RTL-Show „Die Verräter“ Werwölfe als Reality-TV – aber wo bleibt der Spaß?
Düsseldorf · RTL hat ein neues Reality-Show-Format: „Die Verräter - Vertraue niemandem“. 16 Prominente müssen unter sich die Verräter finden. Dabei bedient sich das Spielprinzip bei einem bekannten Gesellschaftsspiel. Jedoch ohne die Finesse und den Spaß.
Aussprüche wie „Sie/Er spielt ein falsches Spiel“ oder „Du hast dich ziemlich verändert seit der Nacht“ kennt man sonst eigentlich vor allem aus den diversen Datingformaten, die hierzulande über die Bildfläche wabern. Nun gibt es aber vorab auf RTL+ Zuwachs für Fans des Reality-TVs mit „Die Verräter - Vertraue niemandem“.
In der Show hat RTL 16 mal mehr, mal weniger prominente Personen zusammen gesucht. Fündig wurde man dabei meist in der hauseigenen Fundkiste. So gehören zu den Protagonisten unter anderem die Sportjournalistin Ulrike von der Groeben, diverse Soap-Sternchen und die erste „Princess Charming“ Irina Schlauch.
In einem Schloss in Frankreich startet das Strategie- und Crimespiel. Direkt am Anfang werden von Moderatorin und Erzählerin Sonja Zietlow drei Verräter bestimmt, die jede Nacht einen der anderen Promis „umbringen“. Die Loyalen, so werden die Nicht-Verräter genannt, müssen herausfinden, wer von ihnen ein Verräter ist. Am Ende eines jeden Tages müssen sie gemeinsam eine Person auswählen, die sie für einen Verräter halten, und verbannen. Die Verräter versuchen derweil Zwietracht zu sehen.
Zuschauer kennen die Verräter
Als Zuschauer weiß man dabei von Anfang an, wer die drei Verräter sind. Natürlich ist es interessant zu sehen, wie die drei ihre Entscheidungen treffen, wen sie gerne aus der Villa entfernt haben wollen - es nimmt aber auch bereits am Anfang etwas die Spannung aus der ganzen Geschichte. Denn mitraten kann man so nicht.
Was allerdings möglich ist, ist zuzusehen, wie sich vor allem zwei der drei Verräter zumindest in den bisher zwei gezeigten Episoden etwas unglücklich anstellen, wenn man es denn vorsichtig formulieren möchte. Besonders einer der Verräter sticht immer wieder heraus, indem er zu offensiv agiert. Es ist einfach zu auffällig, wenn eine Person in eine Gruppe geht und da immer wieder den Namen einer Person fallen lässt in der Hoffnung, daraus eine Gruppendynamik zu entwickeln. Das mag in der ersten Folge noch funktioniert haben, in Folge zwei stellt sich aber schnell heraus, dass der Verräter sich für cleverer gehalten hat, als er eigentlich ist und schon enttarnt wird.
Faszinierend ist allerdings, wie schnell sich doch Gruppendynamiken entwickeln. Schnell wird sich auf Personen eingeschossen - und werden Ideen verbreitet. So meint Werbeikone Friedrich Liechtenstein bei der Verräterwahl einen Luftzug bei einem der anderen Teilnehmer gespürt zu haben und die erste „Princess Charming“ Irina Schlauch weist auf den hochroten Kopf von Ex-Handballer Pascal Hens hin. Ex-Bond-Bösewicht Claude-Oliver Rudolph fasst das Spiel indes recht treffend zusammen: „Das ist wie aus einer Glaskugel oder Kaffeesatz lesen.“ Das geht so weit, dass am Ende ein Bauernopfer gefunden und verbannt wird. Oder wie es einer der Loyalen so schön formuliert: „Die Herde hat sich das schwächste Tier in der Gruppe genommen - und gerissen.“
RTL setzt auf gespielte Ernsthaftigkeit
RTL dürfte zudem direkt in Folge eins wahrscheinlich kurz das Herz in die Hose gerutscht sein, weil einer der Loyalen sofort alle drei Verräter richtig benennen konnte. Zum Glück für den Sender und die Show schenkte dem sonst keiner der anderen Protagonisten Gehör, sonst wäre es mit den Lügereien und der Spannung schnell vorbei gewesen.
