Verleihung in Köln Das sind die Gewinner des Deutschen Fernsehpreises

Köln · Bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises zeichnet sich ein Trend ab, der öffentlich-rechtliche und private TV-Sender beunruhigen könnte: In bedeutenden Sparten gehen die Preise an Streamingdienste. Bei der Gala wurde es auch politisch.

Deutscher Fernsehpreis 2023: Das sind die Gewinner - Übersicht
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Das sind die Gewinner des deutschen Fernsehpreises 2023

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Foto: dpa/Henning Kaiser

Streamingdienste haben dieses Jahr beim Deutschen Fernsehpreis in wichtigen Kategorien gewonnen. So holte sich die Netflix-Serie „Kleo“ über eine DDR-Auftragskillerin gleich zwei Auszeichnungen, einmal als „beste Drama-Serie“ und mit Hauptdarstellerin Jella Haase auch den Preis für die „beste Schauspielerin“. „Bester Schauspieler“ wurde Philip Froissant, der in der Netflix-Serie „Die Kaiserin“ über Elisabeth von Österreich den Kaiser verkörpert, also Sisis Mann. „King of Stonks“, ebenfalls Netflix, überzeugte die Jury in der Kategorie „Beste Comedy-Serie“. „Beste Doku-Serie“ wurde Joko Winterscheidts „The World's Most Dangerous Show“ (Amazon Prime Video).

Der Deutsche Fernsehpreis wurde am Donnerstagabend in Köln verliehen. Zur Statistik hieß es von den Verleihern: „sieben Auszeichnungen an das ZDF, sechs an Netflix, fünf an RTL Deutschland und jeweils vier an die ARD sowie an ProSiebenSat.1“. Zwei Preise entfielen zudem auf Prime-Video-Produktionen und jeweils einer auf Sky und auf Joyn.

Ein politisches Statement gab es von Philip Froissant. Er sprach Aktivisten der Gruppe Letzte Generation seine Unterstützung dafür aus, dass sie am 17. September alle Säulen des Brandenburger Tors mit oranger Farbe besprüht hatten. Im Rückblick werde man sich nicht darüber aufregen, sondern über das Versagen beim Klimaschutz. Auch Joko Winterscheidt hielt ein Plädoyer für mehr Klimaschutz - er gewann mit „The World's Most Dangerous Show“ (Amazon Prime Video) in der Kategorie „Beste Doku-Serie“.

Die klassischen Fernsehsender dominierten im Informationsbereich

Der Journalist Arndt Ginzel wurde für seine Berichterstattung zum Ukraine-Krieg im ZDF geehrt (Beste Einzelleistung Information). Eine weitere Trophäe ging an die ARD und die „Tagesthemen“-Ausgabe aus Kiew sechs Monate nach Kriegsbeginn (Beste Information). Als „bestes Infotainment-Format“ wurde „Sterben für Anfänger“ von RTL prämiert: In der Doku-Reihe beschäftigten sich Steffen Hallaschka und Dragqueen Olivia Jones mit dem Tod.

Deutscher Fernsehpreis 2023: Die Gäste auf dem roten Teppich
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Impressionen vom Roten Teppich — diese Gäste waren beim Deutschen Fernsehpreis 2023 dabei

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Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

„Beste Sportsendung“ wurde die WM-Berichterstattung des ZDF, weil diese auch politische Aspekte des Turniers in Katar nicht ausgespart habe. „Beste Dokumentation/Reportage“ war für die Jury die Pro-Sieben-Produktion „Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban“ von Thilo Mischke.

„Bester Fernsehfilm“ wurde „Die Bürgermeisterin“ (ZDF) mit Anna Schudt als ehrenamtlicher Lokalpolitikerin, die sich für Flüchtlinge engagiert. Die Musiker und Moderatoren Bill und Tom Kaulitz gewannen in der Kategorie „beste Unterhaltungsshow“. Die Mitglieder der Band Tokio Hotel setzten sich mit ihrer Sendung „That's my Jam mit Bill und Tom Kaulitz“ (RTL+) gegen „Wer stiehlt mir die Show?“ (ProSieben) und „Die Giovanni Zarella Show“ (ZDF) durch.

Die RTL-Reality-Show „Ich bin ein Star - Holt mich hier raus“ gewann ebenfalls den Deutschen Fernsehpreis. Das Dschungelcamp setzte sich in der Kategorie „Beste Unterhaltung Reality“ durch. Das schon fast 20 Jahre alte Format, bei dem Prominente zwei Wochen im Dschungel leben, war in den vergangenen Jahren bereits mehrfach für den Preis nominiert worden.

Die Gala fand im Stadtteil Ossendorf statt, der vor allem für eine Abfallverwertungsanlage, ein Möbelhaus und ein Hochsicherheitsgefängnis bekannt ist.

Komiker Luke Mockridge nutzte die Gelegenheit für ein Comeback in der Medienöffentlichkeit: „Es ist immer schön, die Branche zu sehen und nach zwei Jahren Pause in die Arme dieser sehr nächstenliebenden Medienblase zurückzukommen.“ Der 34-Jährige kam an der Seite seines Kollegen Oliver Pocher (45), der nach der Trennung von seiner Frau Amira erstmals wieder als Single zu einer Preisgala erschien.

