TV-Kritik zur fünften Dschungelshow „Du bist ein abgehalfterter Schabrackentapir aus den Achtzigern“

Hürth · Zwischen Bea Fiedler und Lars Tönsfeuerborn harmoniert es mal so gar nicht. Sie nennt ihn „Ohrfeigengesicht“ oder „Larsch“, er sie „Schabrackentapir“. Nur Lydia kann noch über die Situation im Tiny House lachen – sie hat nur Augen für ihren Schwarm.

(v.l.) Bea Fiedler ist die taube Beifahrerin, Lars Tönsfeuerborn der blinde Fahrer und Lydia Kelovitz die stumme Koordinatorin.

(v.l.) Bea Fiedler ist die taube Beifahrerin, Lars Tönsfeuerborn der blinde Fahrer und Lydia Kelovitz die stumme Koordinatorin.

Foto: TVNOW/Stefan Gregorowius

Wenn es nach Lydia Kelovitz ginge, würden im Tiny House alle mit den Fingern schnipsen und fröhlich sein. „If you’re happy and you know it, snip your fingers“, singt sie in Dauerschleife und hüpft dabei auf und ab, während Bea Fiedler bitterlich weint. Damit trifft sie also nicht so ganz den Ton ihrer Dschungelshow-Kollegen, die stimmungsmäßig auf einem anderen Planeten zu leben scheinen. Vor allem, sobald sie Zeit miteinander verbringen müssen. Bea raucht zwischen 6 und 10 Uhr meistens 20 Zigaretten, deshalb sind ihre Vorräte schnell erschöpft. Sie schnorrt beim einzigen anderen Raucher: Lars Tönsfeuerborn. Doch der möchte nichts abgeben, aus Angst, damit gegen die Regeln zu verstoßen. Ohne Nikotin – nicht auszudenken. Er sieht ja, welche Folgen das bei Bea hat.

„Das ist Eigenbedarf“, stellt er klar. „Eigenbedarf, Eigenbedarf“, grummelt Bea. Sie verarbeitet ihre Wut in einem kleinen Gedicht: „Eigenbedarf, Eigenbedarf. Lars, Arsch. Eigenbedarfsarsch“ und nennt Lars einen „ohrfeigengesichtigen Menschen“. Lars kontert: „Du bist ein abgehalfterter Schabrackentapir aus den Achtzigern!“ Das lässt Bea nicht auf sich sitzen, ihr Mobbing mutet auf kindische Weise grausam kreativ an. Als Lars hinausgeht, hört man ihr Gemurmel „Geht Ohrfeigengesicht Sport machen? Ohrfeigengesicht, tschüss.“ Lydia, die offensichtlich ihre Zuneigung für einen Menschen wie ein Chamäleon seine Farben wechselt, kreischt vor Lachen. Moderator Daniel Hartwich schätzt die Lage so ein: „Der Klassenbully drückt dem Außenseiter einen Spruch nach dem anderen und der Sidekick sitzt daneben und schweigt.“

Im Dschungel wie auch in Hürth-Efferen scheinen dieselben Mechanismen wie auf dem Schulhof zu greifen. Und auch hier gibt es niemanden, der eingreift oder schlichtet. Das Moderatorenduo aus Hartwich und Sonja Zietlow ist ja auch nicht gerade als Streitschlichterteam bekannt. Obwohl ihm das tatsächlich besser zu Gesicht stehen würde als seine dauerhafte Häme. Wer auf Beas Behauptung, sie sehe aus wie 48, erwidert: „Ja, wie Dresden ’48“ (Hartwich), bei dem mögen Hopfen und Malz aber sowieso verloren sein. 

So wird aus Lars „Larsch“ und Bea attestiert ihm ein Gesicht, „wo man rechts und links reinschlagen wolle“. Sie hasse Leute, die geizig seien. RTL lässt die Beleidigungen unkommentiert und fährt jetzt mit Beas Leidensgeschichte auf: Die hat laut eigener Aussage ihr ganzes Vermögen auf Ibiza und in München verprasst. Seit zwölf Jahren ist sie auf Unterstützung angewiesen. Ein Thema, das sehr an ihr nagt und über das auch Lydia mit ihrem schrillen Kichern und dem Fingerschnipsen nicht hinweg helfen kann. Erst, als die 30-Jährige wieder mit ihren Schwärmereien für das Dschungel-Urgestein Doktor Bob anfängt, kann Bea sich auf etwas anderes konzentrieren.

