Berlin Der Himmel muss warten

Berlin · In der Tragikomödie "Coconut Hero" geht es um die Irrwege eines lebensmüden Teenagers.

Manchmal kann eine gute Nachricht auch ziemlich schlecht sein; zum Beispiel, wenn man sich das Leben nehmen wollte und das gleißend helle Licht, das man kurz drauf erblickt, nicht etwa der Himmel ist, sondern die Deckenbeleuchtung im Krankenhaus. Vor diesem Hintergrund ist die anschließende schlechte Nachricht richtig gut: Mike (Alex Ozerov), der lebensmüde junge Held des Jugenddramas "Coconut Hero", hat die Folgen seines fehlgeschlagenen Selbstmordversuchs zwar gut überstanden, aber bei der Untersuchung des Schädels ist ein walnussgroßer Tumor entdeckt worden. Die notwendige Operation lehnt der Junge im Angesicht des unausweichlichen Todes gutgelaunt ab.

Damit ist die morbid-makabre Geschichte von "Coconut Hero" im Wesentlichen erzählt, selbst wenn die geschilderten Ereignisse im Grunde nur den Prolog bilden. Trotzdem sind die restlichen 80 Minuten keineswegs langweilig. Es folgen verschiedene locker miteinander verwobene Ereignisse, die abwechselnd skurril und tragikomisch sind; bis sich Mike, vom Jugendamt zu einer Therapie gezwungen, in die Tanztherapeutin Miranda (Bea Santos) verliebt. Die junge Frau und das überraschende Auftauchen seines deutschstämmigen Vaters (Sebastian Schipper) sorgen dafür, dass die vermeintlich letzten Tage von Mikes Dasein womöglich erfüllter sind als die Jahre zuvor. Der Vater hatte die Familie ein Jahr nach Mikes Geburt verlassen und steht nun plötzlich vor der Tür, weil Mike eine Todesanzeige in eigener Sache aufgegeben hatte.

Begebenheiten dieser Art sorgen für eine angenehme Stimmung melancholischer Heiterkeit; und dann schockiert das Drehbuch mit einem Schicksalsschlag, der die gute Laune, die die subtile Tragikomödie bis dahin verbreitete, unbarmherzig zunichte macht. Zur Versöhnung gibt es ein zu Herzen gehendes Schlussbild, in dem der Himmel buchstäblich hallo sagt.

Natürlich ist es immer wieder reizvoll, wenn Europäer nordamerikanische Geschichten erzählen, zumal dieser Perspektivwechsel hin und wieder sogar zu Meisterwerken führt, aber dieses Drehbuch hätte gut und gern auch in deutschen Einöden verfilmt werden können. Schade wäre es nur um die Kanadierin Bea Santos gewesen, die in "Coconut Hero" ihre erste von garantiert ganz vielen Hauptrollen spielt.

"Coconut Hero", Arte, 20.15 Uhr

(RP)
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