Der Fernsehpreis wurde vor 25 Jahren erfunden und dann 1999 erstmals verliehen. Der bekannteste Moment war wohl 2008, als der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (1920-2013) die ihm zugedachte Trophäe mit den Worten ablehnte: „Ich nehme diesen Preis nicht an! Ich habe nicht gewusst, was hier auf mich wartet.“

Die 30 Preise des Deutschen Fernsehpreises 2023 im Überblick

Berücksichtigt wurden Formate, die zwischen dem 1. Juli 2022 und dem 30. Juni 2023 veröffentlicht wurden:

Fiktion

  • Bester Fernsehfilm: „Die Bürgermeisterin“ (ZDF/Network Movie)
  • Bester Mehrteiler: „Der Schwarm“ (ZDF/Intaglio Films/ndF IP)
  • Beste Drama-Serie: „Kleo“ (Netflix/Zeitsprung Pictures)
  • Beste Comedy-Serie: „King of Stonks“ (Netflix/btf)
  • Beste Schauspielerin Jella Haase für „Kleo“ (Netflix)
  • Bester Schauspieler: Philip Froissant für „Die Kaiserin“ (Netflix/Sommerhaus Serien)
  • Beste Regie Fiktion Nina Vukovic für „Der Schatten“ (ZDFneo/Keshet Tresor Fiction)
  • Bestes Buch Fiktion: Natalie Scharf für „Gestern waren wir noch Kinder“ (ZDF/Seven Dogs Filmproduktion)
  • Beste Kamera Fiktion: Tim Kuhn für „Luden – Könige der Reeperbahn“ (Prime Video/NEUESUPER)
  • Bester Schnitt/Montage Fiktion: Rainer Nigrelli, Florian Böttger, Christoph Otto für „King of Stonks“ (Netflix/btf)
  • Beste Musik Fiktion: Christoph Schauer, Max Filges für „Höllgrund“ (ARD/SWR/Studio Zentral)
  • Beste Ausstattung Fiktion: Gabriela Reumer (Kostüm), Matthias Müsse (Szenenbild) für „Die Kaiserin“ (Netflix)

Unterhaltung

  • Beste Unterhaltung Show: „That's my Jam mit Bill und Tom Kaulitz“ (RTL+/SEO Entertainment)
  • Beste Comedy/Late Night: „TV Total“ (ProSieben/Raab TV/Brainpool)
  • Bestes Factual Entertainment: „Zum Schwarzwälder Hirsch – eine außergewöhnliche Küchencrew und Tim Mälzer“ (Vox/Vitamedia Film)
  • Beste Unterhaltung Reality: „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ (RTL/ITV Studios Germany)
  • Beste Einzelleistung/Moderation Unterhaltung: Barbara Schöneberger für „Eurovision Song Contest 2023 – Unser Lied für Liverpool“ (ARD/NDR/Bildergarten Entertainment)
  • Beste Regie Unterhaltung: Mark Achterberg für „Die Giovanni Zarrella Show“ (ZDF/Bavaria Entertainment) und „Let’s Dance“ (RTL/Seapoint/BBC Studios)
  • Bestes Buch Unterhaltung: Jakob Lundt für „Wer stiehlt mir die Show?“ (ProSieben/Florida Entertainment)
  • Beste Ausstattung Unterhaltung: Angel Garcia (Kostüme Tänzer:innen) für „The Masked Singer“ (ProSieben/Endemol Shine)

Information

  • Beste Information „Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine – tagesthemen live aus Kiew“ im August 2022 (ARD)
  • Bestes Infotainment: „Sterben für Anfänger“ (RTL+/I&U TV Produktion)
  • Beste Dokumentation/Reportage: „Verlassen und vergessen? Afghanistan im Griff der Taliban“ (ProSieben/PQPP2)
  • Beste Doku-Serie: „Joko Winterscheidt Presents: The World’s Most Dangerous Show“ (Prime Video/Florida Entertainment/K2H/27 KM Entertainment)
  • Beste persönliche Leistung Information: Arndt Ginzel für die Berichterstattung zum Ukraine-Krieg (ZDF)
  • Beste Kamera Information/Dokumentation: Nicolai Mehring für „Erfundene Wahrheit – Die Relotius-Affäre“ (Sky/Kinescope Film/Sky Studios)
  • Bester Schnitt/Montage Information/Dokumentation: André Nier, Sarah-Christin Peter für „Reeperbahn Spezialeinheit FD65“ (ARD/NDR/SWR/WDR/rbb/gebrueder beetz/OneGate Media)

Sport

  • Beste Sportsendung: „Fifa Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022“ (ZDF)

Förderpreis für Bruno Alexander, Emil Belton, Oskar Belton, Leonard Fuchs und Max Mattis für ihre Serie „Intimate.“ (Joyn/Kleine Brüder/Pyjama Pictures)

Ehrenpreis der Stifter: Michael „Bully“ Herbig

(jh/dpa)
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