Köln Die fünf Favoriten für die WDR-Intendanz

Köln · Noch bis Samstag nimmt der Rundfunkrat Bewerbungen für Monika Piels Stelle entgegen. Der Kandidaten-Check.

Unter den Bewerbern wird NDR-Intendant Lutz Marmor als aussichtsreichster Kandidat gehandelt. Doch gilt es als unwahrscheinlich, dass er den 320 000-Euro-Job annehmen und dafür den ARD-Vorsitz niederlegen wird. So stehen die Chancen der Favoriten:

Eva-Maria Michel ist im Dezember gerade erst als Justiziarin des WDR wiedergewählt worden und soll sich große Hoffnungen auf die Nachfolge machen. Verständlich: Die Schwäbin kam 1997 zum WDR und ist dort seit 2008 stellvertretende Intendantin. Faktisch führt sie derzeit den WDR. Sie wäre die Wahl nach dem Motto "keine Experimente".

Lutz Marmor war der Vorgänger von Eva-Maria Michel als Vize-Chef des WDR, bis er 2008 zum Intendanten des NDR gewählt wurde. Seine (unstrittige) Wiederwahl in Hamburg steht kurz bevor. Er wäre ein natürlicher Kandidat für Köln und ist bestens mit dem WDR vertraut. Es sollen ganze Heerscharen nach Hamburg gepilgert sein, um ihm den Job anzudienen. Allein: Er wird es wohl nicht machen. Dass ein öffentlich-rechtlicher "Überzeugungstäter" wie Marmor den ARD-Vorsitz für eine persönliche Karriere-Option hinwirft, ist (fast) nicht vorstellbar.

Claudia Nothelle ist Programmdirektorin beim RBB und wäre eine "journalistische" Alternative zu Kandidaten wie Michel und Marmor. Dass ihr Lehrer ihr in der neunten Klasse bescheinigte, ihr fehlten die Ellenbogen, hielt sie nicht von diesem Job ab. Nach dem 11. September 2001 berichtete sie aus Pakistan und Afghanistan, 2003 wechselte sie ins ARD-Hauptstadtstudio. Nothelle bekennt sich dazu, dass sie "ganz subjektive Schwierigkeiten" mit dem Satz des legendären Tagesthemen-Manns Hajo Friedrichs hat, ein Journalist solle sich mit einer Sache nicht gemein machen, auch nicht mit einer guten. Nothelle ist Mitglied der Gesellschaft Katholischer Publizisten Deutschlands. Das ist – so verrückt es im "heiligen Köln" klingen mag – nicht zwingend förderlich, wenn man WDR-Chefin werden will.

Jörg Schönenborn ist WDR-Chefredakteur und ebenfalls ein "natürlicher" Kandidat für die Piel-Nachfolge. Am Dienstag gab die ARD bekannt, er werde bei der Bundestagswahl am 22. September "jeweils die neuesten Hochrechnungen und Daten aus der Wahltags-Befragung" zeigen. Sollte er das Rennen machen, hat er dafür keine Zeit. Oder aber die ARD glaubt nicht an einen WDR-Intendanten Schönenborn.

Bettina Reitz ist Fernsehdirektorin des Bayerischen Rundfunks. 2011 wurde die vormalige Fernsehspiel-Chefin des BR Chefin der ARD-Tochter Degeto, die für die Schnulzen am Freitag verantwortlich ist. Reitz sollte die desolate Firma zu mehr Geschmackssicherheit führen. Nach ihrem Amtsantritt musste sie feststellen, dass ihr Vorgänger Filme für zwei Jahre im Voraus in Auftrag gegeben (die ARD sendet das Material immer noch) und ihr ein Finanzloch von 24 Millionen Euro hinterlassen hatte, das die ARD zähneknirschend ausglich. Daraufhin kehrte sie zum BR zurück.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort