Köln statt Australien Warum die neue RTL-Dschungelshow ein Flop ist

Meinung | Hürth · Coronabedingt sendet RTL seine Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ in diesem Jahr nicht aus der australischen Wildnis, sondern mit verändertem Konzept aus einem TV-Studio in Hürth. Das ist ein Fehler.

Das erste Team bei einer „Dschungelprüfung“ in der „Dschungelshow“: Mike Heiter, Zoe Saip und Frank Fussbroich (von links).

Das erste Team bei einer „Dschungelprüfung“ in der „Dschungelshow“: Mike Heiter, Zoe Saip und Frank Fussbroich (von links).

Foto: RTL Mediengruppe D/TVNOW / Stefan Gregorowius

Januar ist der Dschungelmonat. Zwei Wochen lang versammelt sich Deutschland dann abends vor dem Fernseher, um mit Ex-Promis und Noch-nicht-Promis mitzufiebern, die RTL für seine Show „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ in einem Camp in der australischen Wildnis ausgesetzt hat. Januar ist auch in diesem Jahr der Dschungelmonat. Doch es läuft – coronabedingt, natürlich – alles anders. Und das ist ein großer Fehler.

Das Konzept: Statt bis zu zwölf Personen auf einmal werden aktuell alle drei Tage drei der insgesamt zwölf Kandidaten in ein „Tiny House“, also ein kleines Häuschen, inmitten eines TV-Studios in Hürth einquartiert. Dort müssen sie bei Prüfungen sowie beim Plausch zwischen Bett, Kaffeemaschine und Toilette ihre Dschungeltauglichkeit unter Beweis stellen. Nach den drei Tagen werden dann zwei Kandidaten von den Zuschauern fürs Halbfinale nominiert. Sind alle Trios durch, folgen zwei Halbfinals sowie ein großes Finale. Zu gewinnen gibt es Geld, einen Hut und ein Ticket für das nächste echte Dschungelcamp im Jahr 2022. Beim Personal für „Ich bin ein Star – Die große Dschungelshow“, wie das Format nun heißt, greift RTL dabei ausschließlich auf Sternchen zurück, die einem Großteil des Publikums unbekannt sein dürften.

Dass eine große Dschungelsause angesichts der weltweiten Infektionslage nicht angesagt ist und auch ein Ersatzcamp in Wales, wie zwischendurch einmal angepeilt, keine gute Idee ist – geschenkt. Doch das Ersatz-Ersatzkonzept ist es eben auch nicht. Die Show funktioniert nicht, weil drei entscheidende Faktoren, die stets den Unterhaltungswert ausmachten, verändert worden sind: Zahl, Zeit und Kulisse.

Zum Thema Zahl: Drei Kandidaten alle drei Tage – wie soll denn da eine Gruppendynamik entstehen? Das Spannende an der Zusammensetzung des Personals im Dschungel ist doch gerade: Wer wird welche Rolle einnehmen? Wer wird die Camp-Mutti, wer der Antagonist, wer die Heldin, wer macht am meisten Drama? Es gibt so viele Rollen zu verteilen, unter drei Kandidaten ist das in dieser Form nicht möglich. Zwar geben sich die diesjährigen Teilnehmer reichlich Mühe, eine Rolle einzunehmen (in der ersten Runde etwa Mike Heiter als der große Motivator und Teamplayer). Das kommt allerdings reichlich bemüht daher.

Das kann man den Teilnehmern auch fast nicht übel nehmen, arbeiten sie doch gegen den zweiten Faktor: die Zeit. Drei Tage sind viel zu kurz für einen Kontrollverlust, ausgelöst durch die immer gleichen Gesichter und die immer gleichen zu kleinen Portionen Reis und Bohnen. Weil auch die persönliche Sendezeit überschaubar bleibt, versuchen die Kandidaten stattdessen alles, um sich ihr Ticket fürs nächste Jahr zu sichern. Da wird schon an Tag 1 über die letzte Trennung gesprochen und an Tag 2 gibt es emotionale Grußbotschaften von den Lieben daheim. Spätestens an dieser Stelle brüllt der Dschungelfan seinen Fernseher an, dass das erst in 14 Tagen dran ist, aber es nützt ja nichts. Es wird gesprochen über Therapien und unerfüllte Kinderwünsche – und das ist doch dann wirklich zu privat, weil zu früh. Anders ist das, wenn man als Zuschauer schon einige Tage mit einem Kandidaten mitgefiebert und eine (Fern-)Beziehung zu ihm aufgebaut hat. In drei Tagen, die in wenige Minuten TV-Zeit zusammengeschnitten sind, wirken derlei Bekenntnisse dagegen nur befremdlich.

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Kommen wir schließlich zur Kulisse: Kein Dschungel, „stattdessen sind wir da, wo Sie uns schon immer vermutet haben: in einem TV-Studio in Hürth“, hieß es in der Anmoderation zur ersten Show, was angesichts jahrelanger Verschwörungstheorien um den Austragungsort des Dschungelcamps schon der beste Witz der diesjährigen Ausgabe gewesen sein dürfte. Kein bisschen Wildnis im Dschungel, wo doch sonst trotz Kontrolle durch zahlreiche Ranger zumindest immer ein Hauch von Gefahr in der Luft lag und die Kandidaten es wenigstens mal mit Hitze oder Regenfällen zu tun hatten. Dieses Jahr dagegen: zwei Zentimeter Schnee im kleinen Innenhof des „Tiny House“ und sonst vor allem Langeweile – was soll man auch tun auf den wenigen Quadratmetern?

Da helfen auch die Dschungelprüfungen mit allerlei ekligem Getier nicht weiter, schließlich schauen die meisten Fans des Formats das Dschungelcamp schon lange nicht mehr wegen Kakerlaken, Tierhoden oder Riesenspinnen. Alles schon gesehen.

Also lieber gar kein Dschungel? Wäre ja dann auch kein echter Januar. Eine Idee wäre, ein Best-of der 14 bisherigen Staffeln zu zeigen. Schon jetzt ist ein (wirklich unterhaltsamer) Rückblick auf jeweils eine Staffel Teil der allabendlichen Dschungelshow. Wie schön wäre es da, das Drama um Sarah Dingens noch einmal in voller Länge zu sehen? Oder die erste große Lästerei mit Caroline Beil aus der ersten Staffel? Und im Januar 2022 geht es dann weiter. Im echten Dschungel.

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