„Polizeiruf: Bis Mitternacht“ Toll (, aber) ohne Ende

München · Der Polizeiruf „Bis Mitternacht“ war stark, aber ein mutigeres Ende hätte sich unser Kritiker gewünscht – und stellt gleich drei zur Auswahl. Die Nachlese zum Sonntagskrimi.

 Ein letztes Mal zeigen wir Ihnen die Neu-Morderemittlerin „Bessie“ Eyckhoff als Streifenpolizistin.

Ein letztes Mal zeigen wir Ihnen die Neu-Morderemittlerin „Bessie“ Eyckhoff als Streifenpolizistin.

Foto: dpa/Tobias Hase

Worum ging es? „Mir steht das doch auch zu! Die Liebe, die Zärtlichkeit, das Glück... und Sex.“ Nein, das ist nicht Ermittlerin Elisabeth Eyckhoff, besser bekannt als „Bessie“. Beziehungsweise: Sie ist es schon, aber sie spricht nicht für sich selbst, sondern versucht nachzufühlen, was der mutmaßliche Frauenmörder fühlt, der ihr gegenüber sitzt. Etwas näher kommt sie ihm mit dieser Art von Suggestion, aber nicht nah genug. Doch sie bleibt dran, auch wenn das bedeutet, dass sie die Lagebesprechung mit ihrem Chef und den Kollegen schwänzt. Die Uhr tickt: Maximal 24 Stunden lang darf die Kripo Jonas Borutta (stark: Thomas Schubert) festhalten – und 22 davon sind schon um. In ihrer Verzweiflung fliegen die Ermittler Josef Murnauer (Michael Roll) aus der Quasi-Pension ein.

Wie war es? Sehr gut. Regisseur Dominik Graf wird nicht zufällig mit Grimme-Preisen überschüttet. Sein Kammerspiel funktioniert, weil die Figuren gut gezeichnet und klasse besetzt sind. Eyckhoff wird erfrischend unperfekt, als sie dem sexuell tief frustrierten Jonas nicht locker-flockig ein Geständnis entlockt. Auch Staatsanwältin Sarah Ehrmann (Birge Schade) ist keine zynische Spielverderberin, sondern macht einfach ihren Job. Und macht Bessie, als die ihre Ambitionen über die Sache stellt, eine Ansage unter Frauen. Die Schwierigkeiten der Polizeiarbeit werden in diesem Film überdeutlich. Der Druck. Der Zwang, jederzeit alle Vorschriften zu befolgen. Die Unmöglichkeit, im Sinne der Professionalität die eigenen Emotionen wie selbstverständlich zu unterdrücken.

Wo war Luft nach oben? Um es gleich vorweg zu sagen: Die Geradlinigkeit dieses Krimis ist durchaus löblich. Die ganz große Überraschung zum Finale ist ja längst zum Klischee verkommen. Und trotzdem: Wie mutig wäre hier ein ganz anderes Ende gewesen? Hier kommen gleich drei zur Auswahl:

Alternatives Ende A: Jonas ist unschuldig. Die Bilder, die wir von ihm als Täter gesehen haben, gehen auf das Konto eines „unzuverlässigen Erzählers“, wie etwa in „Die üblichen Verdächtigen“ oder „Fight Club“. In einer harmloseren Variante könnte es auch jemand sein, der ihm einfach ähnlich sieht.

Alternatives Ende B: Jonas ist zwar schuldig, schafft es aber, sich bis nach Ablauf der Gewahrsamsfrist nicht zu verplappern – und darf, wie schon nach der ersten Tat drei Jahre zuvor, „einfach rausmarschieren“.

Alternatives Ende C: Jonas ist zwar unschuldig, gibt aber ein falsches Geständnis ab. Um psychiatrische Hilfe zu bekommen, oder um Eyckhoff als Teil eines fiesen Spiels auf ewig ein schlechtes Gewissen zu machen. Der tatsächliche Täter könnte jemand sein, der weniger dem Stereotyp Einzelgänger/Sonderling/„Loser“ entspricht.

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