CDU-Politikerin Kinnert bei „Lanz“ „Das ist eine offene Sabotage“

Düsseldorf · Große Egos, Selbstdemontage und der Altersdurchschnitt der CDU: Die aus Wuppertal stammende Diana Kinnert (CDU) soll bei „Markus Lanz“ unter anderem über die neuesten Äußerungen von Söder und Laschet sprechen.

 Diana Kinnert (CDU) im Talk bei „Markus Lanz“ am 6.10.2021.

Diana Kinnert (CDU) im Talk bei „Markus Lanz“ am 6.10.2021.

Foto: ZDF

Am Mittwochabend ging es bei „Markus Lanz“ um die zukünftige deutsche Regierungspolitik. Wir haben uns beim Zuschauen auf die in Wuppertal aufgewachsene CDU-Politikerin Diana Kinnert konzentriert.

 Die Gäste:

  • Diana Kinnert (CDU), Politikerin
  • Johannes Vogel (FDP), stellvertretender Bundesvorsitzender
  • Markus Feldenkirchen, Journalist
  • Harald Welzer, Soziologe

Der Talkverlauf:

Zu Beginn der Sendung würde Moderator Markus Lanz gern ein Geheimnis enthüllen. Er befragt den stellvertretenden FDP-Vorsitzenden Johannes Vogel nach den Absprachen seiner Partei mit den Grünen im Detail – etwa, ob die Pressekonferenzen und deren Zeitpunkte abgestimmt gewesen seien, wo zuerst von den Grünen verkündet wurde: Es gebe nun zuerst Sondierungsgespräche mit der SPD. Doch Vogel pocht darauf, dass diese Inhalte vertraulich seien. Daraufhin wendet sich Lanz an Diana Kinnert mit dem Hinweis, sie sei ja „von der CDU und kann deswegen offen über geheime Dinge sprechen“. Allerdings will Lanz nur wissen, ob Kinnert die Ankündigung der Ampel-Gespräche überrascht habe. Kinnert gibt sich unerschüttert.

„Jamaika bleibt eine Option“, erklärt Vogel und betont, lediglich die Reihenfolge sei nun festgelegt. Ihm stimmt auch der Journalist Markus Feldenkirchen zu. Das größte Interesse gelte Gesprächen mit der SPD, damit seien Gespräche mit der Union aber nicht vom Tisch. Lanz sucht auf anderem Wege eine dramatische Zuspitzung. Der Soziologe Harald Welzer soll die Versprecher in den Reden der Grünen deuten. Das findet jener aber ebenso unerheblich wie Spekulationen über mögliche Strategien. „Mich interessiert, wann kommt es zu einer Vereinigung und mit welchen Ergebnissen“, sagt Welzer.

Schließlich steuert Feldenkirchen kritische Töne bei. Die CSU-Führung und führende Köpfe um Armin Laschet täten alles, um der FDP die Möglichkeit zu nehmen, weiter über eine Jamaika-Koalition zu reden. „Das ist wirklich ein Trauerspiel, eine Selbstdemontage“, sagt der Journalist.

Die CDU-Politikerin Kinnert sieht das ähnlich. Zudem findet sie diese Entwicklung nicht neu. Kinnert erinnert daran, wie Annegret Kramp-Karrenbauer mit einem Grundsatzprogramm eine Erneuerungsphase für die Partei einzuläuten versuchte. „Und dann haben wir sehr viele Figuren in der CDU, die sich nicht als gemeinsame Führung verstehen, sondern sich gegenseitig Beinchen stellen“, sagt Kinnert. Das ist beileibe nicht das Ende ihrer Kritik an der eigenen Partei.

„Wenn man am Tag nach der Wahl so tut, als hätte man damit nichts zu tun gehabt und Armin Laschet sei der alleinige Schuldige, das erschließt sich mir nicht“, sagt die CDU-Politikerin. Sie verweist darauf, dass etwa Norbert Röttgen Mitglied im CDU-Präsidium sei und Friedrich Merz Teil von Laschets Zukunftsteam, sie also eingebunden gewesen seien. Ihr fehle eine verantwortliche Aufarbeitung der Lagerbildung in der Union.

Eine Führungskraft nach der anderen zu beschädigen, dünne die Partei aus, konstatiert Kinnert. Dabei müsse zudem nicht unbedingt übrigbleiben, wer am fähigsten sei. Das aktuelle Agieren finde sie nicht nur für die Partei, sondern auch für das Land schädlich. Ihre Begründung: „Wenn die Ampel nicht funktioniert, müsste die Union geschlossen bereitstehen.“

Der Journalist Feldenkirchen hat einen ähnlichen Blick auf die Machtkämpfe innerhalb der Union. „Dort gibt es gewaltige Egos, nicht unbedingt Sympathieträger, aber gewaltige Egos“, sagt er. Damit bringt Lanz das Gespräch wieder auf CSU-Chef Markus Söder. Dessen Äußerungen über Ampel-Gespräche interpretiert der Moderator als Absage, auch wenn nicht die ganze Runde diese Sicht teilt. Kinnert hat dies aber als destruktiv empfunden. „Das ist eine offene Sabotage“, sagt die CDU-Politikerin. Laschet dagegen habe Respekt gegenüber der Entscheidung der Grünen und der FDP signalisiert, und damit zolle er auch dem Wählervotum Respekt.

Schließlich kommt das Gespräch inspiriert vom Buch des Soziologen Welzer auf den Klimanotstand. Nun soll Kinnert erklären, warum auch die Jugendorganisation ihrer Partei zunächst nicht wusste, was Fridays For Future ist. Sie führt es auf die Altersstruktur und eine damit einhergehende Kultur zurück. Der große Vorteil von Teilhabe sei: Wenn alle Milieus und Altersgruppen vertreten seien, kämen in einem Parteiprogramm auch deren Themen vor. „Das fehlt der CDU vom Altersdurchschnitt her“, sagt Kinnert.

 90 Prozent der CDU-Basis seien vor oder während der Kohl-Zeiten eingetreten. Die Folge: eine „Verstetigung der Leitkulturdebatten oder auch Folklore im christdemokratischen Modus“ – und eine Entfremdung von dem, was in der Mitte der Gesellschaft passiere. Die FDP dagegen habe stattdessen beispielsweise eine andere Sensibilität für das Thema „mentale Gesundheit“ entwickelt. Auch die vielen Jahre in der Regierung sieht Kinnert als Faktor. „Alle Parteien, die nicht in der Groko waren, profitieren von der Lust auf Veränderung, vom Sound von Zukunft“, sagt sie und findet ein konkretes Beispiel für Selbstkritik. „Wir haben sehr viel darüber gesprochen, dass wir Technologie-offen sein wollen. Dass es Abschreibungsprogramme geben könnte für innovative Elemente, kam aber von der FDP.“

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