München Die Gespenster des Holocaust

München · Der ARD-Film "Let's go!" erzählt von einer Kindheit im Schatten schrecklicher Erinnerungen.

Filme über Juden in Deutschland drehen sich meistens um die Zeit des Nationalsozialismus. Menschen werden terrorisiert, gedemütigt und grausam ermordet. Der Münchner Regisseur Michael Verhoeven geht es neu an. In seinem Film "Let's go!" schildert er das Leben einer jüdischen Familie in München nach 1945. Der Krieg ist vorbei, die Menschen sind wieder frei, doch die Eltern sind immer noch gefangen in ihren Erinnerungen an die Schrecken des Holocaust.

Die 21-jährige Laura (Alice Dwyer), die in den USA lebt, reist nach dem Unfalltod des Vaters Majer Stöger (Maxim Mehmet) nach München. Ihre Schwester Frieda liegt seit dem Unfall im Koma, die Mutter Hela (Naomi Krauss/Katharina Nesytowa) klammert sich an jüdische Trauerriten und weigert sich, das Haus zu verlassen. Am schlimmsten ist, dass Hela trotz der Trauer jede Zärtlichkeit ablehnt. Für Laura nichts Neues, hatte ihre Mutter die Kinder doch schon immer auf Distanz gehalten.

Laura will endlich das Verhalten verstehen, das immer wieder Schatten über ihre fröhliche Kindheit warf. Sie zwingt ihre Mutter, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Doch erst als ihre Tante anreist und von ihrer gemeinsamen Flucht aus einem Todeslager der Nazis erzählt, ahnt Laura, warum ihre Mutter seitdem in einer Schockstarre lebt, aus der sie sich nicht lösen kann.

Gedreht wurde in der Wohnsiedlung Borstei (München). Nach 1945 waren viele jüdische Familien in der modernen und parkähnlich gestalteten Siedlung untergekommen. Der Film zeigt präzise und ohne Pathos die schwierige Balance, die die Familie halten will, um nicht aufzufallen.

Vor allem soll niemand wissen, dass sie jüdisch sind. "Von Zuhause wird nichts erzählt", schärft Majer Stöger Laura am ersten Schultag ein. Sein Misstrauen gegen die Deutschen, sein Hass und seine Angst sind übermächtig. Mit gutem Grund: "Von meiner ganzen Mischpoke ist mir keiner mehr geblieben - alle tot", sagt er. Der Vater ist ein herzlicher Mann, aber immer ruhelos, so wie sein Lebensmotto "Let's go!", mit dem er seine Familie ständig antreibt. Nie aufgeben, immer weiter, "Let's go".

"Let's go!", ARD 20.15 Uhr

(dpa)
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