Es gibt ein Fiedlerisches Flirtcoaching für Lydia. Schritt eins: Selbstreflexion: „Wie kannst du so einen alten Mann einen Traumprinzen nennen?“, fragt Bea. Das kann Lydia auch nicht so genau beantworten, sie findet ihn einfach attraktiv. Dass er verheiratet ist – kein Hindernis. Schließlich sei das nur auf dem Papier, behauptet Lydia: „Er wohnt nicht mehr mit seiner Frau zusammen.“ Bea: „Doch tut er.“ Sie ist sich sicher: „Der würde keine Sekunde mit dir aushalten.“ Das sieht Lydia ganz anders: „Wenn ich so ne Wilde bin – ich meine, er kann auch gut mit Schlangen und Wildtieren umgehen.“ Bea atmet hörbar aus: „Eh, puh“, macht sie und rät Lydia, Schritt zwei des Coachings, Doktor Bob weder zu verschrecken, noch anzuschreien. Sie müsse ihn mit ihrem Charme locken. Agiere mit deiner Schönheit, lautet ihr Tipp. Sie selbst sei auch immer die Aktive gewesen, habe selten darauf gewartet, dass jemand sie anspreche. Sie sei diejenige gewesen, die abgeschleppt habe. Überraschend emanzipiert. „Ich kann es ja mal versuchen“, sagt Lydia. Schritt drei: Nicht wegschauen, „look him right in the eyes“, meint Bea und: „Sei schlau, Baby, sei schlau.“ Und wenn Lydia noch Schritt vier beherzige und die Arme nicht verschränke, sondern offen halte, dürfte „der liebe Bob“ sie „wenigstens mal auf einen Drink einladen später“. Lydia, happy: „Ich werde genau das machen, was du gesagt hast.“ Bea, brummig: „Du musst ein bisschen auf deine Mami hören.“

Lars bleibt während des Gesprächs außen vor. Er hat sich geistig und körperlich verabschiedet, als er merkte, dass es um „Frauenthemen“ ging. Doch genügend Aggressionen gegen Bea hat er noch, die wolle er jetzt für die deutsch-bürokratische „Dschungelprüfungtauglichkeitsprüfung“ nutzen. Und das tut er. Indem er auf sein Team schimpft wie noch nie. Nur leider gewinnt es damit keinen Stern, sondern bloß eine kalte Dusche „Dschungelschlotze“, wie Zietlow es nennt. Ein Schleim, Farbe undefinierbar, kippt über den Dreien aus, als sie gerade die Sterne aus einem Seil entknoten. Zuvor waren sie mit einem Gokart umhergeirrt, Lydia hatte – ohne sprechen zu dürfen – wirre Handbewegungen nach links und rechts gemacht, Bea, die umgedreht und taub auf dem Gefährt saß, verwechselte links und rechts und navigierte Lars, der nichts sehen konnte immer genau in die falsche Richtung. „Wir haben die Prüfung jetzt schon drei Mal gemacht – und ihr seid auf Platz drei“, resümiert Hartwich.

Und als könnte es nicht noch schlimmer kommen, muss Bea a) eine eisige Dusche aushalten, weil Lars und Lydia sich länger als zwei Minuten frisch gemacht haben („Ihr seid echt Schweine!“), und b) aushalten, dass Lars sie im Ranking der Zuschauer übertrifft. Er ist auf Platz eins, sie auf Platz zwei. Eine Freundschaft wird zwischen den beiden wohl nicht mehr entstehen, auch wenn Bea Lars manchmal halbironisch Schätzchen oder Mäuschen nennt. Aber solange die beiden übereinander herziehen, hat RTL wenigstens sein Ziel erreicht: Was gerade im Tiny House passiert, hätte so oder so ähnlich auch im Dschungel passieren können.

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