Apropos Spannung: Ja, die Show versucht durch ihre schnellen Schnitte und die gewaltige Szenerie des Schlosses eine gewisse Spannung und Dramatik zu erzeugen. Allerdings wirkt es an vielen Stellen einfach ein bisschen „drüber“, etwa wenn die Verräter zu Mitternacht in übergroßen dunkelroten Roben über die Flure schleichen, um sich für den „Mord“ im Turm zu treffen. Begleitet zum Teil durch bedeutungsschwangere Musik. Hier wird sogar zwischendurch auf den Soundtrack der Horror-Filmreihe „Saw“ zurückgegriffen.
Hinzukommt, dass ein bisschen der Spaß am Spiel an sich fehlt. Vielmehr gewinnt man den Eindruck, dass es hier wirklich um Leben und Tod geht und wirklich Menschen „ermordet“ werden. Da wünscht man sich manchmal doch ein wenig weniger Ernsthaftigkeit - und das bei einer RTL-Reality-Show.
Bekanntes Spielprinzip
Dem ein oder anderen könnte zudem das Spielprinzip bekannt vorkommen. Nicht nur, weil das Showformat aus den Niederlanden mittlerweile in den verschiedenen TV-Märkten Fuß gefasst hat. Wer gerne in großer Runde Gesellschaftsspiele spielt, hat vielleicht schon mal das Spiel „Die Werwölfe von Düsterwald“ ausprobiert - oder aber auch „Mafia“, was zwar älter als die Werwölfe aber nicht ganz so populär ist. Auch in dem Spiel geht es um Lug und Betrug. Dabei müssen sich Dorfbewohner gegen Werwölfe behaupten. Jede Nacht stirbt einer der Dorfbewohner durch die Werwölfe. Die verbliebenen Bewohner müssen also herausbekommen, wer eigentlich ein Werwolf ist. Auch dort muss gemeinsam beraten und entschieden werden. Man könnte also meinen, dass den Reality-Show-Erfindern mittlerweile ein bisschen die Ideen ausgehen. Schließlich bedienen sie sich jetzt schon an Gesellschaftsspielen.
Die Show möchte außerdem als Strategiespiel überzeugen, mit raffinierten Täuschungen - momentan lebt sie aber vor allem von den permanenten gegenseitigen Anschuldigungen und Fingerzeigen. Es fehlt noch ein bisschen die Raffinesse dahinter. Zumal wäre es an dieser Stelle vielleicht auch nicht schlecht gewesen, sich noch weiter an „Werwölfe“ zu orientieren und manchen Loyalen bestimmte Fähigkeiten zu geben, die noch mal für den extra Kick sorgen. So gibt es in dem Spiel die „Seherin“, die sich die „Rolle“ eines der Mitspieler ansehen kann oder die „Hexe“, die unter anderem einmal pro Spiel das Opfer heilen kann, sodass es im Spiel bleibt. Zwar gibt es in der zweiten Folge die Option ein „Schutzschild“ zu erspielen, dennoch scheint das auch eher willkürlich in die Sendung eingebaut. Denn dieses Schild schützt „nur“ vor dem Mord, aber nicht vor der Verbannung. Zudem gibt es nun für die Verräter die Chance, nach der Verbannung eines der ihren, einen neuen „anzuwerben“. Wie genau das aussieht, steht aber auch noch in den Sternen. Durch dauerhafte bestehende „Fähigkeiten“ hätte die Sendung noch eine neue Ebene bekommen und hätte in manchen Szenen weniger die Anmutung eines Hexenprozesses.
Vielleicht macht es da also doch mehr Spaß, sich mit Freunden zu einer Runde „Werwolf“ zu treffen und lieber selbst zu spielen, als diese Sendung zu gucken.