Filmproduzent Leopold Hoesch Der Mann, der Merkel, Nowitzki und Klitschko inszenierte

Köln · Seine Filme über die Klitschkos und Dirk Nowitzki haben Produzent Leopold Hoesch große Erfolge gebracht. Rund 250 Dokus hat seine Kölner Firma Broadview TV schon abgeliefert. Mit „Die Steinkohle“ ist er für den Fernsehpreis nominiert. Mal wieder.

 Filmproduzent Leopold Hoesch vor den Plakaten von drei Erfolgsfilmen seiner Kölner Firma.

Filmproduzent Leopold Hoesch vor den Plakaten von drei Erfolgsfilmen seiner Kölner Firma.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Der Emmy steht fast unscheinbar in Hoeschs Kölner Büroregal, Besucher müssen schon genau hinschauen, um ihn zwischen Büchern und DVDs zu entdecken. Bloß nicht protzen. Preise sind zwar schön, gut fürs Selbstwertgefühl und eine Bestätigung der Arbeit. „Aber es geht immer um den nächsten Film“, sagt er, „und da fängt man wieder bei Null an.“ In Hoeschs jungenhaftem Lächeln schwingen sowohl ein Quentchen Resignation als auch Kampfgeist mit. Denn um Filme zu produzieren, das wird schnell klar, braucht es Langmut, Optimismus und die Fähigkeit, Rückschläge wegzustecken. „Wenn ich gewusst hätte, wie schwer das ist, hätte ich mir einen anderen Beruf gesucht“, sagt Hoesch. Was nicht heißt, dass es die falsche Wahl war.

Fast aber wäre Hoesch ganz woanders gelandet – bei der Schauspielerei. An der Uni Köln übernahm er 1988 die Hauptrolle in „Dantons Tod“, merkte aber bald, dass die Produktion noch verbesserungswürdiger war als sein Spiel. Damals habe er entdeckt, dass seine wahre Begabung im Organisatorischen liege, darin, anderen die Steine aus dem Weg zu räumen. Hoesch vergleicht sich gerne mit einem Krankenhausdirektor, der seinem Chirurgen alle Dinge heranschafft, die dieser für eine Operation benötigt. „Und sie werden ja auch lieber von einem Chirurgen als einem Krankenhausdirektor operiert“, sagt er. Profis ein professionelles Umfeld schaffen, nennt Hoesch das. Das ist das eine. Das andere ist klassisches Unternehmertum. Billig herstellen, teuer verkaufen. Das sei das Ziel.

Ohne gute Stoffe funktioniert das nicht. Hoesch hat zunächst als angestellter Produzent Erfahrungen gesammelt, unter anderem die 26-teilige Sitcom „Ein ehrenwertes Haus“ realisiert sowie die Dokus „Die Macht der Päpste“ und „Hitlers Helfer“, bevor er 1999 seine eigene Firma gründete. Und mit einer Idee, Internet und Fernsehen zusammenzuführen, fast baden gegangen wäre. Aus heutiger Sicht sei das Scheitern programmiert gewesen, sagt Hoesch. Mit ihrer Idee, einer Art deutschem Youtube, bevor es Youtube gab, seien sie einfach zu früh dran gewesen. „Und wir hätten das auch nicht hinbekommen.“ Stattdessen verlegte sich Hoesch mit Broadview TV auf Dokumentarfilme. Rund 250 sind bis heute entstanden, darunter drei Staffeln „Unser Land“ für den WDR sowie 72 Folgen „Theaterlandschaften“ für 3sat und etliche Werke über europäische Adelshäuser. Aber auch Kinofilme wie „Klitschko“ und „Nowitzki. Der perfekte Wurf“ oder der mit dem Emmy ausgezeichnete Film „Das Drama von Dresden“.

Die Themen findet Hoesch vor allem in der Zeitung. Bedingung: Sie müssen im Alltag der Menschen eine wesentliche Rolle spielen. „Mit unseren Filmen geben wir ein Relevanzversprechen ab“, sagt er. Aber es gebe kein Thema, das so schlecht sei, dass man nicht einen guten Film daraus machen könne. Neben dem Stoff entscheidend seien eine stimmige Dramaturgie, starke Protagonisten und, wenn möglich, eine Liebesgeschichte. Der Süße wegen. Denn Hoesch befolgt, wie er betont, Billy Wilders zehn wichtigste Regeln des Filmemachens, die da lauten, von eins bis zehn: Du sollst nicht langweilen. Dennoch können Produktionen, selbst Herzensprojekte, schon mal klemmen. Für „Frauen in Flusslandschaften“ zum Beispiel, ein Film über die Frauen der Bonner Republik, findet sich partout kein Abnehmer, erzählt Hoesch. Es sei zum Verzweifeln. Alles stimme bei diesem Film. Was nicht mitspielt, ist der Markt.

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Foto: dpa/-

Hoeschs Lieblingsthema: der Fernsehmarkt in Deutschland, vor allem für Dokumentarfilmer. Rund 50 Prozent seiner Filme sind Auftragsproduktionen der Sender, zumeist der Öffentlich-Rechtlichen. 30 Prozent der Filme werden koproduziert, der Rest entfällt auf Eigenproduktionen. Die Sender dominieren also das Geschäft, und sie beanspruchen in der Regel das Urheberrecht für sich. Aus Hoeschs Sicht ein Unding, weil er so keine Honorare für Wiederholungen bekommt und viele Filme im In- und Ausland nicht vermarktet werden können. Mit Koproduktionen bricht er dieses Prozedere zunehmend auf, der Dreiteiler „Stalingrad“ konnte in mehr als 80 Länder verkauft werden. Hoesch versucht, bei möglichst vielen Filmen die Rechte zu behalten. „Auch die Öffentlich-Rechtlichen werden dadurch besser, weil sie auf einmal im Wettbewerb zu anderen potentiellen Kunden stehen“, sagt er.

Selbst die besten Dokumentarfilme erreichen allerdings kein Millionenpublikum. „Auf der Jagd – Wem gehört die Natur?“, eine Broadview-Produktion, war mit 40.000 Zuschauern 2018 zusammen mit dem Papst-Film von Wim Wenders die erfolgreichste Doku im Kino. „Gefühlt 90 Prozent der Dokumentarfilme bleiben im Kino unter 1000 Zuschauern“, sagt Hoesch. Und im Fernsehen kommt es sehr auf den Sendeplatz an. Erfolg ist schwer messbar. Internationale Auswertung, Preise, Kritiken, alles fließt in die Bewertung ein.

Aber Hoesch blickt ohnehin lieber nach vorne. Die nächsten Projekte sind immer die besten. Etwa „Resistance Fighters“, ein Film über die weltweite Antibiotika-Krise (am 19. März bei Arte) oder „Toni Kroos“ über den Real-Madrid-Star und Fußball-Weltmeister, der am 30. Juni 2019 ins Kino kommt. Drei Jahre habe sein Team Kroos auf Schritt und Tritt begleitet. Ein Wahnsinn, sagt der Produzent. Fußball ist seine große Leidenschaft. Und das Geld? Hoesch lacht. „Das wird kommen.“

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