der Sender dulde ein derartiges Verhalten nicht.

Dass dies nicht per Pressemitteilung vorab kommuniziert wurde, sondern „live“ Teil der Sendung war, kann man als Aufmerksamkeitszweck und Quotentrick abtun – ausnahmsweise aber dient der größtmögliche Überraschungseffekt einem ehrwürdigem Zweck: Das Publikum – ob nun echte, eingefleischte Dschungelfans oder die ironisch-spöttische Twittergemeinde – soll verstehen: Grenzen wurden überschritten, und zwar nicht ohne Konsequenzen.

Dschungelcamp 2022 - Fotos von Tag 4: Jasmin und Eric lästern
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So lief Tag vier im Dschungelcamp

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Foto: RTL

 „Das geht so nicht, so was bleibt heutzutage nicht mehr ohne Folgen“, kommentiert Kandidatin Jasmin Herren noch, bevor der Sender einschreitet. Leider ist genau das sehr wohl noch allzu oft Alltag – wie auch Linda Nobat selbst schildert, nachdem die Beleidigung fällt. Ob im Zug, in der Supermarktschlange, im Fußballstadion, ob „darf ich mal die Afro-Haare anfassen?“ oder Affengeräusche von der Tribüne – Rassismus ist keine Auslegungssache, keine Ich-wollte-ja-nur-fragen-Neugier, und Rassismus lässt sich auch nicht einfach wegwischen. Dass Linda Nobat die aufrichtig wirkende Entschuldigung von Janina Youssefian nicht angenommen hat, ist ein starkes Zeichen. Dass RTL kurzen Prozess gemacht hat, ein noch stärkeres. „Wir verurteilen jegliche Form von Rassismus sowie Diskriminierung auf das Schärfste. #IBES gibt Personen, die dieser Haltung nicht entsprechen, keine Bühne“, twitterte der Sender am späten Abend.

Es ist nicht der erste vorzeitige Rauswurf. Im Jahr 2008 wurde DJ Tomekk aus dem Rennen genommen, nachdem ein Video kurz vor Beginn des Dschungelcamps auftauchte, in dem er den Hitlergruß zeigte. Auch dort handelte der Sender umgehend und disqualifizierte den Musiker.

Bleibt zu hoffen, dass die Haltung Schule macht.

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