„Tatort“-Nachlese Fips Asmussen gefällt das

Münster · Dankbares Setting, spannende Tätersuche, Thiel und Boerne in der Krise – doch die Gags sind billiger denn je. Vor allem die auf Kosten von Thiels Assistent Schrader.

 Es hätte so schön sein können: Die Ermittler mit Inès.

Es hätte so schön sein können: Die Ermittler mit Inès.

Foto: Martin Valentin Menke/WDR

Worum ging’s? „Wo ist Mike?“ heißt der „Tatort“ aus Franken, der in zwei Wochen laufen soll. Die Antwort haben Thiel und Boerne längst gefunden: Mike, pardon: Maik Koslowski ist tot, ermordet natürlich. Verdächtig sind die diversen Geschlechtspartner des selbst ernannten Sexgurus, darunter die charmante Inès (Maëlle Giovanetti), der Presseprecher der Münsteraner Polizei (August Wittgenstein) und dessen Frau (Patrycia Ziółkowska) sowie der Pfarrer Tobias Flügge (Nikolai Kinski).

Worum ging’s wirklich? „Wahrscheinlich sind wir beide zu blöd für diesen Fall“, sagt in einer rotweinseligen Verbrüderungsszene Boerne seufzend zu Thiel. Doch daran, dass dieser Film sein Potenzial nicht ausreizt, sind die Charaktere ebenso unschuldig wie deren Darsteller. Die Macher sind es, die einmal mehr dem Irrtum erliegen, dass die angestrebte anarchische Abstrusität des Münster-„Tatort“ durch das ausdauerndes Herumreiten auf den abgedroschensten aller denkbaren Klischees erreicht würde, ohne Twist, ohne ironische Brechung, ohne irgendwas.

Ein besonders schlimmes Beispiel: Assistent Mirko Schrader ist dick und doof, offenbar um ihn von seiner Vorgängerin abzuheben, die schlank war und schlau. Und damit das auch der Letzte merkt, muss Schrader diesmal erst einen Zeugen entwischen lassen, und dann ewig von seinen Karate-Künsten schwärmen, bis sich herausstellt, dass er gar kein Karate kann. Wie das eben so ist, wenn man dick und doof ist. In Schraders eigentlich rührender Szene mit Silke „Alberich“ Haller gesteht er, dass er eigentlich überhaupt nicht bei der Polizei sein dürfte. Sein Sportabzeichen hat er nämlich einst gefälscht, sein schwarzer Gürtel stammt aus dem Kostümverleih. Einen einzigen Tritt beherrscht er, aber wann immer er den auspackt, springt ihm die Kniescheibe raus. Im großen Finale packt Schrader den Tritt (unnötigerweise) trotzdem aus – und dabei springt ihm die Kniescheibe raus. Als Schlusspointe für eine Kindergeschichte ist das ein Knaller, für einen Sonntagskrimi eher nicht so.

Das kann Drehbuchautorin Elke Schuch nicht gemeint haben, als sie zu diesem Film sagte, sie folge der Empfehlung von Alfred Hitchcock: „Lass das Publikum immer so viel wie möglich leiden.“ Aber Fips Asmussen hätte es sicher gefallen.

Weshalb ist das so schade? Weil eigentlich alles angerichtet war für einen gelungenen Fall: Die Hippie-Kommune „Erlenhof“ ist ein dankbares Setting, die Episodenrollen mehr als gut besetzt und gespielt, die Kameraarbeit etwa in der Kirche prima, die Tätersuche spannend, und die Idee hervorragend, das Stammpersonal auch jenseits von Schrader in Selbstzweifel zu stürzen: Boerne steht im Zentrum einer Plagiats-Affäre, Haller hat bei einem Beweismittel geschlampt, und Thiel fürchtet, seinen Riecher verloren zu haben. Doch mit Ansage ist hier schnell von allem zu viel im Spiel, und umso weniger Gefühl für irgendetwas.

Natürlich sollen am Morgen nach einem zünftigen Besäufnis Thiel und Boerne auch mal eine Leiche Leiche sein lassen, weil sie ihnen auf den Magen schlägt – Möglichkeiten dafür, eine solche Szene auf witzige Weise einzubauen, gibt es im Fernseh-Münster weiß Gott genug. Die hier gewählte war es definitiv nicht, weil deutlich zu nahe an der Realität.

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