DDR-Drama "Böseckendorf" bei Sat1 Die Nacht, in der ein Dorf verschwand

München (RPO). Die Menschen im kleinen thüringischen Dorf Böseckendorf erfahren 1961 vom geheimen Plan der SED-Bezirksleitung, alle Bewohner bereits in wenigen Tagen "umzusiedeln". Sie beschließen eine Massenflucht. Doch kann ein ganzes Dorf unbemerkt von der DDR-Staatsgewalt fliehen? Sat1 zeigt am Dienstag das TV-Event "Böseckendorf - Die Nacht, in der ein Dorf verschwand". Der Streifen schildert eine wahre Ost-West-Geschichte von 1961.

Bilder zum TV-Event "Böseckendorf" bei Sat1
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Mit Spielfilmen, Dokumentationen und Shows widmen sich in diesem Jahr nahezu alle Sender dem Thema "20 Jahre Mauerfall". Sat1 fügt ihnen nun am Dienstag (22. September, 20.15 Uhr) noch einen weiteren Film hinzu - mit Anna Loos, Thure Riefenstein, Andreas Pietschmann und Rebecca Immanuel in den Hauptrollen.

Ein Dorf, das es - so ein Kommentar aus dem Off zu Beginn des Films - "bislang verstanden hat, sich jeder Doktrin erfolgreich zu widersetzen": Seine Bewohner wollen weder an den Feierlichkeiten zu "12 Jahren DDR" am 7. Oktober 1961 teilnehmen noch an den geplanten Kollektivierungsmaßnahmen - und die FDJ-Hemden hängen die Bauern lieber den Vogelscheuchen auf ihren Feldern um, als sie ihren Kindern anzuziehen. Als renitent gelten sie bei der SED-Bezirksleitung in Erfurt, zumal sich offenbar auch noch einer von ihnen - der ominöse "Schleuser" - als Fluchthelfer betätigt.

Um diese latente Bedrohung aus dem Weg zu räumen, wird nach dem Mauerbau, als die Sicherungsmaßnahmen der Grenzanlagen auch um Böseckendorf herum noch einmal verschärft werden, beschlossen: Ein Teil der Bewohner soll zwangsumgesiedelt werden. Die Dörfler erfahren aber von dem Plan und bereiten unter der Ägide ihres Bürgermeisters Manni Lantz (Thure Riefenstein) und dessen Frau Tonia (Anna Loos), die sich dem TV-Publikum schnell als "Schleuser" zu erkennen gibt, ihre Flucht vor.

Dass die Ausrichtung des Films, wie Produzent Michael Souvignier ("Das Wunder von Lengede", "Contergan") sagt, nicht von Beginn an eindeutig war, ist dem Endprodukt ein wenig anzumerken. Souvignier beschreibt es als "sehr dramatischen Eventfilm", der "mit leichter Hand erzählt ist" und ihn "fast an britische Komödien" erinnere.

Tatsächlich soll bereits der Einstieg, in dem die Böseckendorfer durch den Off-Kommentar mit den Bewohnern des kleinen, gallischen Dorfes aus den "Asterix"-Geschichten verglichen werden, diese gewisse Leichtigkeit vermitteln. J

örg Rausch hat sich beim Schreiben der Filmmusik ganz offensichtlich bemüht, dem "Sat1 TV Event" mehr als nur einen Anstrich großer, internationaler Produktionen zu geben: Bedrohliches Gepolter, wenn die SED-Funktionäre um Jutta Marx (Rebecca Immanuel) die Szenerie betreten, herzzerreißendes Violinenspiel, wenn es um Gefühle geht, um Abschiede oder Liebesszenen des ungleichen Paares Manni und Tonia.

Allerdings gelingt es den Filmemachern um Regisseur Oliver Dommenget dank einiger unerwarteter Wendungen gegen Ende , Spannung zu erzeugen - auch wenn der Ausgang des Films klar sein sollte. Dass in dieser Phase die zuvor eher durch ihre Gefühlskälte aufgefallene Genossin Marx die Gelegenheit bekommt, etwas Menschlichkeit zu zeigen, wirkt hingegen eher unglaubwürdig.

Was mit den 14 Böseckendorfer Familien nach ihrer Flucht geschah und wie sich die Situation in dem Dorf entwickelte, schildert im Anschluss an den Film die Dokumentation von Falko Korth und Thomas Riedel "Grenzfall Böseckendorf - Flucht in letzter Sekunde" (22.15 Uhr). Darin kommen unter anderem einige Flüchtlinge von damals sowie ein ehemaliger Grenzsoldat zu Wort.

(DDP/csi)
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